Leitsatz (amtlich)

Der grundbuchverfahrensrechtliche Nachweis, dass das von der Rückschlagsperre erfasste Recht innerhalb der Frist des § 88 InsO eingetragen wurde, ist nicht schon durch den Eröffnungsbeschluss des Insolvenzgerichts erbracht, auch wenn in dessen Gründen der Zeitpunkt des maßgeblichen Antrags aufgeführt ist (Anschluss an OLG Hamm vom 21.8.2013, 15 W 392/12).

 

Normenkette

GBO §§ 19, 22, 29; InsO §§ 88, 139

 

Verfahrensgang

AG München - Grundbuchamt (Aktenzeichen Isar-Vorstadt Blatt 13634-12)

 

Tenor

I. Die Beschwerde des Beteiligten gegen die Zwischenverfügung - Ziffer 1 - des AG München - Grundbuchamt - vom 11.6.2014 wird zurückgewiesen mit der Maßgabe, dass die Zustimmung der durch den Insolvenzverwalter vertretenen Eigentümerin in grundbuchmäßiger Form erteilt ist.

II. Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens beläuft sich auf 5.000 EUR.

 

Gründe

I. Die Insolvenzschuldnerin ist - noch unter ihrer früheren Firma - als Eigentümerin von Wohnungseigentum im Grundbuch eingetragen. Am 10.4.2013 wurde aufgrund einstweiliger Verfügung vom 3.4.2013 eine Vormerkung zur Sicherung des Anspruchs auf Eintragung einer Sicherungshypothek zu 40.573,24 EUR (unter Mithaft anderen Wohnungseigentums) im Grundbuch eingetragen (Abt. III.4.). Am 24.4.2013 wurde aufgrund einstweiliger Verfügung vom 27.3.2013 eine Vormerkung zur Sicherung des Anspruchs auf Eintragung einer Sicherungshypothek zu 73.283,68 EUR (nebst Zinsen) im Grundbuch eingetragen (Abt. III.5.). Über das Vermögen der Schuldnerin hat das AG am 10.4.2014 das Insolvenzverfahren eröffnet und den Beteiligten zum Insolvenzverwalter bestellt. In den Gründen des vorgelegten Eröffnungsbeschlusses ist (unter anderem) ausgeführt, der Antrag sei am 8.5.2013 beim Insolvenzgericht eingegangen.

Der Beteiligte hat am 12.5.2014 (Eingang) - soweit hier noch erheblich - die Löschung der eingetragenen Vormerkungen wegen absoluter Unwirksamkeit (§ 88 InsO) beantragt. Das Grundbuch sei unrichtig geworden und durch Löschung der genannten Eintragungen zu berichtigen. Das Antragsdatum im Beschluss des Insolvenzgerichts belege den Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung auch gegenüber dem Grundbuchamt.

Das Grundbuchamt hat insoweit mit fristsetzender Zwischenverfügung vom 12.6.2014 die fehlende Löschungsbewilligung der beiden Gläubiger sowie die Zustimmung des durch den Insolvenzverwalter vertretenen Grundstückseigentümers je in grundbuchmäßiger Form moniert. Der Unrichtigkeitsnachweis sei durch die Angaben im insolvenzgerichtlichen Eröffnungsbeschluss nicht erbracht. Die Unwirksamkeit der eingetragenen Rechte sei auch nicht offenkundig.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Beteiligten vom 23.6./6.7.2014, der das Grundbuchamt nicht abgeholfen hat.

Der Beteiligte meint, den grundbuchverfahrensrechtlichen Anforderungen werde hier mit der Datumsangabe im gerichtlichen Eröffnungsbeschluss Genüge getan. Daran sei nämlich auch das Prozessgericht im Anfechtungsverfahren gebunden. Die Ausfertigung des Eröffnungsbeschlusses mit Nennung des Antragsdatums erbringe daher den Unrichtigkeitsnachweis gemäß § 22 GBO.

II. Die nach § 71 Abs. 1, § 73 GBO zulässige Beschwerde gegen die nach § 18 Abs. 1 GBO ergangene Zwischenverfügung hat im Wesentlichen keinen Erfolg. Aufzuheben ist die Entscheidung nur insofern, als auch die fehlende Eigentümerzustimmung (§ 27 GBO) beanstandet wird. Diese liegt mit dem am 9.5.2014 eingereichten Kaufvertrag vom 6.5.2014 in grundbuchmäßiger Form vor (Ziff. 6.1). Gegenständlich ist im Übrigen noch das beanstandete Fehlen formgerechter (§ 29 GBO) Löschungsbewilligungen (Berichtigungsbewilligungen) zweier in ihren Rechten Betroffener (§ 19 GBO), die der Beteiligte angesichts des aus seiner Sicht geführten Unrichtigkeitsnachweises nach § 22 GBO für entbehrlich hält. Jedoch verlangt das Grundbuchamt zu Recht die Bewilligung des jeweiligen Gläubigers der beiden Vormerkungen.

1. Nach der Entscheidung des BGH vom 12.7.2012 (BGHZ 194, 60) kann, wenn eine grundbuchmäßige Sicherung erlangt wird, deren Unwirksamkeit nach § 88 InsO im Raum steht, die Unrichtigkeit des Grundbuchs nicht nur aufgrund einer Bewilligung des Gläubigers nach § 19 GBO beseitigt werden; vielmehr ist das Grundbuch auch dann zu berichtigen, wenn seine Unrichtigkeit im Sinne von § 22 GBO nachgewiesen wird (BGH a.a.O. Rn. 11; siehe auch Hügel/Wilsch GBO 2. Aufl. Insolvenzrecht und Grundbuchverfahren Rn. 100; Demharter GBO 29. Aufl. Anhang zu § 44 Rn. 66.3; aus der Rechtsprechung Senat vom 25.8.2010, 34 Wx 68/10 = Rpfleger 2011, 80; OLG Köln FGPrax 2010, 230; OLG Hamm Rpfleger 2014, 158). Der dazu berechtigte Insolvenzverwalter (siehe § 80 Abs. 1 InsO) kann die Löschung der von der Rückschlagsperre erfassten Rechte auf verschiedenen gleichrangigen Wegen erreichen, zum einen durch Klage gegen den Rechtsinhaber, zum anderen durch Berichtigungsantrag nach § 22 GBO (BGH a.a.O. Rn. 12). Dem steht ein mögliches "Wiederaufleben" des Rechts nicht entgegen.

2. Allerdings muss im Berichtigungsverfahren nach § 22 GBO der Unrichtigk...

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