Entscheidungsstichwort (Thema)

Kein berechtigtes Interesse des wegen Eigenbedarfs gekündigten Mieters an der Grundbucheinsicht

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Frage der Grundbucheinsicht des wegen Eigenbedarfs gekündigten Mieters in die dem Eigentumserwerb zugrunde liegende Vertragsurkunde.

1. Ein berechtigtes Interesse an der Grundbucheinsicht besteht nicht nur, wenn dieses rechtlicher Natur ist, sondern auch dann, wenn ein verständiges, durch die Sachlage gerechtfertigtes Interesse des Antragstellers dargetan wird, das auch mit einem bloß tatsächlichen, insbesondere wirtschaftlichen Interesse begründet werden kann.

2. Ein wegen Eigenbedarfs gekündigter Mieter, der im Räumungsprozess die Klage dadurch zu Fall bringen möchte, dass er nachweist, der kündigende Vermieter sei mangels wirksamen Erwerbsvertrages nicht Eigentümer geworden, kann die Erteilung von Abschriften der Vertragsurkunden, aufgrund derer der jetzige Eigentümer an dem Grundstück Eigentum erlangt hat, nicht verlangen, da ein berechtigtes Interesse des Antragstellers nicht besteht.

 

Normenkette

BGB § 891; GBO §§ 12, 12c Abs. 4 S. 2, § 71 Abs. 1; GBV § 12 Abs. 1, § 46; RPflG § 3 Nr. 1 lit. h

 

Tenor

I. Die Beschwerde des Beteiligten gegen den Beschluss des Amtsgerichts Starnberg - Grundbuchamt - vom 17. Januar 2018 wird zurückgewiesen.

II. Der Wert des Beschwerdegegenstands wird auf 5.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Beteiligte ist Mieter eines mit einem Einfamilienhaus bebauten Grundstücks, das mit notarieller Urkunde vom 9.10.2013 mit Nachtrag vom 23.7.2014 von einer Stiftung mit Genehmigung der staatlichen Stiftungsaufsicht veräußert wurde. Der Erwerber wurde am 4.12.2014 als Eigentümer ins Grundbuch eingetragen. Im Oktober 2016 kündigte er den Mietvertrag wegen Eigenbedarfs. Mit nicht rechtskräftigem Endurteil des Amtsgerichts S. vom 1.3.2018 wurde der Beteiligte verurteilt, das Grundstück bis 31.12.2019 zu räumen. Am 25.8.2015 nahm der Verfahrensbevollmächtigte des Beteiligten Einsicht in Aufschrift, Bestandsverzeichnis und 1. Abteilung des betreffenden Grundbuchblatts. Des Weiteren wurde eine mit Schriftsatz vom 29.1.2018 beantragte Auskunft darüber, ob der Vermieter des Beteiligten im Bezirk des Amtsgerichts noch weiteren Grundbesitz habe, am 6.2.2018 vom Grundbuchamt erteilt.

Mit Schriftsatz vom 7.12.2017, eingegangen beim Grundbuchamt am 11.12.2017, beantragte der anwaltlich vertretene Beteiligte die Übersendung einer Kopie des Kaufvertrages mit Nachtrag sowie eines kompletten beglaubigten Grundbuchauszugs. Zur Begründung ist ausgeführt, der Beteiligte befinde sich in einem Rechtsstreit mit dem Eigentümer, in dem es darum gehe, ob dieser wirksam Eigentum erworben habe. Der Kaufvertrag sei gegebenenfalls wegen gesetzlicher Verstöße nichtig oder es könne ein Vorkaufsrecht des Beteiligten bestehen.

Der Urkundsbeamte des Grundbuchamts hat mit Schreiben vom 11.12.2017 dem anwaltlichen Vertreter des Beteiligten mitgeteilt, weitere Auskünfte könnten nur mit Genehmigung des Eigentümers erteilt werden. Bereits am 20.7.2017 war ein Schreiben des anwaltlichen Vertreters des Eigentümers beim Grundbuchamt eingegangen, in dem einer Auskunftserteilung widersprochen wurde.

Gegen die Entscheidung des Urkundsbeamten vom 11.12.2017 hat der Beteiligte mit Schriftsatz vom 10.1.2018 Erinnerung eingelegt, die der Rechtspfleger mit Beschluss vom 17.1.2018 zurückgewiesen hat. Einem bereits gekündigten Mieter stehe grundsätzlich ein Einsichtsrecht nur insoweit zu, als sich dieses auf Einsichten zur Prüfung des Vorhandenseins weiteren Wohnraums im Eigentum des Vermieters beschränke. Um ein solches handle es sich hier aber nicht. Der Mieter habe keine Rechtsposition, den Erwerbsvertrag anzugreifen oder gar zu Fall zu bringen.

Hiergegen richtet sich die mit Schriftsatz vom 15.2.2018 erhobene Beschwerde, in der der Beteiligte ergänzend ausführt, die Herausgabe der Kaufvertragsurkunde würde einen weiteren Prozess vermeiden. Es bestehe der Hinweis, dass eine Schenkung vorliege. Da auf Veräußererseite eine Stiftung beteiligt war, würde dies wegen Verstoßes gegen das stiftungsrechtliche Schenkungsverbot zur Nichtigkeit des Vertrages führen. In diesem Fall sei auch die Kündigung wegen Eigenbedarfs hinfällig, da dann der eingetragene Eigentümer nicht der wirkliche Eigentümer sei. Um dies zu überprüfen werde die "Kaufvertragsurkunde" benötigt.

Der Rechtspfleger hat mit Beschluss vom 23.2.2018 der Beschwerde nicht abgeholfen und diese dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt. Aufgrund der Eintragung des Erwerbers als Eigentümer im Grundbuch werde vermutet, dass dieser auch Eigentümer sei. Die vom Beteiligten vorgetragenen Verdachtsmomente bez. der eventuellen Unwirksamkeit der notariellen Urkunden seien viel zu vage und würden kein berechtigtes Interesse hinsichtlich des Einsichtsbegehrens begründen. Es fehle an konkreten Hinweisen. Aus einem bloßen Verdacht lasse sich kein Interesse an Grundbuch- oder Grundakteneinsicht herleiten.

Im Beschwerdeverfahren hat der Beteiligte ergänzend vorg...

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