Entscheidungsstichwort (Thema)

Doppelte Erstattung der Einigungsgebühr bei Terminsvertretung

 

Leitsatz (amtlich)

Handelt der Terminsvertreter im Termin die Einigung aus und wirkt er bei der Protokollierung mit, so sind zwei Einigungsgebühren zu erstatten, wenn der Prozessbevollmächtigte auch mitgewirkt hat, indem er zur Annahme eines Vergleichsvorschlags des Gerichts geraten hat, der dem später im Termin ausgehandelten Vergleich im Wesentlichen entspricht.

 

Normenkette

ZPO § 91; RVG-VV Nr. 1000 ff., Nr. 3401

 

Verfahrensgang

LG Augsburg (Beschluss vom 23.03.2007; Aktenzeichen 1 O 540/06)

 

Tenor

I. Der Kostenfestsetzungsbeschluss des LG Augsburg vom 23.3.2007 wird dahingehend abgeändert, dass der Erstattungsbetrag auf 966,79 EUR heraufgesetzt wird.

II. Der Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III. Der Beschwerdewert beträgt 384,13 EUR.

IV. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin wendet sich dagegen, dass die Einigungsgebühren nicht für zwei Rechtsanwälte, für den Prozessbevollmächtigten und den Terminsvertreter, sondern nur einmal anerkannt wurde.

Mit der Klage verlangte die Klägerin Krankenversicherungsbeiträge i.H.v. 5.420,94 EUR. Im Termin vom 11.8.2006 einigten sich die Parteien unter Einbeziehung von weiteren, nicht anhängigen Versicherungsraten. Der Streitwert wurde auf 5.420,94 EUR, für den Vergleich auf 7.744,20 EUR festgesetzt. Vereinbart wurde, dass die Klägerin 3/7 und der Beklagte 4/7 der Kosten des Rechtsstreits trägt.

Die in Köln ansässige Klägerin wurde von ihren Düsseldorfer Hausanwälten als Prozessbevollmächtigte vertreten. In der mündlichen Verhandlung trat ein Terminsvertreter für sie auf. Der letztlich geschlossene Vergleich entsprach im Wesentlichen einem schon früher vom Gericht gem. § 278 Abs. 6 ZPO unterbreiteten Vergleichsvorschlag, dessen Annahme der Klägervertreter seinem Mandanten empfahl, den der Beklagte zunächst ablehnte. Im nachfolgenden Termin wurde nach erneuter Erörterung im Wesentlichen der gleiche Vertrag geschlossen. Von ihrer Widerrufsmöglichkeit machte die Klägerin keinen Gebrauch.

Die Klägerin meldete 3.397,90 EUR Kosten zur Kostenfestsetzung an. Darin enthalten waren zweimal eine 1,0 Einigungsgebühr gem. VV 1003 i.H.v. jeweils 338 EUR und zweimal eine 1,5 Einigungsgebühr gem. VV 1000 aus einem Gegenstandswert von 2.323,26 EUR i.H.v. 241,50 EUR.

Das LG hat die Einigungsgebühren nur einmal, also i.H.v. 338 EUR plus 241,50 EUR anerkannt. Die Einigungsgebühren seien nur einmal angefallen. Jedenfalls könnten sie aber bei der Kostenfestsetzung nicht doppelt geltend gemacht werden.

II. Die sofortige Beschwerde ist begründet.

1. Obgleich die Klägerin ein Unternehmen mit einer eigenen Rechtsabteilung ist, sind ihr grundsätzlich die Reisekosten eines in ihrer Nähe residierenden Prozessbevollmächtigten zu erstatten. Nach der Rechtsprechung des BGH ist ein solches Unternehmen nur dann auf eine schriftliche Information eines am Prozessgericht residierenden Prozessbevollmächtigten angewiesen, wenn die Rechtsabteilung auch vorprozessual mit dem Streitgegenstand befasst war, was im vorliegenden Fall nicht gegeben war. Im Übrigen hat der BGH gerade für die Klägerin entschieden, dass sie ihren Vertrauensanwalt als Prozessbevollmächtigten ohne erstattungsrechtliche Nachteile beauftragen kann (BGH r+s 2005, 91).

2. Anstelle der Reisekosten kann die von einem auswärtigen Prozessbevollmächtigten vertretene Partei auch die Mehrkosten eines Terminvertreters geltend machen, vorausgesetzt, dass diese Mehrkosten nicht erheblich höher als die Reisekosten sind.

Aufgrund der von der Klägerin vorgelegten fiktiven Berechnung dieser Reisekosten, die der Beklagte nicht angegriffen hat, und die auch sonst nicht zu beanstanden ist, ergibt sich, dass die Reisekosten nur ganz geringfügig niedriger gewesen wären als die Mehrkosten durch den Terminsvertreter, selbst wenn man eine zweite Einigungsgebühr mit berücksichtigt.

Hieran ändert sich auch nichts dadurch, dass die Klägervertreter nicht am Geschäftssitz der Klägerin in Köln, sondern in Düsseldorf residieren. Auch wenn man davon ausgeht, dass dann nur die Reisekosten von Köln aus zugrunde zu legen sind, ergibt sich angesichts der Nähe von Düsseldorf zu Köln keine so erhebliche Abweichung, dass die Reisekosten von Köln als erheblich niedriger als die Mehrkosten durch einen Terminsvertreter angesehen werden könnten.

3. Sowohl die Prozessbevollmächtigten als auch der Terminsvertreter haben eine 1,0 Einigungsgebühr aus 5.420,94 EUR und eine 1,5 Einigungsgebühr aus 2.323,26 EUR verdient. Beide haben an der Einigung mitgewirkt. Der Terminsvertreter hat den Vergleich im Gericht geschlossen, was eine Mitwirkungshandlung ist. Die Prozessbevollmächtigten haben jedenfalls dadurch mitgewirkt, dass sie der Klägerin geraten haben, einen gerichtlichen Vergleichsvorschlag zu akzeptieren, der dem später im Termin ausgehandelten Vergleich im Wesentlichen entspricht. Dieser Rat war auch kausal für das Zustandekommen der Einigung.

4. Die doppelten Einigungsg...

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