Leitsatz (amtlich)

Für Streitigkeiten zwischen einer GmbH & Co. KG und einem ihrer organschaftlichen Vertreter aus dem Anstellungsverhältnis ist der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten und nicht zu den Gerichten für Arbeitssachen eröffnet; der organschaftliche Vertreter gilt gem. der Fiktion des § 5 Abs. 1 S. 3 ArbGG nicht als Arbeitnehmer der GmbH & Co. KG.

 

Normenkette

GVG § 5 Abs. 1 S. 3

 

Verfahrensgang

LG München I (Aktenzeichen 10 HKO 9916/02)

 

Tenor

I. Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des LG München I vom 19.12.2002 aufgehoben.

II. Der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten ist zulässig.

III. Die Entscheidung über die Kosten der Beschwerde der Klägerin bleibt der Endentscheidung vorbehalten.

IV. Die weitere Beschwerde zum BGH wird zugelassen.

V. Der Wert der Beschwerde beträgt 2.400 Euro.

 

Gründe

I. Die Klägerin macht einen von der X. GmbH mit Sitz in M. an die X. GmbH & Co. KG mit Sitz ebenfalls in M. abgetretenen und von dieser an sie weiter zedierten Ersatzanspruch i.H.v. 22.391,64 Euro gegen den Beklagten geltend. Die X. GmbH & Co. KG hat den Beklagten mit „Dienstvertrag” vom 15.7.1983 angestellt. 1988 ist der Beklagte zu einem der beiden gesamtvertretungsberechtigten Geschäftsführer der X. GmbH bestellt worden, die satzungsgemäß zum Gegenstand die Übernahme und Ausübung der Rechtsstellung der – einzigen – persönlich haftenden Gesellschafterin der X. GmbH & Co. KG hat. Für Letztere hat der Beklagte im Jahr 2000 eine Bauleistungsversicherung abgeschlossen, die nach der Behauptung der Klägerin nicht notwendig gewesen sein soll.

Mit Beschluss vom 19.12.2002 hat das angerufene LG München I den Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das Arbeitsgericht München verwiesen. Der Beklagte sei auf Grund Dienstvertrages mit der X. GmbH & Co. KG vom 15.7.1983 als deren angestellter Geschäftsführer tätig geworden. An diesem Dienstvertrag habe sich durch die Bestellung des Beklagten zum Geschäftsführer von deren Komplementärin im Jahr 1988 nichts geändert. Auch sei der Beklagte nicht Gesellschafter der KG und damit nicht Organ der KG i.S.d. § 5 Abs. 1 S. 3 ArbGG gewesen.

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer sofortigen Beschwerde, der nicht abgeholfen worden ist.

II. Die nach § 17a Abs. 4 S. 3 GVG zulässige sofortige Beschwerde der Klägerin ist begründet. Entgegen dem LG ist eine Zuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 lit. a) ArbGG nicht eröffnet. Eine bürgerliche Rechtsstreitigkeit zwischen einem Arbeitnehmer und einem Arbeitgeber aus dem Arbeitsverhältnis liegt nicht vor. Der Beklagte gilt gem. § 5 Abs. 1 S. 3 ArbGG in diesem Rechtsstreit als Mitgeschäftsführer der X. GmbH weder als deren Arbeitnehmer noch als Arbeitnehmer der X. GmbH & Co. KG. Ein Arbeitsverhältnis des Beklagten mit der Klägerin tragen beide Parteien nicht vor. Der angegriffene Beschluss war daher aufzuheben und die nach § 13 GVG gegebene Zulässigkeit des Rechtsweges zu den ordentlichen Gerichten auszusprechen.

Nach der Ausnahmevorschrift des § 5 Abs. 1 S. 3 ArbGG gelten als Arbeitnehmer in Betrieben einer juristischen Person oder einer Personengesamtheit nicht Personen, die kraft Gesetzes, Satzung oder Gesellschaftsvertrags allein oder als Mitglieder des Vertretungsorgans zur Vertretung der juristischen Person oder der Personengesamtheit berufen sind.

1. Unter diese Bestimmung fällt der Beklagte in Bezug auf die X. GmbH als deren Mitgeschäftsführer. Nach § 35 Abs. 1 GmbHG hat er die Gesellschaft gerichtlich und außergerichtlich vertreten.

2. Aber auch als organschaftlicher Vertreter der X. GmbH & Co. KG erfüllt der Beklagte die Tatbestandsmerkmale des § 5 Abs. 1 S. 3 ArbGG.

a) Eine Kommanditgesellschaft ist eine gem. § 161 Abs. 2 HGB i.V.m. § 124 Abs. 1 HGB rechtsfähige Personengesellschaft nach § 14 Abs. 2 BGB, die eine Personengesamtheit i.S.d. § 5 Abs. 1 S. 3 ArbGG darstellt. Diese Gesellschaft wird nach § 161 Abs. 2 HGB i.V.m. § 125 HGB sowie § 164 HGB durch den oder die persönlich haftenden Gesellschafter vertreten, soweit nicht ein persönlich haftender Gesellschafter von der Geschäftsführung durch Gesellschaftsvertrag ausgeschlossen ist. Sind nun der oder die persönlich haftenden Gesellschafter keine natürlichen Personen, werden sie ihrerseits nach den für sie geltenden gesetzlichen Vorschriften und Bestimmungen ihres Gesellschaftsvertrages vertreten. Für die im Wirtschaftsleben sehr häufig anzutreffende GmbH & Co. KG sind das § 35 Abs. 1 GmbHG und die Satzung der jeweiligen GmbH. Danach wird die Komplementär-GmbH durch ihre Geschäftsführer vertreten. Diese auf Grund der Rechtsform notwendige Mehrstufigkeit der Vertretungsverhältnisse einer GmbH & Co. KG führt aber, was die handelnden Vertreter anbelangt, nur zu einer und nicht zu einer zusätzlichen Vertretungsebene aus einer oder mehreren natürlichen Personen. Entsprechend lässt der Wortlaut des § 5 Abs. 1 S. 3 ArbGG eine Einbeziehung gestufter Vertretungsverhältnisse zu (OLG Hamm v. 27.3.1...

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