Leitsatz (amtlich)

1. Zum Umfang einer Vollmacht, die im Zusammenhang mit einem Grundstücksgeschäft einer "Stadt" erteilt wird (hier: Befugnis zur Unterbevollmächtigung städtischer Bediensteter).

2. Zum Umfang einer Vollmacht, die einem städtischen Bediensteten zur Vertretung bei Erwerb, Veräußerung und Tausch von Grundstücken in Vollzug von Beschlüssen des Stadtrats erteilt ist (hier: fehlende Befugnis auch zur Untervertretung des Geschäftspartners der Stadt).

3. Vom Verbot der Doppelvertretung ist eine Ausnahme nicht schon deshalb zu machen, weil der Vertreter für eine der beiden Seiten ohne Vertretungsmacht handelt und diese deshalb ohne deren Genehmigung nicht binden kann (Anschluss an BayObLG vom 13.2.1986 - 2 Z 52/85, Rpfleger 1988, 61).

 

Normenkette

BGB §§ 133, 167, 181; GBO § 18 Abs. 1, § 20

 

Verfahrensgang

AG Ingolstadt (Aktenzeichen Blatt 1547-17)

 

Tenor

I. Die Beschwerde der Beteiligten zu 1 bis 3 gegen die Zwischenverfügung des AG Ingolstadt - Grundbuchamt - vom 14.5.2013 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass

die Genehmigung der Auflassung mit Messungsanerkennung zu Urkunde Nr. xxx vom 4.3.2013 des Notars xxx anstelle der Eheleute xxx auch durch die Stadt xxx als Hauptbevollmächtigter der Verkäufer erklärt werden kann

und das Eintragungshindernis bis spätestens 15.10.2013 (einschließlich) zu beseitigen ist, sofern nicht das Grundbuchamt Ingolstadt auf Antrag die Frist verlängert.

II. Der Beschwerdewert wird auf 3.000 EUR festgesetzt.

III. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I. Mit Vertrag vom 2.10.2008 verkauften die Beteiligten zu 1 und 2 - in Gütergemeinschaft lebende Eheleute - der Beteiligten zu 3, einer bayerischen Großstadt, eine aus einem landwirtschaftlichen Grundstück noch wegzumessende Teilfläche von circa 413 m2. Abschnitt L. III. enthält folgende Vollmacht für die Beteiligte zu 3:

Der Verkäufer bevollmächtigt hiermit die Stadt I. unter Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB, auf Grund des Fortführungsnachweises die Vermessung rechtsverbindlich anzuerkennen, die durch Änderungen des vorläufigen Flächenmaßes bedingten Änderungen des Vertrages zu vereinbaren, die Auflassung zu erklären und entgegenzunehmen, Grundbesitz grundbuchmäßig zu bezeichnen und alle sonstigen, durch Vertrag oder Fortführungsnachweis bedingten Eintragungsbewilligungen und -anträge zu stellen. ...

Die Nachtragsurkunde vom 4.3.2013 enthält die Messungsanerkennung sowie die Auflassung. Diese wurde erklärt durch einen bevollmächtigten Bediensteten der Beteiligten zu 3 für diese und auf Grund der zur Vorurkunde erteilten Vollmacht für die Beteiligten zu 1 und 2.

Auf den Vollzugsantrag hat das Grundbuchamt mit fristsetzender Zwischenverfügung vom 14.5.2013 beanstandet, dass zwar hinsichtlich der Verkäufer eine Befreiung vom Verbot des Selbstkontrahierens (§ 181 BGB) vorliege, nicht aber von Seiten des Käufers. Eine Ausnahme vom Verbot, nämlich dass es sich nur noch um die Erfüllung einer Verbindlichkeit handle, liege nicht vor, sei jedenfalls gegenüber dem Grundbuchamt nicht nachgewiesen. Ferner erlaube die Bevollmächtigung der Beteiligten zu 3 durch die Verkäufer in der Urkunde vom 2.10.2008 nicht die Erteilung von Untervollmacht. Das Grundbuchamt hat deshalb aufgegeben, die Auflassung in der Messungsanerkennung vom 4.3.2013 durch beide Vertragsparteien in der Form des § 29 GBO genehmigen zu lassen.

Hiergegen richtet sich das Rechtsmittel der Beteiligten. Eine ausdrückliche Bevollmächtigung zur Erteilung einer Untervollmacht sei entbehrlich, die erteilte Vollmacht könne vielmehr dahingehend ausgelegt werden. Der Beteiligten zu 3 sei durch die Vollmacht die Mehrfachvertretung zugleich für den anderen Vertragsteil gestattet; eine eigenständige Befreiung des Unterbevollmächtigten vom Verbot der Insichvertretung nicht notwendig.

Das Grundbuchamt hat nicht abgeholfen und zusätzlich (u.a.) noch darauf hingewiesen, dass die dem handelnden Bediensteten der Beteiligten zu 3 erteilte Vollmacht auch nicht die Befugnis umfasse, Dritte, nämlich die Verkäufer, zu vertreten.

II. Das ersichtlich namens sämtlicher Urkundsbeteiligten (§ 15 Abs. 2 GBO; dazu Demharter, GBO, 28. Aufl., § 15 Rz. 20) eingelegte Rechtsmittel gegen die Zwischenverfügung (§ 18 Abs. 1 GBO) ist als unbeschränkte Grundbuchbeschwerde nach § 71 Abs. 1, § 73 GBO zulässig. In der Sache hat sie im Wesentlichen keinen Erfolg. Das Grundbuchamt verlangt für die begehrten Eintragungen zu Recht noch die Genehmigung der Messungsanerkennung, die die Beteiligte zu 3 sowohl in eigenem Namen wie namens der Beteiligten zu 1 und 2 erklären kann, wenn sie ihrem Vertreter von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit. Einer Nachgenehmigung der Urkunde vom 4.3.2013 durch die Beteiligten zu 1 und 2 bedarf es dann nicht.

1. Die Vollmacht der Beteiligten zu 1 und 2 in der Urkunde vom 2.10.2008 nach § 167 BGB umfasst auch die Erteilung von Untervollmacht durch die Beteiligte zu 3.

a) Erwogen werden könnte, ob die Vollmacht, welche die öffentlich-rechtliche Körperschaft als solche bezeic...

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