Leitsatz (amtlich)

Es ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, wenn das Grundbuchamt den an mehreren auf demselben Grundbuchblatt vorgetragenen Grundstücken bestellten Nießbrauch in einer sog. Sammelbuchung dergestalt in der Zweiten Abteilung einträgt, dass unter Bezeichnung der laufenden Nummern der betroffenen Grundstücke im Bestandsverzeichnis (Spalte 2) in Spalte 3 vermerkt wird: "Nießbrauch für ...; gemäß Bewilligung vom ...". Insbesondere bedarf es nicht des Zusatzes "je".

 

Normenkette

BGB §§ 1030, 1066, 1085; GBO § 44 Abs. 1, § 53 Abs. 1

 

Verfahrensgang

AG Ingolstadt (Beschluss vom 04.06.2013; Aktenzeichen Unsernherrn Blatt 17169-12)

 

Tenor

I. Die Beschwerde der Beteiligten gegen den Beschluss des AG Ingolstadt - Grundbuchamt - vom 4.6.2013 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die im Beschluss angeordnete Kostenpflicht sowie die Geschäftswertfestsetzung entfallen.

II. Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 4.800 EUR festgesetzt.

 

Gründe

i. Mit notariellem Vertrag vom 8.2.2013 veräußerte die Beteiligte zu 1 an die Beteiligte zu 2, ihre Tochter, folgenden auf einem gemeinschaftlichen Grundbuchblatt vorgetragenen Grundbesitz:

FlSt. xxx: Wohnhaus, Hofraum, Garten zu 371 m2

FlSt. xxx: Garage, Hof- und Gebäudefläche zu 16 m2,

1/6 Miteigentumsanteil an FlSt. xxx: Hof- und Gebäudefläche zu 148 m2.

Ziff. 13 der Vertragsurkunde enthält die Nießbrauchsbestellung an jedem der Vertragsobjekte, die Bewilligung und den Eintragungsantrag. Das Grundbuchamt hat am 13.2.2013 insoweit in der Zweiten Abteilung des Grundbuchs unter den laufenden Nummern (1, 2, 3) der betroffenen Grundstücke im Bestandsverzeichnis (Spalte 2) in Spalte 3 folgende Eintragung vorgenommen:

Nießbrauch für (= Beteiligte zu 1); gemäß Bewilligung vom 8.2.2013 ...

Auf die Bekanntmachung hat der Notar beanstandet, es sei ein (unzulässiger) Gesamtnießbrauch eingetragen worden; mehrere Grundstücke seien nur durch selbständige Einzelrechte mit einem Nießbrauch belastbar. Dem solle durch die Beifügung von "je" vor dem eingetragenen Recht ("Nießbrauch") abgeholfen werden.

Das Grundbuchamt hat das Ersuchen als Berichtigungsantrag nach § 53 Abs. 1 GBO behandelt und am 4.6.2013 kostenpflichtig zurückgewiesen. Eine Grundbuchunrichtigkeit liege ebenso wenig vor wie eine inhaltlich unzulässige Eintragung; der tatsächliche Rechtszustand werde einwandfrei ausgewiesen. Ob ein Gesamtrecht oder Einzelrechte vorlägen, ergebe sich bei Eintragungen in ein und demselben Grundbuchblatt auch ohne Kenntlichmachung im Eintragungstext aus der materiellen Rechtslage. Hiergegen richtet sich die Beschwerde, der das Grundbuchamt am 1.7.2013 nicht abgeholfen hat.

II. Die Beschwerde richtet sich gegen die Ablehnung eines Gesuchs, eine richtig- oder klarstellende Eintragung der Nießbrauchsrechte vorzunehmen. Denn hinsichtlich der Nießbrauchs wird nicht die Grundbuchunrichtigkeit wegen Verletzung gesetzlicher Vorschriften bei der Eintragung (§ 53 Abs. 1 GBO) geltend gemacht - welche im Übrigen auch nicht vorliegt (vgl. BayObLGZ 1995, 249/254; Hügel/Kral GBO 2. Aufl. § 44 Rz. 10) -, sondern nur die ungenaue und daher klarzustellende Fassung. Unklar gefasste Eintragungsvermerke können aber auf formlose Anregung der Beteiligten klargestellt werden; wird die Klarstellung abgelehnt, ist die unbeschränkte Beschwerde nach § 71 Abs. 1 GBO zulässig (s. Demharter, GBO, 28. Aufl., § 53 Rz. 7, § 71 Rz. 46). Beschwerdeberechtigt ist bei einer auf Antrag nach § 13 GBO vorgenommenen Eintragung jeder, dem das ursprüngliche Antragsrecht zustand (OLG München vom 29.7.2008, 34 Wx 28/08, Rpfleger 2009, 81; Demharter, § 71 Rz. 47). Dies sind hier die Urkundsbeteiligten als aufgebender und gewinnender Teil. Die Beschwerde des Notars, der sich nicht näher dazu erklärt, für wen das Rechtsmittel eingelegt wird, lässt sich allgemein, so auch hier, dahin auslegen, dass das Rechtsmittel namens sämtlicher Antragsberechtigten eingelegt ist (vgl. Demharter, § 15 Rz. 20).

In der Sache ist das Rechtmittel erfolglos.

1. Gesamtnießbrauch an mehreren Grundstücken (respektive an Anteilen; vgl. § 1066 BGB) ist dem materiellen Recht fremd (s. KGJ 43, 347; Soergel/Stürner BGB, 13. Aufl., § 1030 Rz. 6; Böttcher MittBayNot 1993, 129/132; Böhringer BWNotZ 1988, 97/101; Meyer-Stolte Rpfleger 1982, 217). Dies erschließt sich aus dessen Rechtsinhalt (s. Böttcher, a.a.O.) und findet auch in § 1085 BGB seinen Niederschlag. Demnach kann selbst bei wirtschaftlicher Zusammengehörigkeit einzelner Grundstücke jedes der auf einem gemeinschaftlichen Grundbuchblatt eingetragenen Grundstücke nur mit einem Einzelnießbrauch belastet werden, wie dies in der Bewilligung zum Ausdruck kommt. Wird "ein" Nießbrauch eingetragen, so liegen in Wirklichkeit Einzelnießbrauchsrechte vor, und zwar so viele, wie Grundstücke vorhanden sind (KGJ 43, 347/348; Soergel/Stürner § 1030 Rz. 6; Böttcher MittBayNot 1993, 129/132 m.w.N.). Soweit die vom Grundbuchamt gewählte Form nach älterer Ansicht die Eintragung als Gesamtrecht verlautbaren soll (Corvey Rpfl...

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