Entscheidungsstichwort (Thema)

Unwirksamkeit. Drei-Zeugen-Testament

 

Leitsatz (amtlich)

Unwirksamkeit eines "Drei Zeugen-Testaments".

 

Normenkette

BGB § 2250

 

Verfahrensgang

LG München I (Beschluss vom 03.11.2008; Aktenzeichen 16 T 5912/08)

AG München (Aktenzeichen 63 VI 7957/07)

 

Tenor

I. Die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1 gegen den Beschluss des LG München I vom 3.11.2008 wird zurückgewiesen.

II. Die Beteiligte zu 1 hat den Beteiligten zu 3 bis 12 die im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

III. Die Festsetzung des Geschäftswerts bleibt vorbehalten.

 

Gründe

I. Die Erblasserin ist am 17.6.2007 im Alter von 72 Jahren verstorben. Ihr Ehemann ist 2005 vorverstorben, ihre Tochter bereits 1981. Die Beteiligte zu 1 ist die Schwester des Ehemannes der Erblasserin, die Beteiligte zu 2 die Schwester der Erblasserin. Zwei weitere Schwestern der Erblasserin (A. und M.) sind 1991 bzw. Anfang 2007 vorverstorben. Der Beteiligte zu 3 ist der Ehemann von A., die Beteiligten zu 10 bis 12 sind deren Kinder. Die Beteiligten zu 4 bis 9 sind die Kinder von M.. Die Beteiligte zu 5 hat die Erbschaft ausgeschlagen.

Es liegt ein gemeinschaftliches Testament vom 9.6.1988 vor, in dem sich die Ehegatten gegenseitig und für den Fall des beiderseitigen Ablebens A. und M. zu Erben bestimmten. Das Testament endet mit der Bemerkung "Änderung vorbehalten" und den Unterschriften der Ehegatten. Statt ihrer verstorbenen Schwester A. setzte die Erblasserin mit handschriftlicher Verfügung vom 3.3.2006 deren Ehemann, den Beteiligten zu 3, ein.

Vom 4.5. bis 1.6.2007 befand sich die Erblasserin nach einem Sturz aus dem Rollstuhl im Krankenhaus; sie litt u.a. an einem Adenokarzinom. Aufgrund des Sturzes konnte sie die rechte Hand nicht gebrauchen. Am Nachmittag des 30.5.2007, einem Mittwoch, errichtete sie ein Nottestament, mit dem sie die Beteiligten zu 1 und 2 zu gleichen Teilen zu Erben einsetzte. Die Niederschrift wurde von der Beteiligten zu 1 angefertigt und von der Erblasserin sowie drei bei Errichtung des Testaments anwesenden Zeuginnen unterschrieben. Bei diesen handelt es sich um die Putzhilfe der Erblasserin und eine Altenpflegerin, die gemeinsam mit der Beteiligten zu 1 die Erblasserin im Krankenhaus besuchten, sowie die dort tätige Krankenschwester M.. Am 1.6.2007 wurde die Erblasserin in ein Pflegeheim entlassen. Am 14.6.2007 fiel sie in ein Koma und wurde erneut ins Krankenhaus gebracht, wo sie am 17.6.2007 verstarb.

Die Beteiligten zu 1 und 2 haben einen Erbschein beantragt, der sie als Miterben je zur Hälfte ausweist. Das Nottestament vom 30.5.2007 sei wirksam; es habe eine so akute Todesgefahr bestanden, dass ein Notar nicht mehr rechtzeitig hätte gerufen werden können. Jedenfalls sei zu befürchten gewesen, dass die Erblasserin sehr zeitnah testierunfähig werden würde. Der Beteiligte zu 3 und die Beteiligten zu 6 bis 9 bestreiten das; nach ihrer Ansicht ist das gemeinschaftliche Testament mit der Ergänzung vom 3.3.2006 für die Erbfolge maßgeblich.

Das Nachlassgericht hat schriftliche Stellungnahmen der Krankenschwester und Testamentszeugin M., der behandelnden Ärztin Dr. S. und der Pflegedienstleitung des Pflegeheims eingeholt, ferner wurden die Pflegedokumentation des Heimes und der Entlassungsbericht des Krankenhauses vom 31.5.2007 vorgelegt. Mit Beschluss vom 27.2.2008 wies das Nachlassgericht den Erbscheinsantrag zurück. Die Beschwerde der Beteiligten zu 1 blieb erfolglos. Gegen die Entscheidung des LG vom 3.11.2008 richtet sich ihre weitere Beschwerde.

II. Das zulässige Rechtsmittel ist nicht begründet.

1. Das LG hat im Wesentlichen ausgeführt:

Das Nottestament sei unwirksam, weil am Nachmittag des 30.5.2007 weder alle drei Zeugen subjektiv von einer hinreichend nahen Todesgefahr überzeugt gewesen seien noch eine solche objektiv bestanden habe. Wie sich aus der Mitteilung der Krankenschwester M. an das Nachlassgericht ergebe, habe diese nicht geglaubt, dass sich die Erblasserin am Nachmittag des 30.5.2007 in naher, akuter Todesgefahr befunden habe. Sie sei auch nicht von einer unmittelbar bevorstehenden Testierunfähigkeit ausgegangen, denn ihrem Eindruck nach sei die Erblasserin in der Lage gewesen, die Bedeutung und Tragweite einer letztwilligen Verfügung zu erfassen. Es komme deshalb nicht mehr darauf an, ob die beiden anderen Testamentszeuginnen subjektiv von einer Todesgefahr überzeugt gewesen seien. Auch objektiv habe am 30.5.2007 keine derart nahe Todesgefahr vorgelegen, dass die Hinzuziehung eines Notars nicht mehr möglich gewesen wäre. Es sei schon zweifelhaft, ob nicht noch am gleichen Nachmittag ein Notar hätte beigezogen werden können. In München gebe es knapp 80 Notare, der Zeitpunkt der Testamentserrichtung sei auf einem Werktag zu üblichen Bürozeiten gefallen. Jedenfalls hätte für den Folgetag ein Notar bestellt werden können. Eine konkrete, akute Gefahr, dass dies für die Erblasserin zu spät gewesen wäre, sei nicht ersichtlich. Ein erstes Indiz sei der weitere tatsächli...

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