Leitsatz (amtlich)

Zur gerichtlichen Bestellung des Vorsitzenden einer Schlichtungsstelle zur Aufstellung gemeinsamer Vergütungsregeln zwischen einer Vereinigung von Urhebern und einzelnen Werknutzern sowie zur Entscheidung über die Zahl der Beisitzer.

 

Normenkette

UrhG §§ 36, 36a Abs. 3

 

Tenor

I. Als Vorsitzender der jeweiligen Schlichtungsstelle in den Schlichtungsverfahren zwischen dem Antragsteller und der Antragsgegnerin zu 1 sowie der Antragsgegnerin zu 2 wird bestellt: ...

Die Zahl der Beisitzer wird auf je zwei vom Antragsteller und von den Antragsgegnerinnen zu benennende Personen festgesetzt.

II. Von den gerichtlichen Kosten des Bestellungsverfahrens tragen der Antragsteller die Hälfte und die Antragsgegnerinnen jeweils ein Viertel. Ihre eigenen außergerichtlichen Kosten tragen die Parteien selbst.

III. Der Streitwert wird auf 100.000 EUR (2 × 50.000 EUR) festgesetzt.

 

Gründe

I. Das Verfahren betrifft gerichtliche Maßnahmen zur Einrichtung und Besetzung der nach § 36a Abs. 3 UrhG vorgesehenen Schlichtungsstelle für die Aufstellung gemeinsamer Vergütungsregeln zwischen Vereinigungen von Urhebern und Werknutzern.

1. Der Antragsteller, ein eingetragener Verein mit Sitz in München, wurde 1980 als Berufsverband der freischaffenden, bildgestaltenden Kameraleute in Deutschland gegründet. Er hat über 500 Mitglieder. Zweck des Vereins ist gem. § 1 der Satzung (Anlage K 1) u.a. die Interessenvertretung gegenüber Rundfunk- und Fernsehanstalten, der Filmwirtschaft, den Gewerkschaften, den Ministerien und gesetzlichen Körperschaften, sowie die Ausübung von Rechten und Pflichten, welche dem Kompetenzbereich von Urhebervereinigungen gesetzlich zugewiesen sind, insbesondere nach dem Urhebervertragsrecht, wie z.B. das Aufstellen gemeinsamer Vergütungsregeln gem. § 36 UrhG.

Die Antragsgegnerinnen sind in der Rechtsform der GmbH Produzenten von Kino- und Fernsehfilmen bzw. -serien. Nachdem der Antragsteller am 11.2.2010 zunächst an die Muttergesellschaft der Antragsgegnerinnen - die Antragsgegnerin zu 2 ist wiederum eine Tochtergesellschaft der Antragsgegnerin zu 1 - herangetreten war mit dem Ziel, Verhandlungen zur Aufstellung gemeinsamer Vergütungsregeln nach § 36 UrhG aufzunehmen, wandte er sich am 23.6.2010 auch an die beiden Antragsgegnerinnen und forderte sie u.a. auf, mit ihm in Verhandlungen über gemeinsame Vergütungsregelungen einzutreten. Die Antragsgegnerinnen verwiesen mit Schreiben vom 30.6.2010 auf Gespräche, die ein Verband deutscher Produktionsunternehmen aus dem Unterhaltungsbereich - dessen Mitglieder die Antragsgegnerinnen sind - mit einer Dienstleistungsgewerkschaft aufgenommen habe. Unter dem 31.8.2010 verlangte der Antragsteller ausdrücklich die Durchführung des Schlichtungsverfahrens gem. § 36a Abs. 1 UrhG und fügte den Schreiben an beide Antragsgegnerinnen jeweils einen identischen Vorschlag über die Aufstellung gemeinsamer Vergütungsregeln bei. Gleichzeitig unterbreitete er Vorschläge für die Person des Vorsitzenden der Schlichtungsstelle und die Anzahl der Beisitzer. Die Antragsgegnerinnen erklärten hierauf, sie sähen die Durchführung eines Schlichtungsverfahrens als überflüssig an. Der Ergänzungstarifvertrag, der derzeit verhandelt werde, sei umfassend anwendbar.

2. Der Antragsteller beantragt nunmehr beim OLG gegenüber der Antragsgegnerin zu 1 wie gegenüber der Antragsgegnerin zu 2 die Person des Vorsitzenden der nach § 36a Abs. 1 UrhG zu bildenden Schlichtungsstelle zu bestellen und die Zahl der Beisitzer zu bestimmen.

Der Antragsteller schlägt vor, die Zahl der Beisitzer auf jeweils zwei, also insgesamt je vier, festzulegen. Zur Person des/der Vorsitzenden hat er Vorschläge unterbreitet.

Die Antragsgegnerinnen beantragen jeweils den Antrag auf Bestellung eines/einer Vorsitzenden einer Schlichtungsstelle abzulehnen.

Hilfsweise unterbreiten sie ihrerseits - abweichende - Personalvorschläge und schlagen vor, die Zahl der Beisitzer auf je drei von der Antragstellerin und von den Antragsgegnerinnen zu benennende Personen festzusetzen.

3. Die Antragsgegnerinnen halten die Voraussetzungen für die Bildung einer Schlichtungsstelle gem. § 36a UrhG nicht für gegeben, da es an den Zulässigkeitsvoraussetzungen für das Schlichtungsverfahren gem. § 36 Abs. 2 und 3 Satz 2 UrhG fehle:

a) Eine einseitige Verfahrenseröffnung könne nur dann erzwungen werden, wenn binnen dreier Monate, nachdem eine Partei schriftlich die Aufnahme von Verhandlungen verlangt habe, die Verhandlungen über gemeinsame Vergütungsregelungen gescheitert seien (§ 36 Abs. 2 Nr. 1 UrhG). Die Antragsgegnerinnen hätten die Aufnahme von Gesprächen jedoch nicht abgelehnt, sondern wiederholt ihre Gesprächsbereitschaft ausdrücklich bekundet. So sei mit Schreiben vom 8.6.2010 auf Verhandlungen mit einem verhandlungsbereiten Verband verwiesen worden. Entsprechend sei noch einmal am 10.9.2010 die Gesprächsbereitschaft unter der Ankündigung, diesen Verband mit den Verhandlungen beauftragen zu wollen, bekräftigt worden. Sie könnten einen Dritten bestimmen, für si...

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