Entscheidungsstichwort (Thema)

Abgrenzung des Parteischiedsgerichts einer politischen Partei von einem Schiedsgericht im zivilprozessualen Sinne

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Abgrenzung des Parteischiedsgerichts einer politischen Partei von einem Schiedsgericht im zivilprozessualen Sinne.

 

Normenkette

GG Art. 21; PartG § 14; ZPO §§ 1036, 1037 Abs. 3, § 1062 Abs. 1 Nr. 1, §§ 1066, § 1025 ff.

 

Tenor

I. Der Antrag, die Ablehnung der Schiedsrichter des Landesschiedsgerichts... Landesverband Bayern -..., Dr... und... unter Aufhebung der Beschlüsse vom 8.7.2016 wegen Besorgnis der Befangenheit für begründet zu erklären, wird verworfen.

II. Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsteller.

III. Der Streitwert des Verfahrens wird auf 5.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I.1. Zwischen dem in E. (Freistaat Bayern) wohnhaften Antragsteller, einem Mitglied der... (...) und dem Kreisvorstand des Kreisverbands E. bestehen erhebliche Differenzen.

Mit Anwaltsschriftsatz vom 18.3.2016 hat der Antragsteller bei dem auf der Ebene des Landesverbands Bayern gebildeten Landesschiedsgericht beantragt, den Antragsgegner zu 1 aus der Partei auszuschließen, hilfsweise Ordnungsmaßnahmen gegen ihn zu verhängen. Weiterhin beantragte er, den Antragsgegner zu 2 (Kreisvorstand des Kreisverbandes) aufzulösen. Mit Schriftsätzen vom 5.7.2016 hat der Antragsteller den Vorsitzenden des Landesschiedsgerichts sowie die Beisitzer wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Diese und die weiteren in der mündlichen Verhandlung vom 8.7.2016 gestellten Befangenheitsanträge hat das in Bayern tagende Landesschiedsgericht zurückgewiesen.

2. Das Statut der Bundespartei bestimmt in § 24 Abs. 1:

Nach näherer Maßgabe der Schiedsgerichtsordnung werden Parteischiedsgerichte eingerichtet.

Die Schiedsgerichtsordnung (nachfolgend: SchGO) ist gemäß § 28 Abs. 3 des Statuts Bestandteil der Bundessatzung.

In Übereinstimmung hiermit regelt § 18 der Landessatzung der ... Bayern (Satzung des Gebietsverbands - Landesverbands - der... im Gebiet des Freistaats Bayern):

Es wird ein Landesschiedsgericht gebildet. Es gilt die Bundesschiedsgerichtsordnung der...

Nach § 1 SchGO (in der Fassung vom 4.5.2013) sind die Schiedsgerichte der ... (...).. Schiedsgerichte im Sinne des Parteiengesetzes. Sie nehmen die ihnen durch das Parteiengesetz sowie durch die Satzungen und zugehörigen Ordnungen der.... und ihrer Gebietsverbände übertragenen Aufgaben wahr.

Gemäß § 9 Abs. 1 Nrn. 2 und 3 Buchst. a sind die auf Landesebene eingerichteten, so bezeichneten Schiedsgerichte (§ 2) - Landesschiedsgerichte - zuständig (u.a.) für die Entscheidung über Ordnungsmaßnahmen gegen Mitglieder des Landesverbands sowie in sonstigen Streitigkeiten zwischen dem Landesverband oder einem ihm angehörigen Gebietsverband und einzelnen Mitgliedern. Die als Schiedsrichter bezeichneten Mitglieder der Schiedsgerichte (vgl. § 3) werden für eine Amtszeit von vier Jahren (§ 3 Abs. 4) vom Landesparteitag gewählt (§ 4 Abs. 1 Satz 2), müssen Mitglieder der Partei sein, sind jedoch unabhängig und an Weisungen nicht gebunden (§ 3 Abs. 1). Die Zusammensetzung des jeweiligen Spruchkörpers richtet sich nach einem Geschäftsverteilungsplan (§ 6). Im Verfahren vor dem Schiedsgericht sind das Recht auf Hinzuziehung eines Beistands oder Verfahrensbevollmächtigten (§ 17) und der Anspruch auf rechtliches Gehör (§ 20) garantiert. Gegen Entscheidungen des Landesschiedsgerichts ist die Beschwerde an das Bundesschiedsgericht zulässig (§ 22).

Gemäß § 2 Abs. 5 gilt für die Ablehnung eines Schiedsrichters wegen Besorgnis der Befangenheit ... die Zivilprozessordnung.

Allgemein bestimmt § 30 - Ergänzende Vorschriften:

Soweit diese Schiedsgerichtsordnung nichts anderes bestimmt, sind die Zivilprozessordnung und das Gerichtsverfassungsgesetz entsprechend anzuwenden.

3. Beim Oberlandesgericht München hat der Antragsteller am 8.9.2016 den Antrag gestellt, die namentlich bezeichneten Schiedsrichter des Landesschiedsgerichts unter Aufhebung der Beschlüsse vom 8.7.2016 wegen Besorgnis der Befangenheit "abzulehnen".

Er meint, einen Anspruch auf eine gerichtliche Entscheidung über die aus seiner Sicht begründete Besorgnis der Befangenheit zu haben, weil das Landesschiedsgericht ein echtes Schiedsgericht sei und selbst von der Anwendbarkeit des § 1037 ZPO ausgehe. Ersteres ergebe sich aus dem Generalverweis in § 30 SchGO, letzteres aus der Behandlung der Befangenheitsanträge durch das Landesschiedsgericht.

II. Der Antrag, die drei Schiedsrichter wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen (§§ 1036, 1037 ZPO), hat keinen Erfolg.

1. Die Zuständigkeit des Senats für die Entscheidung über den zur Einleitung eines schiedsrichterlichen Verfahrens nach dem 10. Buch der ZPO gestellten Antrag ergibt sich aus §§ 1025, 1062 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 und Abs. 5 ZPO i.V.m. § 7 GZVJu vom 11.6.2012 (GVBl S. 295).

2. Der Antrag ist unzulässig; bei dem Parteischiedsgericht handelt es sich um kein Schiedsgericht im Sinne der §§ 1025 ff. ZPO, das an die Stelle der staatlichen Gerichte tritt.

a) Zwar können poli...

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