Leitsatz (amtlich)

1. Nehmen Wohnungseigentümer eine erforderliche Instandhaltungs- oder Instandsetzungsmaßnahme am gemeinschaftlichen Eigentum nicht rechtzeitig oder überhaupt nicht vor, so können sie dem einzelnen Wohnungseigentümer, der durch die Pflichtverletzung einen Schaden erlitten hat, zum Schadensersatz verpflichtet sein. Voraussetzung für einen Schadensersatzanspruch ist stets ein Verschulden der in Anspruch genommenen Wohnungseigentümer.

2. Das Vorliegen bestandskräftiger Eigentümerbeschlüsse, die eine beschlossene Gesamtsanierung aufschieben oder durch eine eingeschränkte Maßnahme ersetzen, schließt einen Schadensersatzanspruch wegen verzögerter oder unterlassener Instandsetzung nicht grundsätzlich aus.

 

Normenkette

BGB § 280 Abs. 1, § 286 Abs. 1; WEG § 21 Abs. 4, 5 Nr. 2

 

Verfahrensgang

LG München I (Beschluss vom 18.07.2008; Aktenzeichen 1 T 14234/05)

AG München (Aktenzeichen 482 UR II 1113/01 WEG)

 

Tenor

I. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des LG München I vom 18.7.2008 wird zurückgewiesen mit der Maßgabe, dass die Geschäftswertfestsetzung in Ziff. IV des Beschlusses auf 43.545,71 EUR abgeändert wird.

II. Die Antragsteller tragen die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Antragsgegner.

III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 132.089,18 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Antragsteller und die Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage, die von der Streitverkündeten verwaltet wird. Die Antragsteller sind Sondereigentümer der Wohnung Nr. 6 und eines in der Teilungserklärung vom 28.11.1967 so bezeichneten Dachgeschossraumes mit der Nr. 9. Letzterer wurde von den Antragstellern im Jahr 1973 mit Zustimmung des damaligen Verwalters und Mehrheitseigentümers ausgebaut.

Nachdem das Dach des Anwesens undicht war, wurden in der Zeit vom 4.6.1997 bis zuletzt 12.1.2006 unterschiedliche Eigentümerbeschlüsse zu einer Sanierung gefasst, die sämtlich unangefochten blieben. Nach der Durchführung einiger Einzelmaßnahmen haben die Antragsteller ihren ursprünglich gestellten Verpflichtungsantrag zur Ausführung von Sanierungsarbeiten in der ersten Instanz für erledigt erklärt und noch beantragt, die Antragsgegner zur Zahlung von Schadensersatz wegen der Unvermietbarkeit der Sondereigentumseinheiten seit 1.3.1999 bis 31.8.2001 und Kostenerstattung für die Erholung von Angeboten i.H.v. insgesamt 43.545,71 EUR zu verpflichten. Mit Schriftsatz vom 21.12.2003 haben die Antragsteller der Verwalterin den Streit verkündet. Diese ist dem Verfahren nicht beigetreten.

Das AG hat mit Beschluss vom 17.6.2005 den Zahlungsantrag abgewiesen. Hiergegen haben die Antragsteller Rechtsmittel eingelegt und ihren Zahlungsantrag auf 132.089,72 EUR wegen Mietausfalls für den Zeitraum vom 1.1.1998 bis 31.10.2005 erweitert. Der Antrag auf Kostenerstattung wurde nicht weiter verfolgt. Mit Beschluss vom 18.7.2008 hat das LG die sofortige Beschwerde der Antragsteller zurückgewiesen und lediglich die Kosten- und Geschäftswertentscheidung des AG abgeändert. Mit ihrer sofortigen weiteren Beschwerde verfolgen die Antragsteller weiter ihren Zahlungsantrag.

Wegen der Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss des LG Bezug genommen.

II. Die zulässige sofortige weitere Beschwerde ist unbegründet. Es war lediglich die Geschäftswertfestsetzung für das Verfahren vor dem AG, die auf einem Schreibfehler beruhte, abzuändern.

1. Das LG hat im Wesentlichen ausgeführt:

Bezüglich der Einheit Nr. 6 scheide ein möglicher Schadensersatzanspruch wegen Verletzung der Pflichten aus dem Gemeinschaftsverhältnis schon deshalb aus, weil diese durch die Undichtigkeiten im Dach nicht beeinträchtigt gewesen sei. Auch die Tatsache, dass eventuell nachträglich Versorgungsleitungen für die Einheit Nr. 9 durch die Einheit Nr. 6 hätten verlegt werden müssen, habe deren Vermietung ebenso wenig gehindert wie der Antrag auf Rückbau des Dachgeschosses.

Im Übrigen fehle es für eine Schadensersatzverpflichtung der Antragsgegner bereits an einer Pflichtverletzung. Am 4.6.1997 sei bestandskräftig eine komplette Dachsanierung, am 27.5.1998 die Kostenverteilung hierfür beschlossen worden. Damit seien die Wohnungseigentümer zunächst ihrer Verpflichtung zur Durchführung von Sanierungsmaßnahmen nachgekommen. Die genannten Sanierungsbeschlüsse seien dann zwar durch die bestandskräftige Beschlussfassung vom 20.7.2001, wonach ein selbständiges Beweissicherungsverfahren durchgeführt werden sollte, suspendiert worden, doch führe dies nicht zu einer Schadensersatzverpflichtung der Antragsgegner, da es die Antragsteller unterlassen hätten, diesen Beschluss anzufechten und deshalb an ihn gebunden seien. Gleiches gelte für den bestandskräftigen Beschluss vom 28.3.2003, in welchem der Sanierungsbeschluss von 1997 aufgehoben wurde.

2. Die Entscheidung des LG hält der rechtlichen Nachprüfung (§ 27 Abs. 1 Satz 2 FGG, § 546 ZPO) im Ergebnis stand. Das LG ist allerdings zu Unrecht davon ausge...

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