Entscheidungsstichwort (Thema)

Anwendbarkeit der Hausratsverordnung. Nutzungsentschädigung für den Eigentümer der Wohnung

 

Leitsatz (amtlich)

Anwendbarkeit der HausratsVO auch zur Bestimmung der nachehelichen Nutzungsentschädigung bei freiwilligem Auszug.

 

Normenkette

BGB § 745 Abs. 2, § 1361b; HausrVO § 2; HausrVO § 3

 

Verfahrensgang

LG Starnberg (Urteil vom 23.08.2006; Aktenzeichen 2 F 66/06)

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Antragsgegners wird das Endurteil des AG - FamG - Starnberg vom 23.8.2006 dahingehend abgeändert, dass der Antragsgegner verpflichtet wird, an die Antragstellerin eine rückständige Nutzungsentschädigung für die Monate Januar bis Dezember 2005 i.H.v. 5.600 EUR zzgl. Zinsen i.H.v. 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit 8.3.2006 und für die Monate Januar 2006 bis einschließlich März 2007 i.H.v. 9.000 EUR zu bezahlen.

2. Im Übrigen wird die Berufung des Antragsgegners zurückgewiesen.

3. Die Gerichtskosten beider Instanzen trägt der Antragsgegner; die außergerichtlichen Kosten der Parteien werden gegeneinander aufgehoben.

4. Der Geschäftswert wird auf 16.600 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Antragstellerin nimmt den Antragsgegner auf laufende und rückständige Nutzungsentschädigung für die Zeit des Getrenntlebens und die Zeit nach Rechtskraft der Ehescheidung in Anspruch.

Die Parteien sind durch Endurteil des AG Starnberg vom 2.8.2005 rechtskräftig geschieden. Aus dem im Miteigentum der Parteien stehenden Anwesen ... zog die Antragstellerin am 1.8.2004 freiwillig aus. Der Antragsgegner verblieb in der Ehewohnung und bewohnt das Anwesen seither ohne die Antragstellerin. Mit notarieller Urkunde vom 3.7.2006 übertrug der Antragsgegner seinen ideellen Miteigentumsanteil an der Ehewohnung an den gemeinsamen Sohn der Parteien, ..., gegen Einräumung eines ausschließlichen und unentgeltlichen Nutzungsrechts auf Lebenszeit. Im April 2007 übertrug die Antragstellerin ihren ideellen Miteigentumsanteil ebenfalls an den gemeinsamen Sohn gegen Zahlung eines Kaufpreises von 180.000 EUR.

Unterhaltsansprüche macht keine der Parteien geltend. Die Antragstellerin lebt in einer Mietwohnung und erzielt aus nicht selbständiger Tätigkeit ein Monatsnettoeinkommen von 900 EUR. Der Antragsgegner erhält eine Rente wegen geminderter Erwerbsfähigkeit i.H.v. monatlich 573,53 EUR. Im Jahre 2001 erhielt der Antragsgegner von seinem Arbeitgeber eine Abfindung i.H.v. 60.000 EUR. Außerdem ließ er sich seine Betriebsrente i.H.v. 40.000 EUR auszahlen.

Die Antragstellerin verlangt vom Antragsgegner vom Zeitpunkt des Auszugs Anfang September 2004 bis zur Rechtskraft der Ehescheidung Anfang August 2005 eine monatliche Nutzungsentschädigung von 450 EUR, für die Zeit ab Rechtskraft der Ehescheidung eine solche von monatlich 700 EUR. Das AG - FamG - Starnberg, an das der Rechtsstreit mit Beschluss des LG München vom 31.1.2006 verwiesen worden war, ordnete schriftliches Vorverfahren gem. § 276 ZPO an. Mit Endurteil vom 23.8.2006 verurteilte das AG den Antragsgegner zur Zahlung einer Nutzungsentschädigung für die Monate September 2004 bis einschließlich Dezember 2005 i.H.v. 8.200 EUR zzgl. Zinsen und ab 1.1.2006 zu einer solchen von monatlich 700 EUR. Zur Begründung führte es aus, die Antragstellerin habe gegen den Antragsgegner für die Trennungszeit Anspruch auf Nutzungsentschädigung gem. § 1361b BGB und für die Zeit ab Rechtskraft der Ehescheidung Anspruch gem. den §§ 2, 3 HausratsVO. Die genannten spezialgesetzlichen Vorschriften seien ggü. der Regelung aus § 745 Abs. 2 BGB vorrangig.

Gegen diese dem Antragsgegner am 24.8.2006 zugestellte Entscheidung beantragte er mit Schriftsatz vom 22.9.2006, eingegangen bei Gericht am selben Tage, Prozesskostenhilfe zur Durchführung einer Berufung. Nach Gewährung der Prozesskostenhilfe durch Beschluss des OLG München vom 7.11.2006 legte er mit Schriftsatz vom 20.11.2006 "Berufung" ein. Zur Begründung trug der Antragsgegner vor, das AG habe rechtsfehlerhaft die Vorschriften des § 1361b BGB und der §§ 2, 3 HausratsVO als Anspruchsgrundlagen für eine Nutzungsentschädigung der Antragstellerin herangezogen. Tatsächlich seien aber die Normen der §§ 745 ff. BGB anzuwenden. Danach liege ein Anspruch auf Zahlung einer Nutzungsentschädigung für die Antragstellerin nicht vor, da die Antragstellerin zum einen die Ehewohnung noch gar nicht vollständig geräumt habe und sich die Parteien auf einen Verkauf der Immobilie geeinigt hätten. Der Antragsgegner habe sich daher zu keinem Zeitpunkt darauf einstellen können, auf Dauer im Anwesen leben zu bleiben.

Die Entscheidung des AG über die Höhe des Nutzungsentgelts sei ebenfalls rechtsfehlerhaft. Das AG habe willkürlich den Mietwert auf 1.400 EUR geschätzt. Dieser Teil sei weit überhöht. Da der Antragsgegner nur einen Teil der Ehewohnung tatsächlich nutze, stünde der Antragstellerin lediglich ein Nutzungsentgelt von 150 EUR zu.

Auch dieser Betrag sei aus Billigkeitsgründen nicht zuzusprechen, da der Antragsgegner im Jahre 2001 aus Mitteln seiner erhaltenen Abfindung bei Ausscheiden ...

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