Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtsanwaltsgebühren: Terminsgebühr bei Besprechung zur Verfahrenserledigung in Verfahren ohne mündliche Verhandlung

 

Leitsatz (redaktionell)

Besprechungen eines Anwalts zur Erledigung des Verfahrens (hier: Telefongespräche mit dem gegnerischen Anwalt über die Möglichkeit einer gütlichen Einigung) lösen auch dann eine Terminsgebühr aus, wenn für das Verfahren eine mündliche Verhandlung nicht vorgeschrieben ist. Bei Vorliegen der Voraussetzungen des Teils 3 Vorbem. 3 Abs. 3 Alt. 3 RVG-VV hängt die Entstehung der Terminsgebühr nicht davon ab, dass zusätzlich eine der Voraussetzungen des Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 3104 RVG-VV vorliegt.

 

Normenkette

RVG-VV Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 1; RVG-VV Teil 3 Vorbem. 3 Abs. 3 Alt. 3

 

Verfahrensgang

AG München (Beschluss vom 07.12.2009; Aktenzeichen 553 F 4568/09)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 02.11.2011; Aktenzeichen XII ZB 458/10)

 

Tenor

I. Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Der Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III. Der Beschwerdewert wird auf 751,12 EUR festgesetzt.

IV. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die auf Trennungs- und Kindesunterhalt gerichtete Klage erkannte der Beklagte an. Daraufhin erging am 24.9.2009 durch das AG München ein Anerkenntnisurteil, wobei der Beklagte auch zu den Kosten des Rechtsstreits verurteilt wurde. Neben der Hauptsache war auch Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt. Auf Antrag setzte die Rechtspflegerin mit Beschluss vom 7.12.2009 die der Klägerin vom Beklagten zu erstattenden Kosten des Rechtsstreits auf 3.649,50 EUR fest, darunter auch eine 1,2 Terminsgebühr im Verfahren der einstweiligen Anordnung i.H.v. 631,20 EUR zzgl. MWSt. Zur Begründung wurde vorgetragen, der damalige Prozessbevollmächtigte der Klägerin habe vor dem 2.7.2009 mit dem Prozessbevollmächtigten des Beklagten mehrere Telefongespräche über die Möglichkeit einer gütlichen Einigung geführt.

Gegen diesen ihm am 9.12.2009 zugestellten Beschluss hat der der Beklagte am 17.12.2009 sofortige Beschwerde eingelegt, mit der er sich gegen die Festsetzung einer Terminsgebühr im Verfahren der einstweiligen Anordnung wendet. Zur Begründung wird ausgeführt, im Verfahren einstweilige Anordnung sei keine mündliche Verhandlung vorgesehen. Dies sei aber nach der Nr. 3104 W RVG Grundvoraussetzung für das Entstehen der Terminsgebühr. Dieser Beschwerde hat das AG durch Beschluss vom 5.3.2010 nicht abgeholfen.

II. Die sofortige Beschwerde ist zulässig (§§ 104 Abs. 3, 567, 569 ZPO).

Das Rechtsmittel erweist sich aber als unbegründet.

Das AG hat zu Recht auch eine 1,2 Terminsgebühr festgesetzt, da diese nach Vorbemerkung 3 Abs. 3, 3. Alternative RVG-VV für mindestens ein Telefongespräch zwischen den Parteien angefallen ist.

Mit der Einführung der Terminsgebühr nach dem RVG, die sowohl die Verhandlungs- als auch die Erörterungsgebühr nach § 31 Abs. 1 Nr. 2 und 4 BRAGO ersetzt, sollte erreicht werden, dass der Anwalt nach seiner Bestellung zum Verfahrens- oder Prozessbevollmächtigten in jeder Phase des Verfahrens zu einer möglichst frühen, der Sach- und Rechtslage entsprechenden Beendigung des Verfahrens beiträgt. Deshalb soll die Gebühr auch schon verdient sein, wenn der Rechtsanwalt an auf die Erledigung des Verfahrens gerichteten Besprechungen ohne Beteiligung des Gerichts mitwirkt, insbesondere wenn diese auf den Abschluss des Verfahrens durch eine gütliche Regelung zielen (BT-Drucks. 15/1971, S. 209).

Eine Terminsgebühr kann nach Vorbemerkung 3 Abs. 3 RVG-VV in folgenden Fällen entstehen:

  • Für die Vertretung in einem Verhandlungs-, Erörterungs- oder Beweisaufnahmetermin;
  • für die Wahrnehmung eines von einem gerichtlich bestellten Sachverständigen anberaumten Termins;
  • für die Mitwirkung an auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichteten Besprechungen auch ohne Beteiligung des Gerichts.

Daneben kann nach Abs. 1 der Anmerkung zu 3104 RVG-VV eine Terminsgebühr auch in im Einzelnen aufgeführten Fällen entstehen, in denen keine mündliche Verhandlung stattgefunden hat, sondern der Rechtsanwalt nur schriftlich tätig geworden ist. In diesen Fällen ist dafür außerdem Voraussetzung, dass in den betreffenden Verfahren eine mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist, da nur dann die schriftliche Tätigkeit des Anwalts einen Verhandlungstermin ersetzen und somit auch vergütungsrechtlich als gleichwertig angesehen werden kann (BT-Drucks. 15/1971, S. 212).

Diese Vorschrift enthält allerdings keine Einschränkung der Grundregel der Vorbemerkung 3 Abs. 3, sondern ergänzt und erweitert diese auf Fälle, in denen eine mündliche Verhandlung oder Besprechung, ob mit oder ohne Beteiligung des Gerichts, nicht stattfand (Gerold/Schmidt/Müller-Rabe RVG 19. Aufl. 3104 W Rz. 7; Anwaltskommentar RVG Schneider/Wahlen 4. Aufl. 3140 W Rz. 1und 3). Daraus folgt, dass bei Vorliegen der Voraussetzungen der Vorbemerkung 3 Abs. 3 die Entstehung einer Terminsgebühr nicht davon abhängig ist, dass zusätzlich eine der Voraussetzungen der Anmerkung zu 3104 RVG-VV vorli...

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