Entscheidungsstichwort (Thema)

Abgabe einer Willenserklärung. Kostenentscheidung nach § 91 a ZPO. Pflichtteilsrecht

 

Leitsatz (redaktionell)

Das Recht zur Fristsetzung nach § 2307 II BGB können mehrere Erben nur gemeinschaftlich ausüben.

 

Normenkette

BGB § 2307 Abs. 2, § 2038; ZPO § 91a

 

Verfahrensgang

LG München II (Aktenzeichen 4 O 4251/85)

 

Tatbestand

I.

Die Klägerin begehrte mit der Klage die Bewilligung eines Nießbrauchs an dem im Miteigentum der Beklagten zu 1) und 2) stehenden Hälfteanteil am Grundstück Flur-Nr. 1231 der Gemarkung Gauting.

Durch handschriftliches Testament des Erblassers … war ihr an dessen Miteigentumsanteil am Grundstück und an der Einrichtung des Hauses in Gauting Nießbrauch eingeräumt worden. Die beiden Beklagten wurden am 13.3.1984 als Miteigentümer in Erbengemeinschaft auf Grund Erbscheins vom 24.3.1983 eingetragen.

Die Beklagte zu 1) berief sich darauf, daß das der Klägerin zugedachte Vermächtnis als ausgeschlagen gelte, ihr zudem ein Zurückbehaltungsrecht u. a. deshalb zustehe, weil die Klägerin trotz Aufforderung Auskunft über den Bestand der Erbschaft und den Verbleib der Erbschaftsgegenstände nicht erteilt habe.

Durch Teilurteil des Landgerichts vom 9.4.1986 wurden das Teil-Versäumnisurteil gegen die Beklagte zu 1) vom 16.10.1985 aufgehoben und die Klage gegen die Beklagte zu 1) abgewiesen.

Mit der dagegen eingelegten Berufung verfolgte die Klägerin ihre Ansprüche auf Bewilligung eines Nießbrauchs weiter.

Im Zwangsversteigerungsverfahren zum Zwecke der Aufhebung der Gemeinschaft des Amtsgerichts Weilheim, Vollstreckungsgericht, wurde das Grundstück Flur-Nr. 1231 der Gemarkung Gauting der Klägerin zugeschlagen.

Im Termin vom 12.1.1987 haben die Parteien den Rechtsstreit und das Verfahren hinsichtlich des Antrags der Klägerin vom 10.7.1986 auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung in der Hauptsache für erledigt erklärt. Sie beantragten in beiden Verfahren, jeweils dem Gegner die Kosten aufzuerlegen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Nach übereinstimmender Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache war gemäß § 91 a Abs. 1 ZPO über die Kosten unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen zu entscheiden.

Dabei war auf den voraussichtlichen Ausgang des Rechtsstreits, wäre die Hauptsache nicht für erledigt erklärt worden, abzustellen; die allgemeinen Grundgedanken des Kostenrechts wären heranzuziehen.

Danach waren die Kosten des Rechtsstreits, mit Ausnahme der durch die Säumnis der Beklagten zu 1) in erster Instanz veranlaßten Kosten, die gemäß § 344 ZPO – auch bei einer Kostenentscheidung nach § 91 a ZPO (Thomas-Putzo, § 344 ZPO, Anm. 2) – von dieser zu tragen sind, entsprechend § 92 Abs. 1 ZPO gegeneinander aufzuheben.

Die gemäß §§ 511 ff ZPO zulässige Berufung der Klägerin hätte voraussichtlich teilweise Erfolg gehabt.

Nach dem bisherigen Sach- und Streitstand im Berufungsverfahren wäre, abweichend vom Ersturteil, nicht davon auszugehen gewesen, daß das der Klägerin zugedachte Vermächtnis – Nießbrauch am Miteigentumsanteil des Erblassers an dem Anwesen in Gauting und an Einrichtungsgegenständen – gemäß § 2307 Abs. 2 Satz 2 BGB als ausgeschlagen gilt. Dem Berufungsvorbringen der Parteien, insbesondere der Beklagten zu 1), zufolge, hatte die Beklagte zu 1) allein die Klägerin unter Fristsetzung zur Erklärung über die Annahme des Vermächtnisses aufgefordert. Da aber sie und die weitere Erbin, die Beklagte zu 2), mit demselben Vermächtnis beschwert sind, konnten beide Erben, entsprechend § 2038 BGB und im Hinblick auf die Folgen einer eventuellen Vermächtnisausschlagung nach § 2307 Abs. 1 BGB für den Nachlaß, das Recht zur Fristsetzung aus § 2307 Abs. 2 BGB nur gemeinschaftlich ausüben (Staudinger-Ferid-Cieslar, § 2307 BGB, Rdnr. 45). Um einen Nachlaßanspruch im Sinne des § 2039 BGB handelt es sich bei dem Recht zur Fristsetzung nicht. Die Fristsetzung durch die Beklagte zu 1) war demnach wirkungslos (§ 180 BGB).

Die Berufung der Klägerin hätte indessen nicht zur uneingeschränkten Verurteilung der Beklagten zu 1) geführt.

Die Beklagte zu 1) hat, bereits in erster Instanz, ein Zurückbehaltungsrecht wegen Ansprüchen auf Auskunftserteilung und Erstattung von DM 10.925,84 geltend gemacht.

Den Erben stehen gegenüber der Klägerin Ansprüche auf Auskunft gemäß § 2028 BGB (Auskunftspflicht des Hausgenossen) und, soweit diese die Erbschaft über die ihr vermachten Gegenstände hinaus erlangt hat, auch aus § 2027 Abs. 1 BGB zu. Auskunft ist unstreitig bisher nicht erteilt worden.

Die Erben haben darüber hinaus einen Anspruch auf Erstattung von DM 10.925,84 gegen die Klägerin. Nach den bisher nicht bestrittenen, damit gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden geltenden Behauptungen der Beklagten zu 1) haben sie und die Beklagte zu 2) vom Nachlaßkonto für Arzt- und Erbfallkosten am 17.3.1983 DM 15.095,97 bezahlt. Von der Beihilfestelle der B. V. … wurden davon 10.925,84 DM erstattet, indessen an die Klägerin überwiesen, die diesen Betrag trotz mehrfacher Aufforderung nicht herausgegeben hat.

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