Leitsatz (amtlich)

Der Bestimmtheitsgrundsatz steht der Eintragung einer nach § 288 Abs. 1 BGB variabel verzinslichen, vertraglichen Grundschuld nicht entgegen (wie BGH v. 26.1.2006 - V ZB 143/05, NJW 2006, 1341).

 

Normenkette

BGB §§ 288, 1191-1192

 

Verfahrensgang

AG Lindau (Bodensee) (Aktenzeichen Gestratz Blatt 747-14)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Beteiligten wird die Zwischenverfügung des AG Lindau (Bodensee) - Grundbuchamt - vom 18.1.2011 aufgehoben.

 

Gründe

I. Mit notariell beglaubigter Urkunde vom 8.10.2010 hat der Beteiligte zu Lasten seines Grundstücks eine Buchgrundschuld im Betrag von 50.000 EUR bestellt, u.a. verzinslich vom Tag der Eintragung an jährlich mit 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszins. Er hat die Eintragung dieser Grundschuld ins Grundbuch bewilligt und beantragt. Mit Zwischenverfügung vom 18.1.2011 hat ihm das Grundbuchamt Frist zur Angabe eines Höchstzinssatzes in grundbuchtauglicher Form gesetzt.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Beteiligten, der das Grundbuchamt mit folgender Begründung nicht abgeholfen hat: Der BGH habe zwar in seiner Entscheidung vom 26.1.2006 (NJW 2006, 1341) ausgeführt, dass der Bestimmtheitsgrundsatz durch den Verzicht auf die Eintragung eines Höchstzinssatzes nicht gefährdet und mit Änderung des § 288 Abs. 1 BGB die neue Praxis vom Gesetzgeber auch so gewollt sei. Dementsprechend genüge die Bezugnahme auf einen variablen Zinssatz. Der Bestimmtheitsgrundsatz könne aber auf diese Weise nicht gewahrt werden. Ein Immobilienannuitätendarlehen sei in der Regel auf eine Laufzeit von 20 bis 30 Jahren angelegt. Für den nachrangigen Grundpfandrechtsgläubiger sei über diesen Zeitraum nicht zu berechnen, welcher Schuldbetrag ihm vorgehe. So sei derzeit der Basiszinssatz zwar sehr niedrig, er könne bei Anziehen der Inflation sich aber auch zwischen 10 % und 20 % bewegen. Gläubiger würden vermutlich, um sich abzusichern, intern einen so hohen "Höchstzinssatz" ansetzen, um in ihrer Berechnung auf der kaufmännisch sicheren Seite zu sein. Dementsprechend würden die Kunden eine höhere Verzinsung in Kauf nehmen müssen. Dies könne nicht im Interesse des Verbrauchers sein.

Der Rechtsprechung könne auch nicht darin gefolgt werden, dass durch einen Vermerk bezüglich des Höchstzinssatzes das Grundbuch überfrachtet würde. Die Eintragung eines Höchstzinssatzes sei spätestens seit 1932 gängige Praxis. In diesem Zeitraum sei eine Überfrachtung nicht festgestellt worden. Auch die Erwägung, dass Kursschwankungen bei Fremdwährungsgrundpfandrechten einen ähnlichen Effekt der Unbestimmtheit auslösten, sei nicht überzeugend. Es bleibe nämlich dem nachrangigen Gläubiger unbenommen, sich dann das Grundpfandrecht in derselben fremdländischen Währung eintragen zu lassen. Sein Recht wäre damit den gleichen Schwankungen unterworfen und sozusagen stabil. Alternativ könnten Kursschwankungsrisiken durch Devisenoptionsgeschäfte ausgeschlossen werden. Solche Möglichkeiten bestünden beim bloßen Verzicht auf die Eintragung eines Höchstzinssatzes nicht.

II. Die gem. § 71 Abs. 1, § 73 Abs. 1 GBO i.V.m. § 15 Abs. 2 GBO zulässige Beschwerde gegen die Zwischenverfügung (§ 18 Abs. 1 Satz 1 GBO), der § 58 Abs. 1 FamFG wegen der Sonderregelungen im Grundbuchverfahren nicht entgegensteht (OLG Hamm RNotZ 2011, 243/244), hat auch in der Sache Erfolg. Das Grundbuchamt wird unter Beachtung der Ausführungen des Senats nun abschließend über den Eintragungsantrag zu entscheiden haben.

1. Die beanstandete Zwischenverfügung ist bereits aus verfahrensrechtlichen Gründen aufzuheben, weil sie das Grundbuchamt - seinen eigenen Rechtsstandpunkt zugrunde gelegt - nicht hätte erlassen dürfen (ebenso OLG Hamm RNotZ 2011, 243/244 f.). Die Voraussetzungen des § 18 GBO sind nicht gegeben. Eine Zwischenverfügung darf nur ergehen, wenn ein Eintragungshindernis mit rückwirkender Kraft zu beseitigen ist. Andernfalls würde der beantragten Eintragung ein Rang zukommen, der ihr nicht gebührt (vgl. Demharter, GBO, 27. Aufl., § 18 Rz. 8 m.w.N.; OLG München v. 10.3.2011 - 34 Wx 55/11 und v. 28.4.2011 - 34 Wx 27/11; ausführlich OLG Schleswig FGPrax 2010, 282 m. Anm. Lorbacher). Zum Inhalt der Grundschuld gehören auch die Zinsen und sonstigen Nebenleistungen (§ 1191 Abs. 2 BGB; vgl. Staudinger/Wolfsteiner, BGB, Neubearb. 2009, § 1191 Rz. 2). Die nach Meinung des Grundbuchamts einzutragende Grundschuld wäre also mit der bestellten, deren Eintragung bewilligt ist, nicht identisch. Durch Eintragung einer inhaltlich anderen Grundschuld kann der Mangel nicht rückwirkend geheilt werden (vgl. Demharter, a.a.O.).

2. Ein Höchstzinssatz ist im vorliegenden Fall nicht einzutragen. Der Zinssatz muss zwar bestimmt sein. Ein gleitender Zinssatz, etwa ein solcher entsprechend dem jeweiligen Zinssatz einer Sparkasse, ist grundsätzlich durch Eintragung eines Höchstzinssatzes nach oben zu begrenzen (vgl. Demharter, a.a.O., Anh. zu § 44 Rz. 45 m.w.N.). Dies gilt aber nach der Rechtsprechung des BGH (vgl. NJW 2006, 1341; zustimmend etwa Kesseler, MittBayNot ...

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