Entscheidungsstichwort (Thema)

Verfahrensmangel, Beschwerde, Erinnerung, Kostenrechnung, Rechtsmittel, Verfahrensfehler, Kostenschuldner, Kostenansatz, Beweisaufnahme, Hinweisbeschluss, Nichtabhilfeentscheidung, Gerichtskosten, Verfahrenskosten, Schriftsatz, Kosten des Rechtsstreits, Nichterhebung von Kosten, organisatorische Einheit

 

Verfahrensgang

LG München I (Beschluss vom 09.07.2021; Aktenzeichen 24 O 3837/12)

 

Tenor

1. Der Beschluss des Landgerichts München I vom 09.07.2021 wird aufgehoben.

2. Die Sache wird zur Entscheidung über die Kostenerinnerung der Beklagten an das Landgericht München I zurückverwiesen.

 

Gründe

I. Durch Endurteil vom 28.10.2020 gab die 24. Zivilkammer des Landgerichts München I der Klage unter dem Az. 24 O 3837/12 in der Besetzung mit drei Berufsrichtern teilweise statt.

Im Rahmen des Berufungsverfahrens stellte das Oberlandesgericht München mit Beschluss vom 26.04.2021 (Az. 28 U 6399/20) das Zustandekommen eines Vergleichs gemäß § 278 Abs. 6 ZPO zwischen den Parteien fest. Danach tragen die Parteien die Kosten des Rechtsstreits und des Vergleichs zu je 50%. Vorangegangen war ein umfangreicher Hinweisbeschluss mit Vergleichsvorschlag des 28. Senats des Oberlandesgerichts München vom 01.03.2021.

Mit Schlusskostenrechnung vom 09.04.2021 (Kostenrechnung XIX), zuletzt bestätigt mit Schlusskostenrechnung vom 20.06.2021 (Kostenrechnung XXI), setzte der Kostenbeamte des Landgerichts München I die Gerichtskosten der I. Instanz mit insgesamt 139.489,88 EUR fest. Darin enthalten ist eine Sachverständigenvergütung gemäß Nr. 9005 KV GKG in Höhe von 65.194,46 EUR betreffend eine Rechnung vom 17.06.2020 der im Verfahren durch das Landgericht förmlich bestellten Sachverständigen Dipl.-Ing. A. Z. von der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung. Diese Rechnung beinhaltet Kosten für den sachverständigen Beirat J. J. von der EPC C. GmbH in Höhe von insgesamt 50.694,00 EUR (brutto).

Gegen die Berücksichtigung der Kosten des sachverständigen Beirats J. wandte sich die Beklagtenpartei mit Schriftsatz vom 06.05.2021 mit dem Antrag, diese nicht zu erheben bzw. niederzuschlagen. Auch nach den Ausführungen des Oberlandesgerichts München im Hinweisbeschluss vom 01.03.2021 sei dessen Hinzuziehung als Gehilfe der gerichtlich bestellten Sachverständigen Z. gemessen an den Anforderungen des § 407a Abs. 3 ZPO fehlerhaft gewesen. Die Sachverständige Z. habe wiederholt erklärt, dass sie die Verantwortung für die Erkenntnisse des Beirats nicht übernehmen könne; ein Beweisbeschluss, in dem Herr J. J. als Gerichtssachverständiger bestellt worden sei, fehle. Zudem sei die Beweisaufnahme zur Schadenshöhe wegen der vorab zu klärenden Frage der Kausalität noch gar nicht zulässig gewesen. Sowohl als Beirat als auch als Hauptgutachter sei Herr J. erkennbar ungeeignet, worauf die Beklagtenpartei bereits mehrfach hingewiesen habe. Vor dem Hintergrund dieser schwerwiegenden Verfahrensfehler infolge unrichtiger Sachbehandlung seien die durch den Beirat J. entstandenen Kosten gemäß § 21 GKG niederzuschlagen.

Durch Beschluss vom 09.07.2021 wies die 24. Zivilkammer des Landgerichts München I in der Besetzung mit drei Berufsrichtern den Antrag der Beklagten ab: Eine unrichtige Sachbehandlung des Gerichts im Sinne des § 21 GKG sei nicht erfolgt. Die Beauftragung des Beirats Jens J. sei angemessen und erforderlich gewesen. Das OLG München habe im Übrigen offen gelassen, ob das Gutachten verwertbar sei. Der Beirat J. verfüge auch über die entsprechende Sachkunde. Die Bestellung als Gerichtssachverständiger hätte zu keiner Kostenersparnis geführt.

Mit Schriftsatz vom 22.07.2021, eingegangen beim Landgericht München I am selben Tag, legte die Beklagte gegen den Beschluss vom 09.07.2021 Beschwerde ein.

Durch Beschluss vom 13.08.2021 half die 24. Zivilkammer des Landgerichts München I in der Besetzung mit drei Berufsrichtern der Beschwerde nicht ab und legte die Akten zur Entscheidung dem Oberlandesgericht München vor.

II. Die zulässige Beschwerde der Beklagten führt zur Aufhebung des Kammerbeschlusses vom 09.07.2021 sowie zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht München I zur Entscheidung über die Kostenerinnerung der Beklagten.

1. Das Rechtsmittel der Beschwerde ist statthaft.

Bei dem Kammerbeschluss vom 09.07.2021 handelt es sich um eine Entscheidung des Erstgerichts gemäß § 21 Abs. 2 Satz 1 GKG über die Frage der Nichterhebung der (Sachverständigen) Kosten wegen unrichtiger Sachbehandlung. Gegen eine solche Entscheidung des Erstgerichts findet gemäß § 66 Abs. 2 GKG die - einfache - Beschwerde statt (Toussaint, Kostengesetze, 51. Auflage, § 21 GKG, Rn. 48; Binz/Dörndorfer/Zimmermann, GKG, 4. Aufl., § 21 Rn. 13; BeckOK-Dörndorfer, 34. Edition, Stand: 01.07.2021, zu § 21 Rn. 9).

2. Der angefochtene Beschluss leidet an einem wesentlichen Verfahrensmangel, da die Entscheidung nicht durch den zuständigen gesetzlichen Richter im Sinne des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG ergangen ist.

a) Das Landgericht München I hat in unzulässiger Weise als ...

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