Entscheidungsstichwort (Thema)

Barabfindung für ausgeschlossenen Minderheitsaktionär

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ein gerichtliches Sachverständigengutachten muss in Spruchverfahren nur eingeholt werden, wenn trotz ergänzender Stellungnahmen bzw. mündlicher Anhörungen des sachverständigen Prüfers weiterer Aufklärungsbedarf besteht und eine weitere Klärung angesichts der Umstände zu erwarten ist.

2. Weiterer Aufklärungsbedarf ist nicht schon dann anzunehmen, wenn die Ausführungen des vom Hauptaktionär beauftragten Bewerters in einzelnen Punkten (hier in Bezug auf den Betafaktor) von denen des sachverständigen Prüfers abweichen. Letzterer ist aufgrund der gesetzlichen Konzeption gerade nicht mit einem Parteigutachter zu vergleichen.

 

Normenkette

AktG § 327b; UmwG § 62 Abs. 5

 

Tenor

I. Die Beschwerden der Antragsteller zu 40), 44) und 61) werden zurückgewiesen.

II. Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Antragsgegnerin. Auslagenerstattung findet nicht statt.

III. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf EUR 200.000,00 festgesetzt.

 

Gründe

I. Gegenstand des Verfahrens ist die Angemessenheit der Barabfindung nach Ausschluss der Minderheitsaktionäre im Rahmen eines sog. verschmelzungsrechtlichen Squeeze-Outs.

Die Antragsteller waren Aktionäre der ... (im Folgenden auch: ... oder die Gesellschaft), deren Grundkapital EUR 4.780.070,00 betrug, welches in 4.780.070 auf den Inhaber lautende Stückaktien eingeteilt war. Die Aktien wurden auf dem freien Markt der Frankfurter Wertpapierbörse gehandelt.

Der Unternehmensgegenstand der Gesellschaft lag in der Entwicklung und dem Vertrieb von Software einschließlich der Erbringung entsprechender Beratungsdienstleistungen in den Hauptbereichen der 3D-Software (im Wesentlichen Visualisierungssoftware ... mit den dazugehörigen Softwaremodulen) und des sog. Content & Services-Geschäfts, das sowohl den Bereich Visualisierungslösungen (Solution Geschäft) und den Bereich Computer Generated Imaging (CGI Geschäft) umfasst.

Am 05.12.2013 wurde bekannt gegeben, dass die Antragsgegnerin, die zum damaligen Zeitpunkt noch unter ... firmierte 84% der Anteile der ... erworben hat, wobei der dingliche Vollzug erst am 13.01.2014 erfolgte.

Daraufhin gab die Antragsgegnerin am 11.12.2013 ein freiwilliges öffentliches Übernahmeangebot der verbliebenen Aktien zu einem Angebotspreis von EUR 40,00 je Aktie ab.

Am 20.06.2014 gab die ... die Absicht eines verschmelzungsrechtlichen Squeeze-Outs der Minderheitsaktionäre bekannt. Der volumengewichtete Durchschnittskurs der Aktie belief sich in einem Zeitraum von drei Monaten vor dieser Bekanntgabe auf EUR 39,74 je Aktie.

Am 29.08.2014 schlossen die ... und die Antragsgegnerin sodann einen Verschmelzungsvertrag, durch den die ... ihr Vermögen als Ganzes mit allen Rechten und Pflichten unter Auflösung ohne Abwicklung auf die Antragsgegnerin übertragen sollte.

Die Hauptversammlung der ... beschloss am 17.10.2014, die Aktien der Minderheitsaktionäre gegen die Gewährung einer Barabfindung in Höhe von EUR 41,00 je Aktie auf die Antragsgegnerin zu übertragen. Der Beschluss über das Squeeze-Out wurde am 11.12.2014 in das Handelsregister der ... mit dem Vermerk eingetragen, dass die Übertragung erst mit Eintragung der Verschmelzung in das Handelsregister des Sitzes des übernehmenden Rechtsträgers, sprich der Antragsgegnerin, wirksam werde. Diese erfolgte am 15.12.2014.

Die von der Antragsgegnerin im Vorfeld der Hauptversammlung mit der Bewertung der ... beauftragte ... & ... (im Folgenden: die Bewerterin) ermittelte unter Anwendung der Ertragswertmethode einen Unternehmenswert von EUR 191,095 Mio. und damit bei einer maßgeblichen Anzahl von 4.766.407 außenstehenden Aktien einen Wert je Aktie von EUR 40,09. Ihre Ausführungen sind im Übertragungsbericht der Antragsgegnerin vom 03.09.2014 (Anl. AG 2) enthalten.

Dabei ging die Antragsgegnerin bzw. die Bewerterin von einer Detailplanungsphase 2014 - 2021, einer Konvergenzphase 2022 - 2025 und einer anschließenden ewigen Rente ab 2026 ff. aus. Sie setzte bei der Kapitalisierung der künftigen Überschüsse zunächst einen Basiszinssatz von 2,25% vor Steuern an. Der unter Anwendung des (Tax-)CAPM ermittelte Risikozuschlag wurde auf 5,26% nach Steuern festgesetzt und setzt sich aus einer Marktrisikoprämie in Höhe von 5,5% und einem aus einer Peer Group ermittelten Betafaktor in Höhe von 0,96 zusammen. Für die Phase der Ewigen Rente ging sie weiterhin von einem Risikoabschlag in Höhe von 1% aus. Sonderwerte wurden in Höhe von EUR 5,648 Mio. berücksichtigt.

Im Rahmen der Stichtagserklärung vom 17.10.2014 (Anl. AG 3) wurde zunächst der geplante Umsatz aufgrund geringerer IST-Zahlen im dritten Quartal 2014 nach unten korrigiert. Darüber hinaus wurde der Basiszins auf 2,0% vor Steuern und dementsprechend der Betafaktor auf 0,95 reduziert. Die Antragsgegnerin gelangte hierdurch zu einem Unternehmenswert von EUR 192,857 Mio. und einem Wert je Aktie von EUR 40,46. Auf die Höhe der festgelegten Abfindung von EUR 41,00 je Aktie hatt...

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