Leitsatz (amtlich)

1. Die Aufsicht des Vormundschaftsgerichts über den Betreuer ist auf eine Kontrolle der Rechtmäßigkeit seines Handelns beschränkt. In Zweckmäßigkeitsfragen, die im Ermessen des Betreuers liegen, darf es nicht an seiner Stelle entscheiden (allg. Meinung).

2. Ein Elternteil ist nicht beschwerdebefugt, wenn das Vormundschaftsgericht es ablehnt, dem Betreuer eine Weisung zu erteilen (hier: Heilpädagogische Behandlung durch eine bestimmte Therapeutin).

 

Normenkette

GG Art. 6 Abs. 1; BGB § 1837 Abs. 2, § 1908i Abs. 1 S. 1; FGG § 20 Abs. 1, § 69g Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Nürnberg-Fürth (Entscheidung vom 06.11.2008; Aktenzeichen 13 T 8132/08)

AG Schwabach (Aktenzeichen XVII 388/92)

 

Tenor

I. Die weitere Beschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 6. November 2008 wird zurückgewiesen.

II. Die Beteiligte hat Kosten des Betreuers und der Ersatzbetreuerin, die zur zweckentsprechenden Erledigung der Angelegenheit im Verfahren der weiteren Beschwerde notwendig waren, zu tragen.

III. Der Geschäftswert für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird auf 3.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Betroffene, bei dem ein frühkindlicher Hirnschaden (somatogener frühkindlicher Autismus) festgestellt wurde, lebt seit 1986 in einem Pflegeheim, in dem auch sein vier Jahre jüngerer Bruder untergebracht ist.

Für den Betroffenen besteht eine - zum 1.1.1992 aus einer früheren Vormundschaft für Volljährige übergeleitete - Betreuung mit dem Aufgabenkreis "alle Angelegenheiten einschließlich der Kenntnisnahme von Postsendungen." Sie wurde zunächst mit Beschluss vom 10.3.2000 und sodann am 14.3.2005 verlängert; als nächster Überprüfungszeitpunkt wurde der 14.3.2010 festgelegt.

Betreuerin war zunächst die Beteiligte. Diese wurde auf Anregung der Betreuungsstelle mit ihrem Einverständnis am 11.8.2005 entlassen und stattdessen der jetzt amtierende berufsmäßige Betreuer bestellt.

Als Ersatzbetreuerin ist unverändert seit 14.3.2005 die Schwester des Betroffenen bestellt.

Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 25.5.2008 beantragte die Beteiligte beim zuständigen Vormundschaftsgericht, im Beschlusswege den Betreuer anzuweisen, bei dem Betroffenen "die (der Förderung seiner kommunikativen Kompetenzen dienende) Methode Gestützte Kommunikation fortzusetzen bzw. wieder aufzunehmen, und zwar ausgeführt durch die Heilpädagogin Frau V." Diese sei bereits im Jahr 2004 von der Beteiligten mit einer Behandlung des Betroffenen beauftragt worden, die sich positiv auf seinen Allgemeinzustand ausgewirkt habe. Aus sachlich nicht nachvollziehbaren Gründen lehne die Ersatzbetreuerin Frau V. ab und habe den Betreuer dahingehend beeinflusst, dass dieser insoweit eine "Kontaktsperre" zwischen dem Betroffenen und der Therapeutin verhängt und den Abbruch der Behandlung erwirkt habe. Dies sei sachwidrig und spiegle offensichtlich unüberbrückbare Meinungsverschiedenheiten zwischen Mutter und Tochter wider.

Dem trat der Betreuer entgegen mit der Begründung, es bestehe Einigkeit mit der Beteiligten über die positive Bedeutung der "Gestützten Kommunikation". Diese erhalte der Betroffene durch eine andere Fachkraft. Der Betreuer sehe "die fachliche Dimension" der Arbeit von Frau V. kritisch.

Am 4.8.2008 hat das Amtsgericht den Antrag der Beteiligten zurückgewiesen. Die hiergegen gerichtete Beschwerde hat das Landgericht mit Beschluss vom 6.11.2008 verworfen.

Hiergegen hat die Beteiligte weitere Beschwerde eingelegt.

II. Die zulässige weitere Beschwerde ist nicht begründet.

1. Das Landgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt:

Die Beschwerde sei unzulässig, da der Beteiligten keine Beschwerdebefugnis zustehe.

Zwar gebe die Vorschrift des § 69g Abs. 1 FGG bestimmten Angehörigen eine Beschwerdebefugnis. Diese beziehe sich aber nur auf die Bestellung eines Betreuers von Amts wegen, die Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts und die ablehnenden Entscheidungen in diesem Rahmen. Die Zurückweisung des Antrags, den Betreuer anzuweisen, bei der Führung der Betreuung eine konkrete Handlung vorzunehmen, werde auch nicht von § 69i Abs. 3, Abs. 5, Abs. 8 i. V. m. § 69g Abs. 1 FGG erfasst.

Deshalb könne die Beteiligte auch hieraus keine Beschwerdebefugnis herleiten.

Eine solche ergebe sich auch nicht aus § 20 FGG. Diese Vorschrift setze ein subjektives Recht voraus, das durch die angegriffene Entscheidung beeinträchtigt werde. Aus der von der Beteiligten angeführten "Nachwirkung und Fernwirkung des grundgesetzlich gewährleisteten Elternrechts" erwachse ihr aber kein subjektives Recht im Sinne dieser Vorschrift. Der Betroffene sei bereits volljährig. Verwandten in gerader Linie stehe kein Beschwerderecht zu, wenn das Vormundschaftsgericht ihren Antrag ablehne, den Betreuer zu entlassen und einen anderen zu bestellen (so BayObLG FamRZ 1996, 508). Wenn Verwandte in gerader Linie schon kein Beschwerderecht gegen die Ablehnung der Entlassung des Betreuers durch das Vormundschaftsgericht hätten, so müsse dies erst recht gelten, wenn das Gericht es ablehne, den Betreue...

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