Leitsatz (amtlich)

1. Zum Rechtsschutz im Grundbuchverfahren, wenn eine Zwangshypothek aufgrund Ersuchens einer Behörde (Finanzamt) eingetragen worden ist.

2. Nach Eintragung einer Zwangssicherungshypothek auf Ersuchen des Finanzamts kommt im Beschwerdeverfahren die Anordnung einer Maßnahme nach § 53 Abs. 1 GBO auch dann nicht in Betracht, wenn der Schuldner belegt, dass ihm schon vor der AntragsteIlung Vollstreckungsaufschub gewährt worden ist.

 

Normenkette

AO § 322 Abs. 3; GBO §§ 38, 53 Abs. 1, § 71 Abs. 2, § 72; ZPO §§ 766-767, 769, 793, 866-867

 

Verfahrensgang

AG Dachau (Beschluss vom 19.06.2015; Aktenzeichen Etzenhausen Bl. 4033)

 

Tenor

I. Der Beschluss des AG Dachau - Grundbuchamt - vom 19.6.2015 wird aufgehoben.

II. Die Beschwerde des Beteiligten zu 1 gegen die am 2.6.2015 im Grundbuch des AG Dachau von E. Bl. xxxx (Abteilung x, laufende Nr. x) zugunsten des Beteiligten zu 2 vorgenommene Eintragung einer Zwangssicherungshypothek zu 181.145,16 EUR wird zurückgewiesen.

III. Der Beteiligte zu 1 hat die gerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

 

Gründe

I. Der Beteiligte zu 1 ist im Grundbuch als Eigentümer eines Grundstücks eingetragen. Auf Ersuchen des Finanzamts vom 28.5.2015 trug das Grundbuchamt zugunsten des Freistaats Bayern (Beteiligter zu 2) am 2.6.2015 eine Zwangssicherungshypothek zu 181.145,16 EUR am Grundstück ein. In dem mit einem Amtstempel und Unterschrift versehenen Antrag war gemäß § 322 Abs. 3 Satz 2 AO bestätigt, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für die Vollstreckung vorliegen. Als Schuldgrund für die Zwangshypothek waren Einkommensteuer, Zinsen auf Einkommensteuer, Säumniszuschläge auf Einkommensteuer, Solidaritätszuschläge sowie Zinsen hierauf für den Zeitraum 2012 bis Mai 2015 aufgeführt.

Am 15.6.2015 hat der Beteiligte zu 1 beim Grundbuchamt ausdrücklich Beschwerde nach § 71 Abs. 2 Satz 2 GBO eingelegt mit dem Ziel, die Zwangshypothek zu löschen. Es beständen gegen ihn zwar Steuerforderungen. Das Finanzamt habe ihm jedoch am 28.5.2015 Aufschub gewährt und die Vollstreckung bis 24.11.2015 unter der Bedingung ausgesetzt, dass er Teilzahlungen leiste, die erste über 30.000 EUR fällig am 15.6.2015 und sodann weitere fünf Teilzahlungen von je 12.000 EUR monatsweise. Eine Sicherheitsleistung habe das Finanzamt nicht angeordnet. Entgegen der Zusage eines Vollstreckungsaufschubs und ohne ihn oder seine anwaltlichen Vertreter zu informieren habe das Finanzamt dann zeitgleich die Eintragung einer Zwangshypothek beantragt. Die Zwangsvollstreckung gegen ihn sei gesetzlich unzulässig und das Grundbuchamt anzuweisen, die eingetragene Sicherungshypothek zu löschen. Die Unzulässigkeit ergebe sich aus § 775 Nr. 4 ZPO, nämlich der schriftlichen Stundungsbewilligung der Beteiligten zu 2. Der Verstoß gegen § 775 Nr. 4 ZPO habe zur Folge, dass die Vollstreckungsmaßnahme auf seinen zulässigen Rechtsbehelf (§ 71 Abs. 2 Satz 2 GBO) hin aufzuheben sei.

Das Grundbuchamt hat mit Beschluss vom 19.6.2015 die Beschwerde gegen die Eintragung der Zwangshypothek zurückgewiesen. Die Eintragungsvoraussetzungen hätten vorgelegen, gegen das formelle Konsensprinzip sei nicht verstoßen worden. Einwendungen gegen die Eintragung könnten nur im Weg der Vollstreckungsgegenklage geltend gemacht werden.

Gegen die Entscheidung des Grundbuchamts hat der Beteiligte zu 1 am 10.7.2015 wiederum Beschwerde eingelegt mit dem Antrag, den grundbuchamtlichen Beschluss aufzuheben und seiner Beschwerde abzuhelfen, hilfsweise, seine Beschwerde vom 15.6.2015 dem Oberlandesgericht vorzulegen. Die Entscheidung sei schon aus formellen Gründen aufzuheben, weil das Grundbuchamt unzuständig gewesen sei. Im Übrigen sei § 767 ZPO (Vollstreckungsgegenklage) nicht zwingend der gebotene Rechtsbehelf. § 766 ZPO sei anzuwenden, wenn Vollstreckungsorgane sehenden Auges vorliegende Vollstreckungsvereinbarungen nicht beachteten. Dies müsse auch im Rahmen von Rechtsbehelfen nach § 71 Abs. 2 GBO eingewendet werden können. Das Vorgehen des Finanzamts widerspreche zudem eklatant dem Grundsatz von Treu und Glauben.

Das Grundbuchamt hat nicht abgeholfen und noch ausgeführt, die Beschwerde vom 15.6.2015 als Antrag auf Eintragung eines Amtswiderspruchs bzw. auf Löschung ausgelegt zu haben. Dem habe nicht entsprochen werden können, weil die formellen Eintragungsvoraussetzungen vorgelegen hätten.

II. Gegenstand des Beschwerdeverfahrens bildet die Eintragung der Zwangshypothek am 2.6.2015. Statthaftes Rechtsmittel bildet insofern nicht die Erinnerung nach § 766 ZPO mit der Möglichkeit, Beschwerde nach § 793 ZPO einzulegen, sondern die Grundbuchbeschwerde nach § 71 Abs. 2 GBO (BayObLGZ 1975, 398/401 f.; Seiler in Thomas/Putzo ZPO 36. Aufl. § 867 Rn. 19/20; MüKo/Eickmann ZPO 4. Aufl. § 867 Rn. 73). Der Beteiligte zu 1 hat dies in seinem zulässigen (§ 11 Abs. 1 RPfIG, § 71 Abs. 1, § 73 Abs. 1 und 2 GBO, § 10 Abs. 2 Satz 1 FamFG) Antrag vom 15.6.2015 berücksichtigt und dabei zutreffend die Beschränkung in § 71 Abs. 2 Satz 2 GBO beachtet, die auch gilt, wenn das Grund...

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