Verfahrensgang

LG München II (Urteil vom 20.04.2006; Aktenzeichen 5 O 7336/05)

 

Tenor

Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des LG München II vom 20.4.2006 durch einstimmigen Beschluss gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

Die Parteien erhalten Gelegenheit, binnen 3 Wochen Stellung zu nehmen.

 

Gründe

I. Die Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg.

Das LG hat Ansprüche der Klägerin gegen den Beklagten wegen Verletzung der Verkehrssicherungspflicht nach eingehender Prüfung der Sach- und Rechtslage verneint. Dem schließt sich der Senat unter Bezugnahme auf das landgerichtliche Urteil vollumfänglich an.

Der Vortrag der Klägerin in der Berufungsbegründung ist nicht geeignet, zu einem anderen Ergebnis zu führen.

Ergänzend ist im Hinblick darauf auszuführen:

Der Senat teilt nicht die Auffassung der Klägerin, dass das Urteil auf fehlerhafter Tatsachenfeststellung beruht. Es erscheint bereits fraglich, ob in der Klageschrift die Behauptung der positiven Kenntnis des Beklagten von einer Vertiefung im Asphalt des Parkplatzes aufgestellt wurde, nachdem die subjektive Seite mit Formulierungen wie "für den Beklagten als Mieter ohne weiteres erkennbar war", "hätte klar sein müssen" und "erkennbar drohten" und nicht mit "erkannt hat" oder "bekannt war" umschrieben wurde. Jedenfalls wurde eine solche Kenntnis in der Klageerwiderung weder unmittelbar noch konkludent zugestanden. Der Beklagte hat ausdrücklich in Abrede gestellt, dass er von einer Ansammlung von Flüssigkeit in der Vertiefung im Asphalt wusste oder hätte wissen können und auch bestritten, dass für ihn eine dadurch verursachte besondere Gefahr für Dritte bei Minustemperaturen erkennbar war. Weiterhin hat er ausgeführt, "einerseits soll der Mieter erkennen können, dass es zum einen überhaupt eine Vertiefung im Asphalt gibt ...", und auch damit deutlich gemacht, dass der Beklagte als Mieter keine entsprechende Kenntnis hatte oder hätte haben müssen. Zudem bezieht sich die von der Klägerin herangezogene Urteilspassage nicht nur auf die Frage der Kenntnis von einer Vertiefung im Asphalt, sondern auch darauf, ob der Beklagte wusste, dass diese Vertiefung eine besondere Gefahr für Dritte darstellen würde. Zutreffend ist das LG davon ausgegangen, dass es hierfür keine Anhaltspunkte gibt.

Abgesehen davon ist auch aus Rechtsgründen das landgerichtliche Urteil nicht zu beanstanden. Nach der Rechtsprechung richtet sich die Räum- und Streupflicht auf öffentlichen Straßen und Wegen nach den Umständen des Einzelfalles, insb. nach der Art und Wichtigkeit des Verkehrsweges bzw. der Gefährlichkeit und Stärke des zu erwartenden Verkehrs. Die Pflicht steht unter dem Vorbehalt des Zumutbaren. Geschuldet ist, was billige Rücksicht nach der Verkehrsauffassung gebietet (BGH NJW 1985, 270 m.w.N.). Eine völlige Mängel- und Gefahrenfreiheit kann nicht verlangt werden und erwartet der vernünftige Verkehrsteilnehmer nicht. Auch bei Parkplätzen richtet sich die Streupflicht nach Art und Wichtigkeit des Parkplatzes sowie dessen Frequentierung. Hat ein Parkplatz eine geringe Verkehrsbedeutung und ist der Gehweg von allen abgestellten Fahrzeugen mit wenigen Schritten erreichbar, verneint die Rechtsprechung eine Streupflicht. Dem Verkehrsteilnehmer wird zugemutet, dass er auf winterliche Glätte achtet und etwaige Gefahren, die wenige Schritte auf einer glatten Fläche bieten, durch Vorsicht, ggf. auch durch Festhalten am Wagen, selbst meistert (vgl. OLG München, Urt. v. 22.2.1990, Az. 1 U 4848/89 m.w.N., OLG München, Beschl. v. 13.1.2006, Az. 1 U 5136/05).

Besonderheiten, die ein Abweichen von diesen Grundsätzen rechtfertigen würden, liegen nicht vor. Insbesondere ist der Sachverhalt nicht mit sog. "Stolperfallen" vergleichbar, bei denen ein Hindernis für den durchschnittlichen Verkehrsteilnehmer unerwartet, für den Verkehrssicherungspflichtigen dagegen vorhersehbar und vermeidbar zu einem Schaden führt. Die Klägerin mag der Sturz auf der Eisplatte überrascht haben. Mit Glätte hat ein Verkehrsteilnehmer jedoch nicht nur bei geschlossener Schneedecke oder großflächig vereisten Flächen zu rechnen. Der durchschnittliche Autofahrer bzw. Fußgänger erwartet auch bei Temperaturen um den Gefrierpunkt keinen einheitlich trockenen und griffigen Bodenbelag. Er rechnet vielmehr damit, dass an einzelnen Stellen glatte oder eisige Flächen auftreten können, zumal die Bildung gewisser Unebenheiten bei Asphaltflächen sowohl nutzungs- als auch witterungsbedingt unvermeidbar ist, womit auch die Feuchtigkeitsverhältnisse variieren können. Demgegenüber ist der Aufwand für einen Verkehrssicherungspflichtigen, ein solches Glätterisiko für jeden Nutzer auszuschließen, schlechthin unzumutbar. Von ihm kann nicht verlangt werden, die (ggf. durch geparkte Autos nur teilweise zugängliche) Abstellfläche von Herbst bis Frühjahr laufend auf möglichen Unebenheiten zu untersuchen und Vorkehrungen zur Absicherung an jeder Stelle zu treffen, an der sich - je nach Wetterlage und Temperatur - Eis bilden könnte.

Das...

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