Leitsatz (amtlich)

Zur Abgrenzung von Erbeinsetzung und Vermächtnis in einem gemeinschaftlichen Testament.

 

Verfahrensgang

LG Kempten (Entscheidung vom 30.03.2006; Aktenzeichen 42 T 1696/05)

AG Kempten (Aktenzeichen VI 365/04)

 

Gründe

I.

Die Erblasserin verstarb am 22.6.2004 im Alter von 77 Jahren. Ihr Ehemann war im Jahr 2002 vorverstorben. Die Ehe der Erblasserin blieb kinderlos. Der Beteiligte zu 1 ist der Neffe der Erblasserin. Die Beteiligten zu 2 und 3 sind Neffen des vorverstorbenen Ehemannes. Die Erblasserin und ihr Ehemann schlossen am 10.9.1991 einen Erbvertrag, in welchem sie Testamentsvollstreckung für den Erbfall nach dem Längstlebenden anordneten. Zum Testamentsvollstrecker wurde der Beteiligte zu 3 bestimmt. In dem notariellen Erbvertrag wurden im Übrigen Erbeinsetzungen nicht getroffen, da die Vertragschließenden bereits ein gemeinschaftliches, privatschriftliches Testament errichtet hatten, welches sie voll aufrechterhalten wollten.

Des Weiteren hinterließen die Erblasser und ihr Ehemann folgendes gemeinschaftliche Testament:

"Unser Testament

Voll geschäftstüchtig und testierfähig errichten wir, die Eheleute A. und O. F., geb. R., das folgende

Testament

I.

Der gemeinsame Besitz - Eigentumswohnung Nr. 7 in S., R. W. Str. 6 mit Tiefgaragenanteil (Zurechnung 1/2 je Ehegatte lt. Kaufvertrag und Einheitswertbesch.) und sämtliches Inventar verbleibt dem Letztlebenden von uns und wird nach dessen Tod wie folgt aufgeteilt:

1/2 erhält (Beteiligter zu 1)

1/2 - erhalten (Beteiligter zu 2)

- und (Beteiligter zu 3)

II.

Die Sparguthaben Nr. 111514527 u.

Nr. 111416558 bei der SP. A.

erbt im Todesfall O. F. deren Neffe (Beteiligter zu1).

Die Sparguthaben Nr. 111609723 bei der SP A. und das Termingeld Nr. 60038946 bei der R. B. S. erben im Todesfall A. F. dessen Neffen (Beteiligte zu 2 und 3)

S., den 6. Februar 2002

A. F. O. A. F".

Die Erblasserin verfügte in einem privatschriftlichen Testament vom 3.2.2004, dass ihr Neffe, der Beteiligte zu 1, ihr alleiniger Erbe sein solle und berief als Ersatzerben seine beiden Töchter. In dem Testament ist ausgeführt, dass den Neffen des verstorbenen Ehemannes deren Erbe bereits ausgezahlt sei und sie keinen Anspruch mehr hätten. In Bezug auf die Eigentumswohnung in S. verfügte die Erblasserin deren Aufteilung dahingehend, dass die Hälfte der Beteiligte zu 1 und je 1/4 die Beteiligten zu 2 und 3 erhalten sollten.

Das Nachlassgericht ermittelte die Guthaben der Konten der Erblasserin und ihres Ehemanns zum Stichtag der Testamentserrichtung am 6.2.2002. Danach ergaben sich Guthaben bei der SP. A. wie folgt:

Konto-Nr.

Konto-Art

Konto-Inhaber

Konto-Guthaben in EUR

418269

Girokonto

Erblasserin/Ehemann

6.047,51

610320293

Geldmarktkonto

Erblasserin

14.279,68

610321325

Geldmarktkonto

Ehemann

10.271,34

111416558

Sparkonto

Erblasserin

46.187,66

111514527

Sparkonto

Erblasserin

99.871,75

111609723

Sparkonto

Ehemann

45.175,05

Für die R.B S. ergab sich folgende Aufstellung:

80038946

Geschäftsanteil

Ehemann

1.022,58 EUR

60038946

Termineinlage

Ehemann

100.000,00 EUR

00026557

Kontokorrent

Ehemann/Erblasserin

10.763,91 EUR

Als Kaufpreis der Eigentumswohnung im Jahr 1996 ist ein Betrag von rund 133.000 EUR angegeben.

Mit notarieller Urkunde vom 18.3.2005 stellte der Beteiligte zu 1 den Antrag, ihm einen Erbschein als Alleinerben zu erteilen. Mit notarieller Urkunde vom 26.4.2005 stellten die Beteiligten zu 2 und 3 einen Erbscheinsantrag dahingehend, dass die Erblasserin von dem Beteiligten zu 1 zu 1/2 und von den Beteiligten zu 2 und 3 zu je 1/4 beerbt worden ist.

Am 19.5.2005 erließ das Nachlassgericht einen Vorbescheid, in dem ein Erbschein angekündigt wird, wonach die Erblasserin aufgrund gewillkürter Erbfolge von dem Beteiligten zu 1 zu 1/2 sowie von den Beteiligten zu 2 und 3 je zu 1/4 beerbt worden ist und Testamentsvollstreckung angeordnet wurde.

Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 8.7.2005 legte der Beteiligte zu 1 Widerspruch, hilfsweise das zulässige Rechtsmittel gegen den nachlassgerichtlichen Vorbescheid ein. Nach mündlicher Verhandlung vor dem Beschwerdegericht wies dieses mit Beschluss vom 30.3.2006 die Beschwerde des Beteiligten zu 1 zurück. Das Nachlassgericht erteilte sodann am 24.4.2006 einen Erbschein gemäß dem angekündigten Vorbescheid. Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 9.8.2006 legte der Beteiligte zu 1 gegen die Entscheidung des Beschwerdegerichts weitere Beschwerde ein.

II.

1.

Die weitere Beschwerde gegen die landgerichtliche Entscheidung ist zulässig.

Das Nachlassgericht hat nach Abschluss des Erstbeschwerdeverfahrens den Erbschein entsprechend dem vom Beschwerdegericht bestätigten Vorbescheid erteilt. Damit ist der Vorbescheid vom 19.5.2005 gegenstandslos geworden. Gleichwohl kann aber die weitere Beschwerde mit dem Ziel der Einziehung des erteilten Erbscheins (§ 2361 BGB) fortgesetzt werden (vgl. BayObLGZ 1982, 236/239; Keidel/Meyer-Holz FGG 15. Aufl. § 27 Rn. 51; Palandt/Edenhofer BGB 65. Aufl. § 2353 Rn. 26).

2.

Das Rechtsmittel hat aber in der Sache keinen Erfolg.

a)

Das Landgericht hat im Wesen...

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