Entscheidungsstichwort (Thema)

Unterhalt: Verbot der Doppelverwertung; Tilgung eines Darlehens

 

Verfahrensgang

AG Landshut (Urteil vom 10.02.2004; Aktenzeichen 4 F 403/01)

 

Tenor

Der Antragsgegnerin wird unter Beiordnung von Frau Rechtsanwältin Sch. Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren bewilligt, soweit sie in Abänderung des Urteils des FamG Landshut vom 10.2.2004 einen Unterhalt von 1.732 Euro, davon 249 Euro Krankenversicherung und 337 Euro Altersvorsorge, beantragt.

Im Übrigen wird der Prozesskostenhilfeantrag zurückgewiesen.

 

Gründe

Für die beantragte Prozesskostenhilfe der Antragsgegnerin besteht im tenorierten Umfang Erfolgsaussicht. Die Antragsgegnerin ist auch bedürftig. Soweit sie Zugewinn erhält, hat sie ausreichend dargelegt, dass der Betrag durch offene Schulden einschließlich Anwaltskosten bereits verbraucht ist und damit kein Vermögen zur Verfügung steht, um daraus die Verfahrenskosten bezahlen zu können.

Nach dem vorgelegten Entlassungsbericht der A.-Klinik vom 3.12.2003 und der Bescheinigung vom 7.11.2003 sowie dem Änderungsbescheid des Versorgungsamtes Landshut vom 16.10.2003 steht fest, dass die Antragsgegnerin derzeit nicht erwerbsfähig ist und damit einen Unterhaltsanspruch nach § 1572 BGB hat. Entgegen den Ausführungen des FamG ergibt sich aus diesen Berichten und Bescheinigungen dagegen keine sichere Prognose, dass die Antragsgegnerin innerhalb der nächsten Monate gesundheitlich wieder so hergestellt ist, dass sie voll erwerbstätig sein kann. Diese Frage ist derzeit vielmehr offen, zumal die Schilddrüsenkarzinombehandlung der Antragsgegnerin wegen schlechter Blutwerte bisher nicht abgeschlossen ist. Aus diesem Grunde kann entgegen den Ausführungen des FamG derzeit auch nicht bereits über evtl. Anschlusstatbestände entschieden werden, diese Frage muss vielmehr einem Abänderungsverfahren nach § 323 ZPO vorbehalten bleiben. Künftige Umstände können nur dann in eine Entscheidung einbezogen werden, wenn sie unmittelbar bevorstehen und sicher eintreten, nicht aber, wenn die weitere gesundheitliche Entwicklung der Bedürftigen und der Umfang ihrer Erwerbsfähigkeit völlig offen ist.

Nach den vorgelegten Gehaltsbelegen 2003 hat der Antragsteller ein monatliches Nettoeinkommen von 3.185 Euro zzgl. einer Steuererstattung von 159 Euro, damit insgesamt ein Erwerbseinkommen von 3.344 Euro. Dieses Einkommen ist um die konkret geltend gemachten Fahrtkosten von 178 Euro und die nach einem objektiven Maßstab angemessenen prägenden vermögenswirksamen Leistungen von 40 Euro auf 3.126 Euro zu kürzen.

Im Hinblick auf die ländliche Region wurde der eheprägende Wohnwert vom FamG zu Recht mit 800 Euro angesetzt. Zusätzliche Einkünfte aus Vermietung einer Garage bestehen nicht. Entgegen den Ausführungen des FamG ist der Wohnwert bzgl. der Hausschulden nur um die Zinsen und nicht auch um die Tilgung zu kürzen. Dabei sind auch die Zahlungen auf dem Bausparvertrag der Allianz eheprägend, nachdem dieser Vertrag bereits in der Ehe abgeschlossen wurde und damit die Prämienzahlungen und nach der Zuteilung des Vertrages die Abzahlungen zu leisten sind. Bei einem Kredit von 2.458 Euro und einem Zinssatz von 5,25 % belaufen sich die monatlichen Zinsbelastungen auf 11 Euro, die Zinsen auf die beiden Verträge bei der Sparkasse nach den vorgelegten Belegen derzeit auf 200 Euro und 36 Euro. Es verbleibt damit noch ein prägender Restwohnwert von 553 Euro. Die Tilgung der Hausschulden der im Alleineigentum des Antragstellers stehenden Immobilie ist zwar eheprägend und wäre grundsätzlich trotz Vermögensbildung auch noch nach der Scheidung berücksichtigungsfähig, weil die eheprägende Vermögensbildung nach einem ojektiven Maßstab bei den Einkommensverhältnissen des Antragstellers und der Höhe des Wohnwertes angemessen ist (BGH v. 5.4.2000 - XII ZR 96/98, MDR 2000, 769 = FamRZ 2000, 950; v. 29.3.1995 - XII ZR 45/94, MDR 1995, 928 = FamRZ 1995, 869; vgl. eingehend Wendl/Gerhardt, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 6. Aufl., § 1 Rz. 344 ff.). Die Antragsgegnerin hat aber zu Recht darauf hingewiesen, dass die Tilgung vorliegend als Abzugsposten ab Scheidung nicht mehr angesetzt werden kann, weil es ansonsten zu einer unzulässigen Doppelverwertung käme (BGH FamRZ 2003, 432; Kogel in Anm. zu BGH FamRZ 2003, 1645). Denn die Tilgung der Hausschulden wurde bereits in vollem Umfang beim Zugewinn des Antragstellers als Schuld berücksichtigt, d.h., der Zugewinn der Antragsgegnerin hat sich dadurch bereits um die Hälfte der Schuld des Antragstellers reduziert. Würde man beim Unterhalt die Tilgung der gleichen Schuld ebenfalls berücksichtigen, müsste die Antragsgegnerin über eine entsprechende Kürzung des Unterhalts ebenfalls die Hälfte der Tilgung bezahlen. Im Ergebnis müsste sie dadurch die gesamte Schuld des Antragstellers tilgen, zur Hälfte über die entsprechende Reduzierung des Zugewinns, zur anderen Hälfte über die entsprechende Reduzierung des Unterhalts. Dies stellt aber eine unzulässige Doppelverwertung dar, d.h., ...

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