Leitsatz (amtlich)

Ein für den Fall der Nichtausübung eines Vorkaufrechts eingeräumtes bedingtes Vorkaufsrecht für den ersten Verkaufsfall entsteht nicht, wenn der erste Verkaufsfall zwischen Eigentümer und Berechtigtem des bestehenden Vorkaufsrechts zustande kommt. Zum Nachweis der Unrichtigkeit des Grundbuchs und zur Löschung des bedingten Vorkaufsrecht genügt der Kaufvertrag.

 

Normenkette

BGB §§ 158, 1094, 1097; GBO § 22 Abs. 1

 

Verfahrensgang

AG Weilheim (Aktenzeichen WM 15581-10)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 1 wird die Zwischenverfügung des AG Weilheim - Grundbuchamt - vom 6.4.2011 aufgehoben.

 

Gründe

I. Die Beteiligte zu 2 war als Eigentümerin von Grundbesitz im Grundbuch eingetragen. In der Zweiten Abteilung (lfde. Nr. 3) war ein Vorkaufsrecht für den "ersten echten Verkaufsfall" zugunsten des Beteiligten zu 1, ihres Bruders, eingetragen. Dieses wurde am 16.12.2010 auf Bewilligung des Beteiligten zu 1 gelöscht. Ein bedingtes Vorkaufsrecht gleichen Inhalts ist noch eingetragen für die Beteiligten zu 3 und 4, weitere Geschwister der Beteiligten zu 1 und 2, als Gesamtberechtigte (lfde. Nr. 4). Es ist aufschiebend bedingt durch die Nichtausübung des Vorkaufsrechts durch den Beteiligten zu 1.

Mit notariellem Vertrag vom 9.12.2010 veräußerte die Beteiligte zu 2 den Grundbesitz an den Beteiligten zu 1, der zwischenzeitlich als Eigentümer eingetragen worden ist.

Unter dem 23.3.2011 beantragte der Notar für die Beteiligten zu 1 und 2 die Löschung des noch eingetragenen bedingten Vorkaufsrechts, da das Grundbuch mit Endvollzug der Urkunde vom 9.12.2010 insoweit unrichtig geworden sei (§ 22 Abs. 1 GBO). Dessen Ausübung sei an zwei Voraussetzungen geknüpft, nämlich dass das Grundstück verkauft wird und der vorrangig Vorkaufsberechtigte das ihm vorrangig eingeräumte Vorkaufsrecht nicht ausgeübt hat. Letzterer habe das Grundstück direkt käuflich erworben, so dass die aufschiebende Bedingung der Nichtausübung des vorrangigen Vorkaufsrechts nicht mehr eintreten könne.

Mit Zwischenverfügung vom 6.4.2011 hat das Grundbuchamt Frist gesetzt zur Vorlage der Bewilligung durch die eingetragenen Berechtigten.

Hiergegen richtet sich die zuletzt noch von dem Beteiligten zu 1 verfolgte Beschwerde. Das Grundbuchamt hat dieser nicht abgeholfen.

Der Senat hat den Berechtigten des noch eingetragenen Vorkaufsrechts Gelegenheit zur Äußerung gegeben. Die Beteiligte zu 3 hat hiervon Gebrauch gemacht und schriftlich mitgeteilt, dass aus ihrer Sicht das Vorkaufsrecht erloschen und deswegen zu löschen sei.

II. Die zulässige (§ 71 Abs. 1, § 73 i.V.m. § 15 Abs. 2 GBO) Beschwerde des Beteiligten zu 1 als jetzigen Grundstückseigentümers hat in der Sache Erfolg.

Die beanstandete Zwischenverfügung ist aufzuheben, da es der Bewilligung nach § 19 GBO für die Löschung des bedingten Vorkaufsrechts durch die eingetragenen Berechtigten in diesem Fall nicht bedarf. Die Unrichtigkeit des Grundbuchs ist nämlich durch den zwischenzeitlich vollzogenen Kaufvertrag vom 9.12.2010 nachgewiesen (§ 22 Abs. 1 GBO).

1. Klarzustellen ist zunächst, dass Berechtigte des noch eingetragenen Rechts zwar zwei Personen sind, es sich indessen aber um ein (einziges) Recht handelt, was diesen ausweislich der Bestellungsurkunde vom 5.12.2003 in der Rechtsform des § 472 BGB gemeinschaftlich zusteht. Dieses dingliche (§§ 1094, 1097 BGB) Vorkaufsrecht ist dadurch bedingt (§ 158 BGB), dass der Beteiligte zu 1 sein eigenes, ihm vorrangig zustehendes Vorkaufsrecht nicht ausübt. Die Bedingung ist nicht eingetreten und kann auch nicht mehr eintreten, weil das Vorkaufsrecht des Beteiligten zu 1 nicht mehr besteht. Demzufolge ist auch das Vorkaufsrecht der Beteiligten zu 3 und 4 erloschen und im Grundbuch aufgrund des erbrachten Unrichtigkeitsnachweises (vgl. § 22 Abs. 1 GBO) zu löschen.

a) Das Vorkaufsrecht ist für den "ersten echten" Verkaufsfall bestellt. Beim notariellen Vertrag vom 9.12.2010 handelt es sich um einen Kaufvertrag (§ 433 BGB), in dem die Veräußerin - die Beteiligte zu 2 - sich verpflichtet, den Grundbesitz dem Beteiligten zu 1 gegen Kaufpreiszahlung zu übertragen. Da hierbei das Vorkaufsrecht auch nicht ausgeübt wurde und durch den Erwerber selbst als Vertragspartei auch nicht ausgeübt werden konnte, ist es beim Beteiligten zu 1 erloschen (vgl. Palandt/Bassenge, BGB, 70. Aufl., § 1097 Rz. 5).

Zwar erlischt es grundsätzlich nicht bereits durch Konsolidation (§ 889 BGB; vgl. BayObLG MittBayNot 1983, 229), so etwa wenn der Vorkaufsberechtigte das Grundstück auf anderem Weg als gerade durch einen Kauf erworben hätte. Der Erwerb des mit dem Vorkaufsrecht belasteten Grundstücks durch den Vorkaufsberechtigten steht andererseits einem Erlöschen aber auch nicht entgegen, wenn das Recht nur für einen Verkaufsfall bestellt ist und der Berechtigte das Grundstück durch Kauf erworben hat (vgl. Erman/Grziwotz, BGB, 13. Aufl., § 1094 Rz. 7 a.E.). Demgemäß ist es auch im Grundbuch bereits gelöscht.

b) Die Bedingung für ein Entstehen des den Beteiligten zu 3 und 4 eingeräumten Vorkau...

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