Leitsatz (amtlich)

Eine Gesamtgrundschuld, die an 2.100 Mithaftstellen in Grundbüchern von mehreren, in unterschiedlichen Bundesländern gelegenen Grundbuchämtern einzutragen ist, kann nicht mit der Begründung abgelehnt werden, es sei wegen der Vielzahl von Mithaftvermerken von der Besorgnis der Verwirrung auszugehen.

 

Normenkette

BGB § 1132 Abs. 1, § 1192 Abs. 1; GBO § 48

 

Verfahrensgang

AG Laufen (Beschluss vom 21.01.2013; Aktenzeichen ZE-4825-6)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Beteiligten wird der Beschluss des AG Laufen - Grundbuchamt - vom 21.1.2013 aufgehoben und das AG Laufen - Grundbuchamt - angewiesen, die Eintragung der Gesamtgrundschuld nicht wegen besorgter Verwirrung abzulehnen.

 

Gründe

I. Die Beteiligte ist eine Gesellschaft, in deren Eigentum eine Vielzahl von Grundstücken, Teileigentum und Wohnungseigentum stehen. Am 28.12.2012 bestellten die Beteiligte und weitere mit ihr verbundene Gesellschaften durch bevollmächtigte Vertreter zugunsten einer Hypothekenbank an etwa 2.100 Grundstücken, Wohn- bzw. Teileigentumseinheiten, die in Grundbüchern in 25 verschiedenen Grundbuchämtern in Deutschland eingetragen sind, eine Gesamtbuchgrundschuld i.H.v. 88.845.000 EUR. Am 7.1.2013 beantragten die Besteller durch den beurkundenden Notar u.a. beim AG L. - Grundbuchamt - die Eintragung der Gesamtgrundschuld an insgesamt 48 in dessen Bezirk gelegenen Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten.

Am 21.1.2013 hat das Grundbuchamt den Antrag hinsichtlich eines der Beteiligten gehörenden Wohnungseigentums mit folgender Begründung zurückgewiesen:

Die Eintragung an jeder der circa 2.100 Mithaftstellen in den betroffenen Grundbüchern und die zukünftigen Eintragungen zu Pfandentlassungen oder Neubelastungen zur Aktuellhaltung der Grundbücher seien faktisch nicht möglich. Selbst die Besteller hätten schon bei Erstbestellung der Gesamtgrundschuld den Überblick verloren gehabt und die Eintragung an Grundstücken beantragt, die schon nicht mehr in deren Eigentum stünden. In Anbetracht dieser Umstände sei analog § 5 GBO von der Besorgnis der Verwirrung durch die Eintragungen auszugehen.

Dagegen hat die Beteiligte mit Schriftsatz vom 31.1.2013 Beschwerde eingelegt. Eine Unklarheit durch Eintragung der Gesamtgrundschuld sei schon deswegen nicht zu besorgen, da fehlendes Eigentum der Bestellerin bei Eintragung ohne weiteres auffalle und zur Zurückweisung oder zur Rücknahme des Antrags insofern führen könne. Bei Verfügung über die Grundschuld insgesamt sei die Unklarheit des Grundbuchs genausowenig zu besorgen wie bei einzelwirksamen Verfügungen. Probleme könnten umgangen werden, wenn das Grundbuchamt, in dem der wertvollste Grundbesitz gelegen ist, ein zentrales Mithaftverzeichnis führen würde.

Dem hat das Grundbuchamt am 15.2.2013 nicht abgeholfen.

II. Die nach § 11 Abs. 1 RPflG mit § 71 Abs. 1 GBO statthafte Beschwerde ist auch im Übrigen zulässig (§ 73, 15 Abs. 2 GBO). Sie hat insofern Erfolg, als dem Antrag auf Eintragung einer Gesamtgrundschuld jedenfalls nicht das Hindernis der Besorgnis der Verwirrung entgegensteht.

1. Die Eintragung der Gesamtgrundschuld wurde gem. § 13 Abs. 1 Satz 2 GBO beim Grundbuchamt beantragt. Die Bewilligung nach § 19 GBO liegt formgerecht (§ 29 GBO) vor. Die Bewilligende ist auch als Eigentümerin des hier betroffenen Grundstücks (Wohnungseigentums) eingetragen.

2. Unter einer Gesamthypothek versteht das materielle Recht gem. § 1132 Abs. 1 Satz 1 BGB die Hypothek für eine Forderung an mehreren Grundstücken (Palandt/Bassenge BGB, 72. Aufl., § 1132 Rz. 1 ff.; MünchKomm/Eickmann BGB, 5. Aufl., § 1132 Rz. 1 und 5; Staudinger/Wolfsteiner BGB Bearb. April 2009 § 1132 Rz. 1). Entsprechend ist die Vorschrift auch auf die Grundschuld anwendbar (§ 1192 Abs. 1 BGB; s. BGH NJW 2010, 3300). Das Institut des Gesamtgrundpfandrechts war nicht immer unumstritten, ist aber letztlich als probates Sicherungsmittel anerkannt und wird auch im modernen Wirtschaftsleben als praktisch unverzichtbar erachtet (s. Staudinger/Wolfsteiner § 1132 Rz. 6/8; MünchKomm/Eickmann § 1132 Rz. 1), etwa im Fall von Großkrediten, wenn angesichts deren Volumina nur die Gesamtbelastung dem Gläubiger hinreichende Sicherung geben kann. Das Gesetz schränkt die Zahl der Grundstücke, die belastet werden sollen, nicht ein. Die Eigentumsordnung (s. § 903 BGB) stellt es grundsätzlich ins Belieben des Eigentümers, über die Form und den Umfang der Belastung zu entscheiden (vgl. auch OLG Hamm FGPrax 1998, 44, 45; KG NJW-RR 1989, 1360/1361). Die Komplexität der grundbuchverfahrensrechtlichen Umsetzung kann regelmäßig nicht die zulässige Grenze für die Ausübung legaler materieller Rechtspositionen bilden.

Die formelle Umsetzung der materiellen Mitbelastung mehrere Grundstücke und deren Verlautbarung regelt § 48 Abs. 1 GBO. Hiernach ist die Mitbelastung der übrigen Grundstücke von Amts wegen erkennbar zu machen. Dazu regelt für Bayern die Geschäftsanweisung für die Behandlung der Grundbuchsachen vom 16.10.2006 (- BayGBGA - abgedruckt bei Demharter, GBO, 28. Aufl. A...

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