Entscheidungsstichwort (Thema)

Mutwillig erhobene Abänderungsklage, Herabsetzung des Wohnkostenanteils im Selbstbehalt

 

Leitsatz (amtlich)

1. Es ist mutwillig und steht der Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe entgegen, wenn der Schuldner von tituliertem Kindesunterhalt ein gerichtliches Herabsetzungsbegehren stellen will, ohne zuvor ggü. dem gesetzlichen Vertreter des Kindes mit dem Ziel einer außergerichtlichen Einigung eine verminderte Leistungsfähigkeit geltend zu machen.

2. Der Wohnkostenanteil im Selbstbehalt von derzeit 360 EUR kann entsprechend herabgesetzt werden, wenn die Kosten für Unterkunft und Heizung des Schuldners ganz oder überwiegend durch Sozialleistungen (hier: nach dem SGB II) getragen werden. Dass grundsätzlich die Einteilung des für den Eigenbedarf benötigten Einkommens im Belieben des Schuldners steht, weshalb ihm der Vorteil von durch freiwillige Komforteinbußen erkauften niedrigen Wohnkosten nicht durch eine Kürzung des Selbstbehalts genommen werden darf (vgl. z.B. BGH im Urt. v. 23.8.2006 - XII ZR 26/04, NJW 2006, 3561), hindert nicht an dieser - eine andere Fallgestaltung betreffenden - Beurteilung.

 

Normenkette

ZPO §§ 114, 127 Abs. 2 S. 2; FamFG § 113 Abs. 1, § 238 f., § 239; SGB 2 § 22

 

Verfahrensgang

AG München (Beschluss vom 10.08.2010; Aktenzeichen 554 F 8909/10)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des AG München vom 10.8.2010 wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Mit einem bei Gericht am 28.7.2010 eingegangenen Antrag unter dem Datum des 27.7.2010 beantragte der Antragsteller die Gewährung von Verfahrenskostenhilfe für einen Antrag auf Unterhaltsabänderung.

Der beabsichtigte Hauptsacheantrag war darauf gerichtet, die Urkunde des Landratsamts M. über die Anerkennung der Vaterschaft und über die Verpflichtung zum Unterhalt vom 30.11.2009 - Urkunden Reg. - Nr .../2009 dahingehend abzuändern, dass der Antragsteller mit Wirkung ab 1.2.2010 nur noch verpflichtet sei, einen monatlichen Kindesunterhalt von 60 EUR an den Antragsgegner zu zahlen. Zugleich beantragte er die Zwangsvollstreckung aus der betreffenden Urkunde einstweilen einzustellen, soweit für die Zeit ab 1.2.2010 höherer Unterhalt als monatlich 60 EUR vollstreckt werde.

Der Antragsteller trug im Wesentlichen vor, dass er zwischen Januar und Mai 2010 nur noch Bruttoeinnahmen aus Erwerbstätigkeit i.H.v. insgesamt 3.201,43 EUR erzielt habe. Außerdem beziehe er ergänzende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II von monatlich 159,52 EUR sowie weitere 154,31 EUR zur Bestreitung der Kosten von Unterkunft und Heizung. Er sei deshalb nicht leistungsfähig für die bisher urkundlich titulierte Unterhaltsverpflichtung i.H.v. 105 % des Mindestunterhalts, zumal er noch barunterhaltspflichtig gegenüber zwei weiteren minderjährigen Kindern sei. Im Rahmen einer Mangelfallberechnung sei er allenfalls in der Lage, dem Antragsgegner 60 EUR zu zahlen.

Das AG hat mit Beschluss vom 10.8.2010 die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe mangels Erfolgsaussicht des Hauptsacheantrags abgelehnt, da der Antragsteller angesichts eines fiktiven Ganztagseinkommens von 1.400 EUR netto zzgl. fiktiven 400 EUR aus einem Nebenjob auch angesichts der zwei weiteren minderjährigen Kinder leistungsfähig sei.

Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit seiner unter dem Datum des 23.8.2010 eingegangenen sofortigen Beschwerde. Dem Antragsteller könne nicht ein fiktives Ganztageseinkommen von 1.400 EUR netto unterstellt werden, da er tatsächlich berufstätig sei und hieraus lediglich rund 1.140 EUR netto verdiene. Er sei als Wachmann beschäftigt und die Löhne für Wachleute seien nicht besonders gut, sondern durch allgemein gültigen Tarifvertrag festgelegt. Zudem leiste der Antragsteller Wechselschichten, so dass ihm eine zusätzliche Nebentätigkeit nicht möglich sei.

Das den Antragsgegner als Beistand vertretende Kreisjugendamt, welches vor dem Beschluss vom 10.8.2010 nicht gehört worden war, wies mit Schreiben vom 30.8.2010 auf seine Stellung als gesetzlicher Vertreter des Antragsgegners hin. Weiterhin machte es geltend: Der Antragsteller habe sich bisher nicht bemüht, die Überprüfung seiner Unterhaltspflicht beim Kreisjugendamt zu erreichen. Sein Antrag sei daher als mutwillig abzulehnen. Der Antragsteller habe bisher dem Beistand in keiner Weise die Unterhaltsverpflichtung gegenüber weiteren Personen nachgewiesen. Nach den vorliegendem Einkommensnachweisen habe dieser bisher ein monatliches Einkommen von 2.000 EUR bezogen. Aus welchen Gründen sein jetziges Einkommen so gering sei, könne nicht nachvollzogen werden.

Der Bezirksrevisor II bei dem AG München hat mit Schreiben vom 10.9.2010 mehrere Lücken in der VKH-Erklärung des Antragstellers vom 8.8.2010 bemängelt. So seien aktuelle Kontoauszüge über sämtliche Konten vorzulegen. Die Wohnkosten seien durch Vorlage der Kontoauszüge über die Mietzahlungen der letzten drei Monate zu belegen. Für die angegebenen sonstigen Zahlungsverpflichtungen fehle die Vorlage der Darlehensverträge so...

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