Leitsatz (amtlich)

1. Die Verfügungsbefugnis des Testamentsvollstreckers kann dem Grundbuchamt durch Vorlage eines öffentlichen Testaments und der Eröffnungsniederschrift zusammen mit der Erklärung der Amtsannahme gegenüber dem Nachlassgericht nachgewiesen werden. Die bloße Erklärung in der dem Grundbuchamt vorgelegten Bewilligung, das Amt des Testamentsvollstreckers gegenüber dem Nachlassgericht angenommen zu haben, genügt dafür nicht.

2. Zur Rückstandsfähigkeit eines dinglichen Wohnungsrechts (Anschluss an BayObLG vom 28.10.1979, 2 Z 68/78 = Rpfleger 1980, 20).

 

Normenkette

BGB §§ 133, 1093, 2197, 2002 Abs. 1-2; GBO § 23 Abs. 1, §§ 29, 35, 39, 40 Abs. 2, § 52

 

Verfahrensgang

AG Fürstenfeldbruck (Aktenzeichen GR-5889-21)

 

Tenor

I. Auf die Beschwerde der Beteiligten wird die Zwischenverfügung des AG Fürstenfeldbruck - Grundbuchamt - vom 3.3.2016 aufgehoben, soweit 1. die Eintragung eines Wohnungsrechts von der Voreintragung und Zustimmung der Erben abhängig gemacht sowie 2. die Eintragung eines Löschungserleichterungsvermerks für nicht eintragbar gehalten und daher die Abgabe einer Feststellung gefordert wird.

II. Soweit zum Nachweis der Verfügungsbefugnis der Beteiligten ein Erbschein verlangt wird, wird die Zwischenverfügung dahingehend ergänzt, dass das Hindernis auch durch ein Zeugnis des Nachlassgerichts über die Annahme des Amtes des Testamentsvollstreckers behoben werden kann und Frist zur Beseitigung des Hindernisses bis 31.8.2016 (einschließlich) bestimmt wird.

III. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

IV. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird, soweit die Beschwerde sich als unbegründet erweist, auf 200 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Im Grundbuch ist noch der am 25.1.2015 verstorbene Dr. Simon G. als Eigentümer von Grundbesitz eingetragen.

Dieser hatte am 23.1.2015 ein notarielles Testament errichtet, in dem er drei seiner Kinder zu je 1/3 zu Erben einsetzte. Zudem vermachte er unter anderem "zu Lasten seines Nachlasses, gleichviel wer auch immer seine Erben, gleich aus welchen Erbberufungsgründen, werden, an seine Ehegattin" (= die Beteiligte) das Wohnungsrecht an einem Teil des Wohnhauses auf seinem Grundbesitz (Ziff. III. 2. der letztwilligen Verfügung). Weiter ist bestimmt:

Das Wohnungsrecht ist auf Lebensdauer der Berechtigten vermacht, nicht erlöschend bei einer evtl. Wiederheirat, bestehend in dem Recht der ausschließlichen Bewohnung und Benutzung der sämtlichen Räume im 1. Obergeschoss des ... Hauses und in dem Recht auf Mitbenutzung der dem gemeinschaftlichen Gebrauch der Hausbewohner dienenden Anlagen und Einrichtungen einschließlich des Gartens.

Die Wohnungsrechtsräume sind der Berechtigten in stets gut beheizbaren und bewohnbaren Zustand zur Verfügung zu stellen. Für die Versorgung der Wohnungsrechtsräume mit Strom, Gas, Wasser und Heizung sowie die Kosten von Abwasser, Kaminkehrer und Müllabfuhr hat die Berechtigte aufzukommen. Die Kosten der Schönheitsreparaturen hat die Berechtigte zu tragen ... Das Wohnungsrecht ist durch Eintragung einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit mit Löschungserleichterung am obengenannten Grundbesitz im Grundbuch zu sichern.

Weiter vermacht ...

Die Vermächtnisse fallen beim Ableben des Anwesenden an und sind dann innerhalb von sechs Monaten auf Kosten des Nachlasses zu erfüllen.

Des Weiteren ordnete der Erblasser für seinen Nachlass Testamentsvollstreckung an und bestimmte die Beteiligte zur Testamentsvollstreckerin unter Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB (Ziff. III. 3.). Diese solle alle Rechte und Pflichten eines Abwicklungsvollstreckers haben, insbesondere dafür sorgen, dass der Nachlass an die Erben herausgegeben wird und die zu "seinen" Gunsten ausgesetzten Vermächtnisse erfüllt werden.

Das notarielle Testament wurde am 6.5.2015 eröffnet. Die Beteiligte hat privatschriftlich am 2.6.2015 die Annahme des Testamentsvollstreckeramts gegenüber dem Nachlassgericht erklärt. Ein Antrag auf Erteilung eines Zeugnisses wurde nicht gestellt.

Zu notarieller Urkunde vom 23.6.2015 erklärte die Beteiligte, das Amt der Testamentsvollstreckerin gegenüber dem Nachlassgericht angenommen zu haben, und räumte sich in ihrer Eigenschaft als Testamentsvollstreckerin über den Nachlass ihres verstorbenen Ehemannes unter Berufung auf das notarielle Testament und in dessen Ausgestaltung das vermachte Wohnungs- und Mitbenutzungsrecht ein. Zugleich wurde das Recht als beschränkte persönliche Dienstbarkeit an dem Grundstück bestellt, dessen Eintragung im Grundbuch bewilligt und beantragt mit dem Zusatz, dass zur Löschung der Nachweis des Ablebens der Berechtigten genügt. Die Eintragung soll, soweit gemäß § 40 Abs. 2 GBO möglich, vor Grundbuchberichtigung durch Eintragung der Erbfolge stattfinden. Zudem bewilligte die Beteiligte die Löschung des zur Eintragung gelangenden Testamentsvollstreckervermerks Zug um Zug mit Eintragung des Wohnungsrechts im Grundbuch und erklärte, auf dessen Eintragung zu verzichten, falls das Wohnungsrecht vor Grundbuchberichtigung einge...

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