Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Wirksamkeit einer Verfügung des Testamentsvollstreckers

 

Leitsatz (amtlich)

Zwar kann der Testamentsvollstrecker Verbindlichkeiten für den Nachlass wirksam nur eingehen, soweit dies zur ordnungsmäßigen Verwaltung erforderlich ist. Dies gilt aber dann nicht, wenn der Testamentsvollstrecker eine Verbindlichkeit zu einer Verfügung über einen Nachlassgegenstand eingeht, zu der er berechtigt ist. Insoweit ist dessen Vertretungsmacht nicht auf solche Geschäfte beschränkt, die zur ordnungsmäßigen Verwaltung des Nachlasses erforderlich sind. Verfügt der Testamentsvollstrecker - wozu er berechtigt ist - entgeltlich über Nachlassgegenstände, ist diese Verfügung regelmäßig nicht rechtsgrundlos.

 

Normenkette

BGB §§ 2205, 2206 Abs. 1 S. 1

 

Verfahrensgang

AG München (Beschluss vom 18.03.2014)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1 bis 3 wird der Beschluss des AG - Grundbuchamt - München vom 18.3.2014 aufgehoben. Das Grundbuchamt wird angewiesen, den Eintragungsantrag nicht aus den Gründen des aufgehobenen Beschlusses zurückzuweisen.

 

Gründe

I. Der Beteiligte zu 1 als Testamentsvollstrecker über den Nachlass der am 7.5.2012 verstorbenen Erika G. verkaufte mit notariellem Vertrag vom 6.11.2012 Wohnungs- und Teileigentum an die Beteiligten zu 2 und 3 je zur Hälfte. Die Vertragsparteien erklärten die Auflassung und vereinbarten, dass der Kaufpreis auf das Konto des als Vermächtnisnehmer bezeichneten Andreas Prinz S. zu überweisen sei. Die Beteiligten wiesen den Notar an, die Eigentumsumschreibung erst zu veranlassen, nachdem der Vermächtnisnehmer den Eingang des geschuldeten Betrages originalschriftlich bestätigt hat. Zur selben Urkunde hatte der Vermächtnisnehmer den Beteiligten zu 2 und 3 seinen Sachvermächtnisanspruch auf Erwerb des Wohnungseigentums abgetreten. Der Testamentsvollstrecker sollte jedoch die Veräußerung des Grundbesitzes (als Immobilien- und nicht als Anspruchsverkauf) unmittelbar an die Käufer vornehmen.

Die im Kaufvertrag vom 6.11.2012 bewilligte Eigentumsvormerkung wurde am 28.11.2012 im Grundbuch eingetragen.

Mit dem Vermächtnis hat es folgende Bewandtnis:

Die Erblasserin hatte bereits eine Reihe von Testamenten errichtet. Im Jahre 2011 traf sie u.a. folgende letztwilligen Verfügungen:

In einem unter dem 1.6.2011 errichteten handschriftlichen Testament wandte sie u.a. Andreas Prinz S. ihre Eigentumswohnung zu. Beigefügt war eine mit "Vermächtnis" überschriebene weitere Verfügung. Darin wurden gemeinnützige Organisationen mit Vermögenszuwendungen bedacht, außerdem alle früheren Vermächtnisse widerrufen.

In einem weiteren, mit dieser Verfügung wörtlich übereinstimmenden handschriftlichen Testament mit Datum vom 27.7.2011, das über einen der darin bedachten Vermächtnisnehmer dem Nachlassgericht vorgelegt wurde, widerrief die Erblasserin wiederum "vollumfänglich" alle vorangegangenen Vermächtnisse.

Den Antrag des Notars, die Beteiligten zu 2 und 3 als Eigentümer im Grundbuch einzutragen, hat das Grundbuchamt mit Beschluss vom 18.7.2013 zurückgewiesen, nachdem der Senat einer Beschwerde gegen die Zwischenverfügung, mit der Frist zur Vorlage u.a. der Zustimmung der Erbin gesetzt worden war, nicht stattgegeben hatte; insoweit wird auf den Beschluss des Senats vom 5.7.2013 (Az.: 34 Wx 191/13 = MittBayNot 2014, 69 mit zust. Anm. Keim) Bezug genommen. Den Entscheidungen lag jeweils zugrunde, dass die Gegenleistung aus der Grundstücksveräußerung nicht dem Nachlass, sondern einem Vermächtnisnehmer zufließen sollte, an dessen wirksamer Einsetzung - und damit an der Entgeltlichkeit - Zweifel bestanden.

Daraufhin änderten die damaligen Vertragsparteien mit Nachtrag vom 20.8.2013 den Vertrag vom 6.11.2012 ab. Der in der Vorurkunde als Vermächtnisnehmer bezeichnete Andreas Prinz S. verpflichtete sich, den erhaltenen Kaufpreis ohne Abzüge auf das Nachlassanderkonto des Testamentsvollstreckers zu überweisen. Die Beteiligten erklärten erneut die Auflassung. Sie bevollmächtigten den Notar, die Eintragung zu bewilligen und zu beantragen, und wiesen ihn an, die Umschreibung erst zu veranlassen, nachdem der Testamentsvollstrecker für den Nachlass den Eingang des geschuldeten Betrages bestätigt oder der als solcher bezeichnete Vermächtnisnehmer die Zahlung des Kaufpreises auf das Nachlasskonto bankbestätigt nachgewiesen hat.

Unter anderem mit Schreiben vom 22.10.2013 und 5.11.2013 hat der Notar gem. § 15 GBO und aufgrund der in der Vertragsurkunde erteilten Vollmacht erneut die Eintragung der Beteiligten zu 2 und 3 als Eigentümer beantragt. Mit Beschluss vom 18.3.2014 hat das Grundbuchamt nach Anhörung der Erbin, der Beteiligten zu 4, diese Eintragungsanträge zurückgewiesen und die Entscheidung damit begründet, dass der Kaufvertrag vom 6.11.2012 zu seiner Wirksamkeit der formgerechten Zustimmung der Erbin bedürfe. Die Zustimmung sei nicht vorgelegt worden. An dem Zustimmungserfordernis ändere auch der Nachtrag vom 20.8.2013 nichts. Zwar sei darin vereinbart, dass der Kaufpreis dem Nachlass zugute komme...

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