Leitsatz (amtlich)

1. Wird ein Antrag auf Bestellung von Sonderprüfern vor Fristbeginn gestellt, mag er zu diesem Zeitpunkt unzulässig sein. Jedenfalls mit Fristbeginn wird ein solcher Antrag wirksam, soweit er vom Antragsteller weiterverfolgt wird.

2. Die Versicherung des depotführenden Instituts nach § 258 Abs. 2 S. 4 AktG ist nur wirksam, wenn sie ggü. dem zur Entscheidung berufenen Gericht abgegeben wird. Andernfalls würde keine Gleichwertigkeit mit der Hinterlegung von Aktien erreicht.

3. Für die Begründetheit eines Antrags auf Bestellung von Sonderprüfern reicht es aus, dass der Antragsteller einzelne konkrete Sachverhaltselemente vorträgt, die für einen verständigen und objektiv Beurteilenden den Schluss auf eine nicht unwesentliche Unterbewertung nahe legen. Es genügt sonach ein diesbezüglicher Anfangsverdacht.

 

Normenkette

AktG § 258

 

Verfahrensgang

LG Kempten (Beschluss vom 09.03.2006; Aktenzeichen 1 HKT 2747/05)

AG Kempten (Beschluss vom 20.11.2005; Aktenzeichen HRB 5724)

 

Tenor

I. Der Beschluss des LG Kempten (Allgäu) vom 9.3.2006 wird in Ziff. 1-3 aufgehoben.

II. Der Beschluss des AG Kempten (Allgäu) vom 20.11.2005 wird in Nr. 3 dahingehend abgeändert, dass als Gegenstand der Sonderprüfung die Position Leergut und Pfandrückstellung entfällt.

III. Im Übrigen werden die Anträge der Antragsteller auf Bestellung von Sonderprüfern sowie deren sofortigen weiteren Beschwerden und die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin zurückgewiesen.

IV. Der Geschäftswert für das Verfahren der sofortigen weiteren Beschwerde wird auf 50.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Antragsgegnerin ist eine beim Registergericht K. eingetragene Aktiengesellschaft, deren Grundkapital zum 31.12.2004 3.738.821,74 EUR betrug und in 1.462.500 Stückaktien eingeteilt war. Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 4.7.2005 beantragten die Antragsteller zu 1)-5) die Bestellung von Sonderprüfern zur Überprüfung des geänderten Jahresabschlusses der Antragsgegnerin für das Geschäftsjahr 2003 in Bezug auf die Posten "Immaterielle Vermögensgegenstände und Sachanlagen, insb. die Positionen Grundstücke und Quellrecht, Betriebsgebäude sowie Leergut und Pfandrückstellung". Als Grund für den Antrag wurde angegeben, dass Anhaltspunkte einer nicht unwesentlichen Unterbewertung bestehen. Mit Schriftsatz vom 18.7.2005 stellte auch der Antragsteller zu 6) einen entsprechenden Antrag. Die Antragsteller legten Bankbescheinigungen vor, dass sie Inhaber von Aktien der Antragsgegnerin sind, und zwar der Antragsteller zu 1) i.H.v. 119.000 Stück, die Antragstellerin zu 2) i.H.v. 45.692 Stück, der Antragsteller zu 3) i.H.v. 14.500 Stück, der Antragsteller zu 4) i.H.v. 20.500 Stück, der Antragsteller zu 5) i.H.v. 20.000 Stück und der Antragsteller zu 6) i.H.v. 4.400 Stück. Die für die Antragsteller zu 1)-5) ausgestellten Bescheinigungen enthielten jeweils den Zusatz, dass das Kreditinstitut die Aktien bis zur Mitteilung des AG K. über den Beschluss zu dem Sonderprüfungsantrag gesperrt hält. Darüber hinaus legten die Antragsteller zu 1)-5) je eine ergänzende Bescheinigung des die Aktien verwahrenden Kreditinstituts vom 13.10.2005 vor, wonach es sich ggü. dem AG K. verpflichtet, dieses über etwaige Veränderungen des hinterlegten und gesperrten Aktienbestandes betreffend die Aktien der Antragsgegnerin zu unterrichten. Mit Schriftsatz vom 7.11.2005 legte auch der Antragsteller zu 6 die Bestätigung eines Kreditinstituts vor, in welchem sich dieses ggü. dem AG K. verpflichtet, es über Veränderungen in dem verwahrten Aktienbestand zu unterrichten.

Bei der Antragsgegnerin ergab sich im Jahr 2004 eine größere Umbildung sowohl des Vorstands als auch des Aufsichtsrats. Die Antragsgegnerin lud am 6.5.2005 im elektronischen Bundesanzeiger ihre Aktionäre zur Hauptversammlung auf den 21.6.2005 ein. Die Einladung wurde im elektronischen Bundesanzeiger am 20.5.2005 wiederholt. Gegenstand der Tagesordnung war u.a. die Vorlage des festgestellten geänderten Jahresabschlusses zum 31.12.2003 sowie des geänderten Lageberichts für die Gesellschaft für das Geschäftsjahr 2003 nebst Bericht des Aufsichtsrats. Der ursprüngliche Jahresabschluss der Antragsgegnerin erhielt mit Prüfungsbericht vom 24.3.2004 einen uneingeschränkten Bestätigungsvermerk der Abschlussprüfer. Nachdem die gesetzlichen Vertreter der Antragsgegnerin den Jahresabschluss zum 31.12.2003 geändert hatten, erfolgte eine Nachtragsprüfung. Der geänderte Abschluss der Gesellschaft erhielt am 6.5.2005 ebenfalls einen uneingeschränkten Bestätigungsvermerk. Bei den Änderungen handelte es sich im Wesentlichen um Folgendes: Das im Jahr 1997 erworbene Quellgrundstück, welches bis zum Jahr 2003 unter dem Gliederungsposten der Bilanz "Grundstücke und grundstücksgleiche Rechte" mit 2.146.000 EUR aufgeführt war, wurde im Jahr 2005 nachträglich aufgegliedert in die Vermögensgegenstände "Grundstück" (61.000 EUR) und "Quellrecht" (2.085.000 EUR) und letzterer immaterieller Vermögensgegenstand für das Geschäftsjahr 2003 um 787.000 EUR auf 1.298.000 EUR auß...

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