Leitsatz (amtlich)

Wirksames Zustandekommen einer Schiedsvereinbarung durch Einbeziehung Allgemeiner Geschäftsbedingungen in Handelskontrakten des internationalen Warengeschäfts sowie Bestimmbarkeit des vereinbarten Schiedsgerichts durch Auslegung der Schiedsklausel ("arbitration of seller").

 

Normenkette

CISG Art. 8; ZPO §§ 1031, 1032 Abs. 2, § 1062 Abs. 2 Nr. 2

 

Tenor

I. Der Antrag auf Feststellung der Unzulässigkeit des von der Antragsgegnerin am 7. Oktober 2016 vor dem Schiedsgericht der Produktenbörse XXX eingeleiteten Verfahrens (Az: B 243/16) wird zurückgewiesen.

II. Der Streitwert des Verfahrens wird auf 134.775 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Antragstellerin, eine Sociedad de responsabilidad limitada (S.L.) mit Sitz in xxx, verlangt die Feststellung der Unzulässigkeit eines von der Antragsgegnerin, einer bayerischen Handelsgesellschaft mit beschränkter Haftung, beim Schiedsgericht der Produktenbörse xxx. eingeleiteten Schiedsverfahrens.

1. Die Parteien handeln mit Biodinkel. Zwischen ihnen bestehen Geschäftsbeziehungen seit 2011.

Mit ihrer zum Schiedsgericht erhobenen Klage vom 7.10.2016 begehrt die Antragsgegnerin die Verurteilung der Antragstellerin zur Zahlung von gesamt 404.327,18 EUR zuzüglich Fälligkeitszinsen wegen Nichterfüllung der Abnahmepflicht aus zwei Kontrakten über Biodinkelkerne (Kontrakt-Nrn. xxxx und xxxx). Sie bezieht sich hierfür auf zwei schriftliche Dokumente im Umfang von jeweils einer Seite im Format DIN A4. Die als Formulare gestalteten Vorlagen tragen als Kopfzeile den Namen der Antragsgegnerin und unterhalb von Absender- sowie Empfängeradresse die Überschrift "Verkaufskontrakt" nebst Angaben zu dessen Gültigkeitsdauer.

In den formularmäßig hierfür vorgesehenen Positionen sind sodann die Antragsgegnerin (als "Verkäufer/seller") und die Antragstellerin (als "Käufer/buyer") eingetragen. Darunter befinden sich unter der Überschrift "Ihr Kontrakt/Order", folgende Bestimmungen:

Zahlung/Payment: ... Lieferbedingung: Abholung nach Anmeldung in xxx ... Parität/destination: frei LKW des Käufers

Kontrakt/contract: Es gelten die Einheitsbedingungen im Deutschen Getreidehandel nach der neuesten Fassung. Gerichtsstand: Schiedsgericht des Verkäufers / Arbitration of seller Bes.Kond/spec.cond.: ...

Im Anschluss sind als "Kontraktpositionen" Art, Menge und Preis der Ware genannt.

Darunter ist jeweils der Satz vorgedruckt:

"Thank you for your order, please send it signed back."

Nach Anbringung ihres Stempels und ihrer Unterschrift in dem hierfür nachfolgend freigelassenen Raum hat die Antragstellerin die ihr gemäß Faxzeile je am 26.2.2015 per Fax unterbreiteten Angebote am Folgetag, dem 27.2.2015, ohne sonstige Zusätze per Fax zurückgesandt.

§ 1 ("Schiedsgericht") der - weder zusammen mit den Angeboten noch sonst im Verlauf der Vertragsbeziehung der Antragstellerin überlassenen - Einheitsbedingungen im Deutschen Getreidehandel in der seit 1.4.2007 geltenden Fassung lautet:

1. Alle Streitigkeiten, die aus den in der Einleitung genannten Geschäften sowie aus weiteren damit in Zusammenhang getroffenen Vereinbarungen entstehen, werden unter Ausschluss des ordentlichen Rechtswegs durch ein bei einer deutschen Getreide- und Produktenbörse (Warenbörse bzw. Börsenverein) eingerichtetes Schiedsgericht entschieden. 2. ... 3. Zuständig ist das Schiedsgericht, das zwischen den Parteien vereinbart ist. Ist keine Vereinbarung getroffen, so gilt folgendes: a) falls die Parteien derselben Getreide- und Produktenbörse (Warenbörse bzw. Börsenverein) angehören, ist das Schiedsgericht dieser Institution zuständig b) falls die Parteien mehreren Getreide- und Produktenbörsen (Warenbörsen bzw. Börsenvereinen) angehören, hat der Verkäufer das Recht, das Schiedsgericht einer dieser Institutionen zu bestimmen; c) in allen übrigen Fällen steht dem Verkäufer das Recht der Bestimmung des Schiedsgerichts einer Getreide- und Produktenbörse (Warenbörse bzw. Börsenvereins) zu. Unterlässt der Verkäufer auf Aufforderung des Käufers innerhalb dreier Geschäftstage die Bestimmung des Schiedsgerichts nach Abs. 3 Buchstabe b) oder c), so geht das Recht der Bestimmung auf den Käufer über. Übt der Käufer dieses Recht nicht innerhalb dreier Geschäftstage aus, so tritt der vorhergehende Zustand wieder ein. 4. ... (Schiedsgerichtsordnung) 5. ... (entsprechende Anwendung für bestimmte Streitigkeiten).

In der Schiedsgerichtsordnung (künftig: SchGO) ist (auszugsweise) Folgendes geregelt:

§ 2 Zusammensetzung des Schiedsgerichts

(1) Das Schiedsgericht entscheidet in der Besetzung von drei Schiedsrichtern, die aus den bei der Börse oder dem Verein aufgestellten Schiedsrichterlisten entnommen werden müssen oder Inhaber ... von Unternehmen, die entweder die Erzeugung, den Handel, die Verarbeitung oder die Vermittlung von Agrarprodukten Betreiben. Weiterhin können Schiedsrichter auch Personen sein, die nachweislich bei einer anderen deutschen Waren- und Produktenbörse als Schiedsrichter auf einer Schiedsrichterliste geführt werden.

(2) Jede Partei ernennt einen Sc...

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