Entscheidungsstichwort (Thema)

Beschwerdeentscheidung im Freigabeverfahren (iXOS)

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine Formulierung in der Einladung zur Hauptversammlung, wonach den zur Teilnahme berechtigten Personen Eintrittskarten übermittelt werden, stellt, auch wenn die Satzung als Voraussetzung lediglich die Hinterlegung der Aktien vorsieht, keine satzungswidrige Einschränkung der Teilnahmerechte der Aktionäre und keinen Ladungsmangel dar, da die Übermittlung der Eintrittskarte die Teilnahmeberechtigung, wie sie die Satzung vorschreibt, voraussetzt.

2. Sieht die Satzung einer Aktiengesellschaft vor, dass für die Bevollmächtigung von Stimmrechtsvertretern neben der Schriftform auch die Möglichkeit der Erteilung der Vollmacht per Telefax besteht, liegt ein die Anfechtbarkeit des Hauptversammlungsbeschluss begründender Ladungsmangel nicht vor, wenn sich aus dem Gesamtkontext der Einladung eindeutig ergibt, dass die Bevollmächtigung des Stimmrechtsvertreters auch in Telefaxform möglich ist. Entscheidend hierfür ist insbesondere, dass in der Einladung neben der Adresse der Gesellschaft auch ausdrücklich die Telefaxnummer angegeben ist.

3. Die Verpfändung von Aktien steht einem Übertragungsverlangen nach § 327a Abs. 1 AktG nicht entgegen, da die Verpfändung an der Vollrechtsinhaberschaft des Aktionärs in der Regel nichts ändert und dann bei der Berechnung des Quorums von 95 % unberücksichtigt bleibt.

 

Verfahrensgang

LG München I (Beschluss vom 08.05.2008; Aktenzeichen 5 HKO 5274/08)

 

Tenor

I. Die sofortigen Beschwerden gegen den Beschluss des LG München I vom 8.5.2008, Az: 5 HK O 5274/08, werden zurückgewiesen.

II. Die Beschwerdeführer tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III. Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 125.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

A. Die Hauptversammlung der Antragstellerin und Beschwerdegegnerin, eine seit dem Vollzug eines Delistingbeschlusses seit 12.7.2005 nicht mehr börsennotierte Aktiengesellschaft, deren Geschäftsgegenstand die Entwicklung und der Vertrieb von Computer-Software sowie die Schulung von Kunden für die Anwendung von Computer-Software ist, beschloss am 24.1.2008 unter Tagesordnungspunkt 6., die Aktien der Minderheitsaktionäre der Beschwerdegegnerin gemäß dem Verfahren zum Ausschluss von Minderheitsaktionären nach §§ 327a ff. AktG gegen Gewährung einer Barabfindung von 11,88 EUR je Aktie der Antragstellerin auf den Hauptaktionär, die O. Inc., Waterloo, Kanada (im Folgenden: O.) zu übertragen. Gegen den Übertragungsbeschluss haben Aktionäre Anfechtungs-/Nichtigkeitsklagen beim LG München I erhoben. Die verbundenen Verfahren waren dort unter Az: 5 HK O 2522/08 anhängig, das LG hat die Klagen mit Urteil vom 28.8.2008 kostenpflichtig abgewiesen. Die hiergegen eingelegten Berufungen sind vor dem Senat anhängig (Az: 7 U 4552/08).

Die Beschwerdegegnerin hat aufgrund der Anfechtungsklagen am 27.3.2008 das vorliegende Freigabeverfahren nach § 327e Abs. 2 AktG i.V.m. § 319 Abs. 6 S. 1 AktG eingeleitet. Das LG München I hat durch Beschluss vom 8.5.2008 dem Freigabeantrag stattgegeben und festgestellt, dass die von den Beschwerdeführern vor dem LG München I gegen den Squeeze-out Beschluss erhobenen Anfechtungs- und Nichtigkeitsklagen dessen Eintragung in das Handelsregister nicht entgegenstehen.

Gegen den Freigabebeschluss des Erstgerichts wenden sich eine Reihe von Antragsgegnern mit den vorliegenden sofortigen Beschwerden.

Im Vorfeld sowie zur Vorbereitung der streitgegenständlichen Hauptversammlung erfolgte eine Vielzahl von Maßnahmen, Beschlüssen durch Aufsichtsrat und Vorstand sowie vertraglichen Vereinbarungen, die für das vorliegende Verfahren ebenso von Belang sind wie die im elektronischen Bundesanzeiger veröffentlichte Bekanntmachung der Einberufung der Hauptversammlung. Sie sollen im Folgenden kurz skizziert werden:

Die Antragstellerin als beherrschte und O. als herrschende Gesellschaft hatten bereits am 1.12.2004 einen wirksamen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag geschlossen. Mit Vertrag vom 24.10.2006 (Anlage ASt 12) verpfändete Ontario die von ihr zu diesem Zeitpunkt gehaltenen Aktien zur Sicherung eines Darlehens an ein Bankkonsortium unter Führung der R. Bank of Canada.

Ontario übermittelte mit Schreiben vom 31.10.2007 (Anlage ASt 5) dem Vorstand der Antragstellerin das Verlangen, die notwendigen Schritte zu ergreifen, damit die Hauptversammlung der Antragstellerin die Übertragung der von den Minderheitsaktionären der Antragstellerin gehaltenen Aktien auf O. gegen eine Gewährung einer angemessenen Barabfindung beschließen könne. Die von O. beauftragte Wirtschaftsprüfungsgesellschaft D. & T. ermittelte ab 5.10.2007 den Unternehmenswert der Antragstellerin als Grundlage für die Abfindung. Auf der Basis dieser Ermittlungen legte O. einen Übertragungsbericht mit Datum vom 11.12.2007 vor, der einen Abfindungsbetrag i.H.v. 11,88 EUR je Aktie auswies (Anlage ASt 7).

Durch Beschluss (Az: 5 HK O 21402/07) vom 16.11.2007 bestellte das LG München I die Wirtschaftsprüfungsgesellsc...

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