Leitsatz (amtlich)

1. Zur Umschreibung von Grundstücks-Miteigentumsanteilen an Minderjährige in Erfüllung eines mit einem Untervermächtnis in Form des Nießbrauchs für den Erben belasteten Vermächtnisses.

2. Wird vom sorgeberechtigten Elternteil als Erben Grundeigentum aufgrund eines fälligen Vermächtnisanspruchs an seine minderjährigen Kinder übertragen, bedarf es nicht der Mitwirkung eines familiengerichtlich bestellten Pflegers unter dem Gesichtspunkt, dass mit der Entgegennahme des Vermächtnisgegenstands im Hinblick auf den Pflichtteil Nachteile verbunden sein könnten. Die Annahme eines (belasteten) Vermächtnisses als nicht lediglich rechtlich vorteilhaftes Geschäft ist vielmehr von der dinglichen Erfüllung des Vermächtnisanspruchs zu unterscheiden.

 

Normenkette

BGB §§ 106-107, 181, 1629 Abs. 2, § 1795 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2, §§ 2174, 2176, 2186; GBO §§ 19-20

 

Verfahrensgang

AG Freising (Aktenzeichen Grundbuchamt - Freising, Blatt 21545-4)

 

Tenor

I. Auf die Beschwerde der Beteiligten wird die Zwischenverfügung des AG Freising - Grundbuchamt - vom 7.6.2011 aufgehoben.

 

Gründe

I. Der Beteiligte zu 1 ist gemäß notariellem Testament vom 11.6.2010 Alleinerbe seiner am 22.6.2010 verstorbenen Ehefrau. Testamentsvollstreckung ist angeordnet, der Beteiligte zu 1 als Testamentsvollstrecker bestellt. Zur Erbmasse gehört ein Grundstück, das am 8.10.2010 auf den Beteiligten zu 1 als Eigentümer umgetragen ist. Die Eheleute haben zwei minderjährige Kinder, ... (geb. 1998; Beteiligter zu 2) und ... (geb. 2002; Beteiligte zu 3). Im Testament vom 11.6.2010 ist verfügt:

"Der Erbe wird mit folgenden Vermächtnissen beschwert:

Meine Kinder

erhalten jeweils 1/3 - jeweils ein Drittel - Miteigentumsanteil an folgendem Grundbesitz

Das verbleibende Drittel erhält der Erbe.

Die Vermächtnisnehmer werden mit folgendem Untervermächtnis belastet:

Mein Ehemann (der Beteiligte zu 1) erhält an den vermachten 2/3-Miteigentumsanteilen an dem genannten Grundstück ein lebenslanges und unentgeltliches Nießbrauchsrecht.

Meine Kinder als Vermächtnisnehmer sind untervermächtnisweise verpflichtet, gegebenenfalls einer Bebauung durch den Nießbraucher zuzustimmen.

Der Untervermächtnisnehmer kann die Eintragung dieses Nießbrauchs an nächst offener Rangstelle im Grundbuch verlangen."

In Erfüllung des angeordneten Vermächtnisses überließ der Beteiligte zu 1 zu notarieller Urkunde vom 27.5.2011 jeweils einen 1/3-Grundstücksmiteigentumsanteil an die Beteiligten zu 2 und 3. Die Auflassung wurde erklärt und die grundbuchrechtliche Bewilligung abgegeben. Ferner wurde die Nießbrauchsbestellung entsprechend der letztwilligen Verfügung vereinbart sowie die Eintragung dieses Rechts bewilligt und beantragt.

Auf den notariellen Vollzugsantrag vom 31.5.2011 hat das Grundbuchamt am 7.6.2011 folgende Zwischenverfügung getroffen:

Es fehle an einer wirksamen Auflassung und Bewilligung des Nießbrauchs. Der Beteiligte zu 1 als gesetzlicher Vertreter seiner beiden Kinder sei von deren Vertretung bei der Entgegennahme des Vermächtnisanspruchs (Erklärung der Auflassung) im Zusammenhang mit der Erfüllung des Untervermächtnisses (Bestellung des Nießbrauchs) ausgeschlossen. Der Beteiligte sei für die Vermögenssorge seiner Kinder zuständig, gleichzeitig müsse er sich als Testamentsvollstrecker beaufsichtigen und sei selbst der Begünstigte, falls das Vermächtnis angenommen werde. Es sei ein Ergänzungspfleger zu bestellen, der zu prüfen habe, ob der Vermächtnisanspruch angenommen werde oder ob sogleich der Pflichtteil gem. § 2307 BGB geltend gemacht werden müsse. Der Pflichtteilsanspruch jedes Kindes sei deutlich höher als der Wert des Grundstücksanteils. Die Pflichtteile wären um den Wert des mit dem lebenslänglichen Nießbrauch belasteten Grundstücks bis zum Tod des Vaters geschmälert. Die Genehmigung der Vermächtniserfüllung als auch ein weiterer Vertrag zwischen dem Vater und den Kindern sei familiengerichtlich zu genehmigen.

Hiergegen richtet sich die vom beurkundenden Notar eingelegte Beschwerde, die damit begründet wird, die Annahme des Vermächtnisses - bei dem Grundbesitz handele es sich um einen unbebauten Bauplatz in guter Lage - sei lediglich rechtlich vorteilhaft. Daran ändere auch der zugunsten des Beteiligten zu 1 verfügte Nießbrauch nichts. Denn die Nießbrauchsbestellung erfolge gleichzeitig mit dem Erwerb der Sache selbst. Ein pflichtteilsmäßiger Nachteil sei nicht erkennbar. Den Kindern stehe ein Restpflichtteil nach § 2307 Abs. 1 Satz 2 BGB zu. Zudem sei der Erwerb von Grundeigentum allemal sicherer und werthaltiger als ein auf Geld gerichteter schuldrechtlicher Zahlungsanspruch.

Das Grundbuchamt hat nicht abgeholfen.

II. Die namens sämtlicher Urkundsbeteiligter zulässig erhobene Beschwerde (§ 71 Abs. 1, § 73 Abs. 1 und 2 i.V.m. § 15 Abs. 2 GBO) hat in der Sache Erfolg.

1. Nach §§ 106, 107 BGB bedarf ein Minderjähriger, der das siebente Lebensjahr vollendet hat, zu einer Willenserklärung, durch die er nicht lediglich einen rechtlichen Vorteil erlangt, der Einwilligung seines gesetzliche...

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