Leitsatz (amtlich)

1. In Wohnungseigentumssachen müssen nicht alle Richter, die an der Entscheidung mitgewirkt haben, auch an der mündlichen Verhandlung teilgenommen haben.

2. An die Bezeichnung des Gegenstandes der Beschlussfassung bei der Einberufung einer Wohnungseigentümerversammlung dürfen keine übertriebenen Anforderungen gestellt werden.

3. Der Verwalter kann durch Eigentümerbeschluss beauftragt werden, eine auf dem Gemeinschaftseigentum von einem Wohnungseigentümer errichtete, die übrigen Wohnungseigentümer beeinträchtigende bauliche Veränderung zu entfernen.

 

Normenkette

ZPO § 309; WEG § 14 Nr. 1, § 21 Abs. 3, § 22 Abs. 1, § 23 Abs. 2; BGB § 1004

 

Verfahrensgang

LG München I (Beschluss vom 04.04.2005; Aktenzeichen 1 T 21116/04)

AG München (Aktenzeichen 482 UR II 653/04)

 

Tenor

I. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des LG München I vom 4.4.2005 wird zurückgewiesen.

II. Die Antragstellerin trägt die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 7.500 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Antragstellerin und die Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage, die von der weiteren Beteiligten verwaltet wird. Der Antragstellerin gehört die Erdgeschosswohnung Nr. 2 mit einer vorgelagerten Terrasse, an der ihr ein Sondernutzungsrecht zusteht. An die Terrasse schließt eine Böschung an, die in den Garten führt. Böschung und Garten gehören zum Gemeinschaftseigentum.

Durch Eigentümerbeschluss vom 14.5.1998 gestatteten die Wohnungseigentümer der Antragstellerin, "auf eigene Kosten eine kleine Treppe mit Türchen gem. der vorlegten Zeichnung" von der Terrasse hinunter in den Garten anzulegen. Welche Zeichnung dieser Beschlussfassung zugrunde lag, ist zwischen den Beteiligten streitig.

Im Jahr 2002 ersetzte die Antragstellerin die nach der Beschlussfassung vom 14.5.1998 errichtete Treppe. Zwischen den Beteiligten herrscht Streit darüber, ob die neue Treppe den Vorgaben des Eigentümerbeschlusses vom 1998 entspricht oder ob eine bauliche Erweiterung, verbunden mit einer optischen Beeinträchtigung gegeben ist.

In der Eigentümerversammlung vom 11.5.2004 fassten die Wohnungseigentümer unter Tagesordnungspunkt (TOP) 4 mehrheitlich folgenden Beschluss:

"a) Die Verwaltung wird beauftragt, das eigenmächtig von Frau K. (Antragstellerin) errichtete Treppenwerk auf dem Gemeinschaftsgrund an der Terrasse des Wohnungseigentums Nr. 2 neben der Garage bestehend aus Granit- und sonstigen Steinen nebst Befestigungsmaterialien, Fundament und Lampe, Pflanzentrögen und Pflanzen entfernen zu lassen.

b) Die Kosten der Entfernung trägt Frau K.

c) Nach Durchführung vorstehender Maßnahmen wird Frau K. gestattet, auf eigene Kosten eine kleine Treppe mit Türchen gem. der beigefügten Zeichnung von der Terrasse der Wohnung Nr. 2 in den Garten anzulegen: bestehend aus fünf Stufen 30 cm Tiefe und 60 cm Breite aus Holz, die am Fuße der Böschung endet.

d) Sollte Frau K. diesen Beschluss nicht anfechten, beteiligt sich die Wohnungseigentümergemeinschaft an den Kosten für den Rückbau mit 50 %, jedoch maximal mit 2.500 EUR."

Dieser TOP war in der Einladung zur Eigentümerversammlung mit "Treppenveränderung vor der Wohnung von Frau K." angekündigt worden.

Die Antragstellerin hat beantragt, den Eigentümerbeschluss zu a) bis c) für ungültig zu erklären. Das AG hat dem Antrag am 7.10.2004 stattgegeben. Hiergegen haben die Antragsgegner sofortige Beschwerde eingelegt. Im Lauf des Beschwerdeverfahrens hat die Antragsstellerin ihr Begehren dahingehend eingeschränkt, dass der Beschluss zu TOP 4c) nicht mehr angefochten wird. Das LG hat durch Beschl. v. 4.4.2005 den Anfechtungsantrag unter Aufhebung der erstinstanzlichen Entscheidung abgewiesen. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin.

II. Die zulässige sofortige weitere Beschwerde ist unbegründet.

1. Das LG hat ausgeführt:

Der Eigentümerbeschluss vom 11.5.2004 sei formell ordnungsgemäß zustande gekommen; insb. liege kein Einberufungsmangel vor. Der Beschluss entspreche, soweit er angefochten sei, auch inhaltlich den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung. Er sei nicht deswegen für ungültig zu erklären, weil er den Verwalter zur Ausübung verbotener Eigenmacht beauftrage. Die einzelnen Wohnungseigentümer seien Mitbesitzer der auf dem Gemeinschaftseigentum errichteten Treppe, weswegen Besitzschutzansprüche hier nicht in Betracht kämen. Schutzwürdige Belange der Antragstellerin, die sich aus dem Beschl. v. 14.5.1998 ergäben, würden durch den angefochtenen Beschluss nicht verletzt. Die bauliche Umgestaltung der Treppe stelle eine Veränderung dar, die die übrigen Eigentümer über das in § 14 Nr. 1 WEG bestimmte Maß hinaus beeinträchtige und deshalb nach § 22 Abs. 1 WEG der Zustimmung aller Miteigentümer bedurft hätte. Da diese nicht vorliege, entspreche das Verlangen auf komplette Beseitigung, nicht nur auf Rückbau, ordnungsmäßiger Verwaltung. A...

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