Leitsatz (amtlich)

Ist bereits ein Hauptsacheverfahren vor einem staatlichen Gericht rechtshängig, in dem die Schiedseinrede nach § 1032 Abs. 1 ZPO erhoben worden ist, besteht für einen Feststellungsantrag nach § 1032 Abs. 2 ZPO regelmäßig kein Rechtsschutzbedürfnis.

 

Gründe

I.

Die Antragstellerin und die Antragsgegnerin, damals noch unter dem Namen "m.- AG" firmierend, schlossen am 11.08.2004 mit Wirkung zum 01.09.2004 einen Gesellschaftsvertrag über eine stille Beteiligung. In § 12 des Gesellschaftsvertrags vom 11.08.2004 vereinbarten die Vertragsparteien:

"§ 12 Schiedsvertrag

(1)

Über alle Streitigkeiten aus diesem Vertrag entscheidet unter Ausschluss des Rechtsweges ein Schiedsgericht.

(2)

Das Schiedsgericht entscheidet nach den Bestimmungen eines gesondert abzuschließenden Schiedsvertrages, der Bestandteil dieses Vertrages ist."

Eine Vereinbarung gemäß § 12 Abs. 2 wurde weder zeitgleich mit dem Gesellschaftsvertrag noch in der Folgezeit abgeschlossen. Mit Schriftsatz vom 07.10.2005 erhob die Antragstellerin Klage gegen die Antragsgegnerin beim Landgericht T. auf Rückzahlung der geleisteten Einlage von 145.000,00 EUR nebst Agio. In dem Rechtsstreit berief sich die Antragsgegnerin als dortige Beklagte auf § 12 des Gesellschaftsvertrages und wandte ein, dass nicht die staatlichen Gerichte, sondern ein Schiedsgericht über die Streitigkeit zu entscheiden habe. Nachdem der Vorsitzende Richter in der Güteverhandlung im Hinblick auf die Einrede der Schiedsabrede Bedenken gegen die Zulässigkeit der Klage geäußert hatte, hat die Antragstellerin am 21.11.2006 beim Oberlandesgericht beantragt, nach § 1032 Abs. 2 ZPO festzustellen, dass in dem zwischen den Parteien vor dem Landgericht T. geführten Rechtsstreit die Zulässigkeit eines Schiedsverfahrens nicht gegeben sei. Im Verfahren vor dem Landgericht T. hat die Antragstellerin einen zwischenzeitlich geschlossenen Vergleich widerrufen und Aussetzung des Verfahrens bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Feststellungsantrag beantragt. In der Sache hat die Antragstellerin im dortigen Verfahren vorgebracht, die Schiedsabrede sei mangels Bestimmbarkeit unwirksam. Demgegenüber steht die Antragsgegnerin als Beklagte auf dem Standpunkt, die Parteien müssten sich auf ein Schiedsgericht verständigen. Die Klägerin habe ihr Rügerecht verwirkt, denn sie habe den Mangel der Bestimmbarkeit im Verfahren nicht unverzüglich geltend gemacht und zudem hätte der Vertreter der Klägerin als zugelassener Rechtsanwalt den Mangel der Schiedsklausel bei Abschluss des Vertrages positiv kennen müssen. Das Landgericht T. hat bislang nicht entschieden.

Im vorliegenden Verfahren ist die Antragstellerin der Auffassung, ungeachtet des beim Landgericht T. anhängigen Rechtsstreits habe sie ein Rechtsschutzbedürfnis für eine Entscheidung des Oberlandesgerichts über die Unzulässigkeit des Schiedsverfahrens. Es entspreche der Prozessökonomie, vorab klären zu lassen, dass die Schiedsabrede aus den im Verfahren vor dem Landgericht T. vorgebrachten Gründen unwirksam sei.

Die Antragsgegnerin hält den Feststellungsantrag dagegen für unzulässig, da nunmehr das Landgerichts T. über die strittige Frage der Zulässigkeit der Klage vor den staatlichen Gerichten zu entscheiden habe.

II.

1.

Die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts München für Entscheidungen gemäß § 1032 Abs. 2 ZPO ergibt sich aus § 1025 Abs. 2, § 1062 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2, Abs. 5 ZPO i.V.m. § 8 der Gerichtlichen Zuständigkeitsverordnung Justiz (GZVJu vom 4.11.2004, GVBl. S. 471). Da der Ort des schiedsrichterlichen Verfahrens (noch) nicht bestimmt ist, ist für die örtliche Zuständigkeit auf den Sitz der Antragsgegnerin abzustellen, der in Bayern liegt.

2.

Der gestellte Antrag ist mangels Rechtsschutzbedürfnis als unzulässig zu verwerfen. Ihm fehlt das Rechtsschutzbedürfnis, weil bereits ein Hauptsacheverfahren vor einem staatlichen Gericht rechtshängig ist und dort die Schiedseinrede nach § 1032 Abs. 1 ZPO erhoben wurde.

a)

Die ZPO bietet drei verschiedene Wege zur Klärung der Frage an, ob anstelle staatlicher Gerichte ein Schiedsgericht zuständig ist. Zum einen kann der Beklagte vor dem erstinstanzlich zuständigen Gericht nach § 1032 Abs. 1 ZPO die Schiedseinrede erheben, zum zweiten kann ein Antrag an das zuständige Oberlandesgericht auf Feststellung der Zulässigkeit oder Unzulässigkeit eines schiedsrichterlichen Verfahrens nach § 1032 Abs. 2, § 1062 Abs. 1 Nr. 2 ZPO gestellt werden, und zum dritten besteht die Möglichkeit, die Unzuständigkeit des Schiedsgerichts im schiedsrichterlichen Verfahren nach § 1040 Abs. 1 Satz 1 ZPO geltend zu machen. Das Gesetz enthält zwar Regelungen über das Verhältnis des schiedsrichterlichen Verfahrens gegenüber dem Verfahren vor den staatlichen Gerichten, nicht jedoch eine Bestimmung über das Rangverhältnis von § 1032 Abs. 1 ZPO und § 1032 Abs. 2 ZPO untereinander. In Übereinstimmung mit der Entscheidung des Bayerischen Obersten Landesgerichts vom 7.10.2002 (Az. 4 Z SchH 8/02 = SchiedsVZ 2003, 188 f mit zustimmender Anmerkung ...

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