Leitsatz (amtlich)

Ist bereits ein Hauptsacheverfahren vor einem staatlichen Gericht rechtshängig, besteht für einen Feststellungsantrag nach § 1032 Abs. 2 ZPO regelmäßig kein Rechtsschutzbedürfnis. Darauf, ob die Schiedseinrede nach § 1032 Abs. 1 ZPO vor dem staatlichen Gericht bereits erhoben worden ist, kommt es nicht an (Ergänzung zu OLG München vom 10.1.2007, 34 SchH 014/06).

 

Normenkette

ZPO § 1032 Abs. 1-2, § 1062 Abs. 1 Nr. 2

 

Tenor

I. Der Antrag auf Feststellung der Zulässigkeit eines schiedsrichterlichen Verfahrens wird als unzulässig verworfen.

II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

III. Der Streitwert wird auf 1.650.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten um die Zulässigkeit eines schiedsgerichtlichen Verfahrens.

1. Die Antragstellerin ist mit Anteilen zu 75,41 % und die Antragsgegner zu 1 bis 4 sind mit Anteilen von insgesamt 24,59 % die alleinigen Gesellschafter der Antragsgegnerin zu 5, einer Handelsgesellschaft in der Rechtsform der GmbH.

Am 4.3.2011 hat die Gesellschafterversammlung der Antragsgegnerin zu 5 die Einrichtung eines Beirates beschlossen, über dessen Befugnisse und erforderliche Beschlussmehrheiten Meinungsverschiedenheiten bestehen.

Unter dem 5.3.2011 hat die Antragsgegnerin zu 1 Klage zum LG erhoben mit dem Antrag, den Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 4.3.2011, soweit ein Beirat eingerichtet werden soll (TOP 11), für nichtig zu erklären sowie - sollte er rechtswirksam beschlossen und konstituiert worden sein - festzustellen, dass der Beirat für folgende Maßnahmen und Geschäfte nicht zuständig ist:

a) Feststellung des Jahresabschlusses und Genehmigung des Lageberichts,

b) Aufstellung und Änderung der Geschäftsordnung für die Geschäftsführung,

c) Bestellung und Abberufung von Geschäftsführung und Änderungen der Vertretungsbefugnis, sowohl bei der Gesellschaft als auch bei allen Landesholdings und Management-Gesellschaften,

d) Eröffnung eines neuen Standortes,

e) Liquidation der Gesellschaft,

f) die in § 9 Abs. 8 des Gesellschaftsvertrages aufgeführten Angelegenheiten in Tochtergesellschaften der Antragsgegnerin zu 5.

Weiterhin hat die Antragsgegnerin zu 1 die Feststellung begehrt, dass der Beirat der Antragsgegnerin zu 5 stets mit einer Mehrheit von 80 % der abgegebenen Stimmen abzustimmen habe, soweit er über die in § 2 Abs. 3 der Geschäftsführerordnung bzw. § 9 Abs. 6 des Gesellschaftsvertrags der Antragsgegnerin zu 5 aufgeführten Gegenstände beschließt.

Unter dem 28.3.2011 hat die Antragstellerin ein Schiedsverfahren gegen die Antragsgegner eingeleitet. Die Anträge dort betreffen die Feststellung der Zuständigkeit des Beirats der Antragsgegnerin zu 5 für bestimmte Maßnahmen und Geschäfte bzw. für die Zustimmung zu bestimmten Maßnahmen und Geschäften der Konzerngesellschaften. Das Schiedsgericht ist inzwischen konstituiert. Die Antragsgegner zu 1 bis 4 haben sich die Rüge der Zuständigkeit des Schiedsgerichts jedoch ausdrücklich vorbehalten.

2. § 8 der Unternehmenssatzung der Antragsgegnerin zu 5 bestimmt:

Über alle Streitigkeiten zwischen Gesellschaftern oder zwischen der Gesellschaft und Gesellschaftern, welche diesen Gesellschaftsvertrag, das Gesellschaftsverhältnis oder die Gesellschaft betreffen, mit Ausnahme von Beschlussmängelstreitigkeiten, entscheidet, soweit dem nicht zwingendes Recht entgegensteht, unter Ausschluss des ordentlichen Rechtswegs ein Schiedsgericht. Dies gilt auch für Streitigkeiten über die Wirksamkeit, Durchführung und Beendigung des Gesellschaftsvertrages, einzelner Vertragsbestimmungen oder etwaiger Nachträge ...

Nahezu wortgleich lautet der dazugehörige Schiedsvertrag in § 1 (Zuständigkeit des Schiedsgerichts).

3. Ebenfalls unter dem 28.3.2011 hat die Antragstellerin beim OLG gerichtlichen Antrag auf Feststellung der Zulässigkeit eines schiedsrichterlichen Verfahrens nach § 1032 Abs. 2 ZPO gestellt. Sie beantragt hier:

I. festzustellen, dass das von ihr gegen die Antragsgegner eingeleitete schiedsrichterliche Verfahren zur Feststellung des Umfangs der Zuständigkeit des Beirats der Antragsgegnerin zu 5 (im Folgenden: MSH) und der für die Beschlüsse des Beirats erforderlichen Mehrheit mit den folgenden Anträgen zulässig ist und das Schiedsgericht hierfür zuständig ist:

1. Der Beirat ist für die folgenden Maßnahmen und Geschäfte der MSH zuständig:

a. Feststellung des Jahresabschlusses und Genehmigung des Lageberichts

b. Aufstellung und Änderung der Geschäftsordnung für die Geschäftsführung

c. Bestellung und Abberufung von Geschäftsführern und Änderungen der Vertretungsbefugnis, sowohl bei der MSH als auch bei allen Landes-Holdings und Management-Gesellschaften

d. Zustimmung zum Erwerb, zur Veräußerung und zur Belastung von Grundstücken oder grundstücksgleichen Rechten

e. Zustimmung zum Erwerb und zur Veräußerung von Unternehmen, Betrieben oder Teilbetrieben, Übernahme von oder Verfügungen über Beteiligungen

f. Zustimmung zum Abschluss von Mietverträgen mit einer Laufzeit von über 5 Jahren und einem jährlichen Verpflichtungsvolumen von mehr...

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