Leitsatz (amtlich)

1. Zum Vorliegen einer anfechtbaren Zwischenverfügung des Grundbuchamts.

2. Weder der dem Vorerben ausgestellte und den Nacherben sowie den Nacherbfall bezeichnende Erbschein noch der im Grundbuch eingetragene Nacherbenvermerk sind ausreichend, um die Nacherbfolge zu belegen. Es bedarf hierzu eines Erbscheins für den Nacherben auch dann, wenn dieser vorverstorben ist, der bezeichnete Nacherbfall dadurch eingetreten ist und ausgewiesener Erbe des Nacherben der Vorerbe ist.

 

Normenkette

BGB § 2363; GBO § 18 Abs. 1, § 29 Abs. 1, § 35 Abs. 1 S. 1, §§ 51, 71 Abs. 1

 

Verfahrensgang

AG Neu-Ulm (Verfügung vom 01.02.2011; Aktenzeichen NU-21078-2)

 

Tenor

I. Die Beschwerde des Beteiligten gegen die Zwischenverfügung des AG Neu-Ulm - Grundbuchamt - vom 1.2.2011 wird zurückgewiesen.

II. Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens beträgt 3.000 EUR.

 

Gründe

I. Im Grundbuch waren die Geschwister Josefa C. und Philomena C. je zu 5/12 sowie Georg C. zu 2/12 als Eigentümer eines Wohnungseigentums eingetragen. Philomena C. verstarb am 20.12.1987. Gemäß Erbschein vom 9.3.1988 wurde sie von Josefa C. allein als (befreite) Vorerbin beerbt; die angeordnete Nacherbfolge tritt ein beim Tod des Vorerben, Nacherbe ist Georg C. Der Nacherbe Georg C. verstarb am 4.1.1995 und wurde gemäß Erbschein vom 21.3.1995 allein beerbt von Josefa C. Die Grundbucheintragung lautete vor dem Ableben der Josefa C. dahin, dass diese neben ihrem eigenen 5/12-Anteil zu 2/12 in Erbfolge nach Georg C. sowie mit einem weiteren Anteil von 5/12 - unter Vermerk der Nacherbfolge - in Erbfolge nach Philomena C. Grundstückseigentümerin war.

Im Nachlassverfahren nach der am 5.7.2010 verstorbenen Josefa C. beantragte der Beteiligte als deren mit Erbschein vom 20.12.2010 ausgewiesener Alleinerbe die Berichtigung des Grundbuchs, die daraufhin am 14.1.2011 dahingehend vorgenommen wurde, dass dieser nun als Eigentümer zu 7/12 gemäß Erbschein vom 20.12.2010 verlautbart wird. Zugleich wurde, entsprechend dem Erbschein, ein Testamentsvollstreckervermerk eingetragen.

Der Beteiligte hat, soweit hier noch erheblich, zunächst beanstandet, fehlerhaft nicht als Alleineigentümer eingetragen worden zu sein. Philomena und Georg C. seien vorverstorben und letztlich von Josefa C. allein beerbt worden, so dass diese beim Erbfall auch Alleineigentümerin gewesen sei. Nach Schriftwechsel mit dem Grundbuchamt hat der Beteiligte unter Übersendung verschiedener Unterlagen ausdrücklich um Grundbuchberichtigung hinsichtlich des Antrags nach Philomena C. nachgesucht. Das Grundbuchamt hat mit Schreiben vom 1.2.2011 daraufhin mitgeteilt, dass der vorgelegte Erbschein nach Georg C. nur das Erbrecht für dessen Todesfall bezeuge, nicht aber die Erbfolge nach Philomena C. Notwendig sei ein neuer, weiterer Erbschein nach Philomena C., aus dem sich ergebe, dass Josefa C. tatsächlich unbeschränkte Vollerbin nach Philomena C. geworden sei. Sofern dieser erteilt werde, könne die Grundbuchberichtigung bezüglich des 5/12-Miteigentumsanteils vorgenommen werden. Die Ausfertigung eines solchen Erbscheins solle bis 30.6.2011 beim Grundbuchamt eingereicht werden.

Auf dieses formlos und ohne Rechtsmittelbelehrung übersandte Schreiben hat der Beteiligte unter dem 21.3.2011 Beschwerde erhoben. Das Grundbuchamt hat am 23.3.2011 nicht abgeholfen. Es vertritt die Ansicht, dass eine Entscheidung i.S.v. § 71 GBO nicht vorliege, sondern nur eine gerichtliche Aufklärungsverfügung; die Beschwerde hiergegen sei unzulässig. Unabhängig hiervon könne auch nicht abgeholfen werden. Josefa C. sei nur befreite Vorerbin nach Philomena C. Dass der Beteiligte auch (Voll-)Erbe nach Philomena C. sei, sei bisher nicht hinreichend nachgewiesen.

II. Die Beschwerde ist statthaft und auch im Übrigen zulässig.

1. Beschwerdeberechtigt nach § 71 Abs. 1 GBO ist grundsätzlich derjenige, dessen Rechtsstellung durch die Entscheidung des Grundbuchamts unmittelbar oder mittelbar beeinträchtigt wäre, falls diese in dem vom Beschwerdeführer behaupteten Sinn unrichtig wäre (vgl. OLG Hamm FGPrax 1995, 181; Demharter, GBO, 27. Aufl., § 71 Rz. 58). Im Eintragungsantragsverfahren deckt sich die Beschwerdeberechtigung regelmäßig mit dem Antragsrecht gem. § 13 Abs. 1 GBO (Demharter, a.a.O., § 71 Rz. 63). Auch die Grundbuchberichtigung als Sonderform der Eintragung bedarf grundsätzlich eines Antrags (Demharter, a.a.O., § 22 Rz. 45).

Nach § 71 Abs. 1 GBO unterliegen nur Entscheidungen des Grundbuchamts dem Rechtsmittel der Beschwerde. Bloße Vorbescheide oder Hinweise des Grundbuchamts auf die Rechtslage sind keine Entscheidungen (Demharter, a.a.O., § 71 Rz. 18 m.w.N.). Davon abzugrenzen sind sog. Zwischenverfügungen i.S.v. § 18 Abs. 1 GBO, gegen die die unbeschränkte Beschwerde zulässig ist (Demharter, a.a.O., § 18 Rz. 53; § 71 Rz. 11). Ob eine anfechtbare Zwischenverfügung vorliegt, ist aufgrund des objektiven Erklärungsinhalts der Verfügung zu beurteilen; ohne Bedeutung ist, dass das Grundbuchamt seine Verfügung als solche bezeichnet hat oder behandelt w...

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