Leitsatz (amtlich)

Zu den erstattungsfähigen Kosten können auch Testkaufkosten gehören, wenn sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig waren, insb. wenn für die Bestimmtheit der Antragstellung die Darstellung der gekauften Gegenstände notwendig, ist.

Erfolgt ein konkreter Testkauf vor außergerichtlichen Versuchen, zu einer Einigung zu kommen (Abmahnung etc.), nimmt ihm dies nicht die Eigenschaft einer Vorbereitungshandlung, solange nicht Kosten für eine allgemeine Marktbeobachtung verlangt werden.

 

Verfahrensgang

LG München I (Beschluss vom 22.01.2004; Aktenzeichen 33 O 16693/03)

 

Tenor

I. Auf die Beschwerde wird der Beschluss des LG München I vom 22.1.2004 dahingehend abgeändert, dass die von der Antragsgegnerin an die Antragstellerin zu erstattenden Kosten auf 1.676,10 Euro festgesetzt werden.

II. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III. Der Beschwerdewert beträgt 60 Euro.

 

Gründe

I. Die Antragstellerin nahm die Antragsgegnerin auf Unterlassung, ein bestimmtes Muster auf Taschen zu verwenden, in Anspruch. Das LG hat der Antragsgegnerin dies mit einstweiliger Verfügung verboten und ihr die Kosten auferlegt.

Die Antragstellerin hat Kostenfestsetzung beantragt und dabei als unmittelbar notwendige prozessbezogene Vorbereitungskosten 60 Euro für einen Testkauf geltend gemacht. Als Beleg dafür hat sie die Rechnung des Testkäufers mit folgenden Posten Testkauf (29,95 Euro), Fahrkosten (22 Euro), Zeitaufwand (30 Euro) und Versand (10 Euro) vorgelegt. Dazu ist ausgeführt, der Testkauf sei zu Beweissicherungszwecken notwendig gewesen, um der Antragsgegnerin den Vertrieb nachweisen zu können. Ohne dies hätte sie später in erhebliche Beweisnot kommen können.

Die Antragsgegnerin ist der Ansicht, die Testkaufkosten seien Kosten eigener Rechtsverfolgung und als solche nicht erstattungsfähig. Photographien hätten zusammen mit der Aussage des Testkäufers den gleichen Zweck erfüllt.

Mit Beschluss vom 22.1.2004 hat das LG die zu erstattenden Kosten festgesetzt und dabei die Testkaufkosten mangels unmittelbarer Prozessbezogenheit nicht zugesprochen. Die Antragstellerin habe die Antragsgegnerin nach dem Testkauf zunächst abgemahnt.

Insoweit hat die Antragstellerin am 10.2.2004 Beschwerde eingelegt und ausgeführt, Abmahnungen sollten Anerkenntnisurteile vermeiden. Der Testkauf diene aber dem Prozess.

Im Übrigen wird auf die von den Parteien eingereichten Schriftsätze Bezug genommen.

Das LG hat der Beschwerde mit Beschluss vom 12.2.2004 nicht abgeholfen.

II. Die zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg.

Zu den erstattungsfähigen Kosten gehören im Streitfall auch die Testkaufkosten der Antragstellerin. Die Kostentragungspflicht nach § 91 Abs. 1 ZPO umfasst neben den reinen Prozesskosten, wie den Gebühren und Auslagen nach dem GKG bzw. BRAGO, auch Vorbereitungskosten, die eine Partei vor- oder außerprozessual in Bezug auf einen möglichen oder geführten Rechtsstreit aufgewendet hat. Sie sind erstattungsfähig, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig waren und eine verständige Partei sie bei der konkreten prozessualen Situation als sachdienlich ansehen musste; notwendig sind vor allem Kosten, ohne die die zweckentsprechenden Maßnahmen nicht getroffen werden können. Um einen Nachweis für eine Verletzungshandlung erbringen zu können, war hier bei objektiver Betrachtung aus der Sicht der Antragstellerin der Erwerb eine Tasche mit dem beanstandeten Muster erforderlich, denn die Darstellung des Musters war für die Antragstellung notwendig, insb. für deren Bestimmtheit.

Dass der Testkauf vor den außergerichtlichen Versuchen, zu einer Lösung zu kommen (Abmahnung etc.) erfolgt ist, nimmt ihm nicht die Eigenschaft einer Vorbereitungshandlung. Die Antragstellerin hat nicht etwa Kosten für eine allgemeine Marktbeobachtung auf die Antragsgegnerin umgelegt, sondern einen gezielten Testkauf in Auftrag gegeben und dessen Kosten in Ansatz gebracht. Nachdem Abmahnungen schon deshalb erforderlich sind, um der Kostenfolge des § 93 ZPO zu entgehen, können die Vorbereitungskosten nicht auf zwei verschiedene Zeiträume aufgeteilt werden. Es ist einer in ihren Kennzeichnungsrechten verletzten Partei auch nicht zuzumuten, sich erst nach erfolgloser Abmahnung die Nachweise für eine Verletzung zu besorgen. Dies würde insb. dann zu Beweisnot führen, wenn der abgemahnte Gegner zwar keine Unterlassungserklärung abgibt, aber die verletzenden Gegenstände aus dem Verkehr zieht.

An der Angemessenheit der von der Antragstellerin verlangten Beträge besteht kein Zweifel. Dass weniger kostenaufwändige Beweismöglichkeiten bestanden haben sollen, ist nicht nachvollziehbar, zumal die Antragstellerin keine Photographiekosten geltend gemacht hat und zum Photographieren – wenn dieses im Laden der Antragsgegnerin überhaupt möglich gewesen wäre – der gleiche Zeitaufwand und die gleichen Fahrtkosten notwendig gewesen wären, wie für den Testkauf.

Der reine Warenkauf wäre zwar ohne Umsatzsteuer zu berechnen, da die Antragstellerin of...

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