Leitsatz (amtlich)

Die Löschungsbewilligung für ein Gesamtgrundpfandrecht umfasst im Zweifel auch einen Teilverzicht des Gläubigers, die eine Teillöschung ohne Nachweis der Eigentümerzustimmung erlaubt.

 

Normenkette

GBO §§ 19, 27; BGB §§ 133, 875, 1168, 1175, 1183

 

Verfahrensgang

AG Augsburg

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Beteiligten wird die Zwischenverfügung des AG Augsburg - Grundbuchamt - vom 17.11.2015, soweit sie das Fehlen von Pfandfreigaben beanstandet, aufgehoben.

 

Gründe

I. Dem Beteiligten gehört Wohnungs- und Teileigentum (Wohnungen und Stellplätze). In der Dritten Abteilung der Wohnungs- und Teileigentumsgrundbücher sind je zwei Buch- und zwei Briefgrundschulden für die D. Bank zu Beträgen von 102.258,38 EUR (III/1), 51.129,19 EUR (III/2), 144.848,99 EUR (III/3) und 102.258,38 EUR (III/4), ferner eine weitere Buchgrundschuld für die A. Bank zu 102.258,38 EUR (III/5) eingetragen. Die Gesamthaft an anderen Grundstücken (Wohnungs- und Teileigentum), die nur teilweise im Eigentum des Beteiligten bzw. seiner Ehefrau stehen, ist jeweils vermerkt.

Zu notarieller Urkunde vom 17.8.2015 beantragte der Beteiligte u.a. die Löschung der eingetragenen Gesamtbelastungen. Den Antrag legte der Notar gemäß § 15 GBO am 12.11.2015 dem

Grundbuchamt zum Teilvollzug vor, nämlich beschränkt auf die Einheiten im Eigentum des Beteiligten und seiner Ehefrau, die der Löschung zugestimmt hat. Dem Antrag liegt eine Löschungsbewilligung der D. Bank vom 15.11.2012 bei, in der unter Bezugnahme auf alle die Gesamtgrundschulden betreffenden Grundbücher unter Verzicht auf Vollzugsnachricht erklärt wird:

Hiermit bewilligen wir die Löschung der vorbezeichneten Grundschulden nebst Zinsen und Nebenleistungen im Grundbuch und an allen etwaigen sonstigen dort vermerkten Mithaftstellen.

Die Erklärung der A. Bank vom 2.9.2015 hinsichtlich sämtlicher Grundbuchblätter lautet:

Es wird bewilligt und beantragt, an dem bezeichneten Grundbesitz, sowie an allen dort etwa vermerkten Mithaftstellen samt allen Nebeneinträgen und etwaigen Löschungsvormerkungen zu löschen: 102.258,38 EUR Buchgrundschuld ...

Soweit hier noch erheblich hat das Grundbuchamt den Eintragungsantrag mit fristsetzender Zwischenverfügung vom 17.11.2015 dahingehend beanstandet, dass jeweils Pfandfreigaben fehlten. Eine Löschungsbewilligung könne nicht in eine Pfandfreigabeerklärung umgedeutet werden.

Hiergegen wendet sich die Beschwerde des Urkundsnotars, der unter Verweis auf einschlägige Rechtsprechung die Ansicht vertritt, dass die vorgelegte Löschungsbewilligung den Teilvollzug erlaube.

Das Grundbuchamt hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

II. Die gegen die Zwischenverfügung des Grundbuchamts (§ 18 Abs. 1 GBO) erhobene Beschwerde ist statthaft (§ 11 Abs. 1 RPflG; § 71 Abs. 1 GBO) und auch im Übrigen zulässig (§§ 73, 15 Abs. 2 GBO). Sie hat in der Sache Erfolg, da die für die Gesamtgrundpfandrechte erteilten Löschungsbewilligungen dahin ausgelegt werden können, dass sie auch einen Teilvollzug erlauben und die dafür erforderliche materiell-rechtliche Erklärung des Teilverzichts mitenthalten.

1. Das Grundbuchamt verlangt für den Teilvollzug der Löschung zusätzlich zur Bewilligung noch die Vorlage einer Pfandfreigabeerklärung. Eine solche kann Gegenstand einer Zwischenverfügung sein (OLG Hamm MittBayNot 1998, 446).

2. Bei dem gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 2. Alt. GBO zulässig gestellten Löschungsantrag des Beteiligten ist zu prüfen, ob dieser von der Bewilligung (§ 19 GBO) der voreingetragenen (§ 39 GBO) Grundschuldgläubigerin gedeckt ist. Der Vollzug eines Eintragungsantrags, der dem Umfang nach hinter der Bewilligung zurückbleibt, ist jedenfalls unter der Voraussetzung zulässig, dass nach dem Inhalt der Bewilligung ein Teilvollzug zugelassen werden soll, also inhaltlich trennbare Einzelbewilligungen vorliegen (BayObLGZ 1948 - 51, 508/515 f.; 1955, 48/53; Demharter GBO 29. Aufl. § 13 Rdn. 19). Ob neben der Bewilligung weitere Erklärungen erforderlich sind, hängt davon ab, aus welchem materiell-rechtlichen Grund die Löschung erfolgen soll.

a) Nach § 875 BGB setzt die Aufhebung eines Rechts an einem Grundstück die Erklärung des Berechtigten und die Löschung im Grundbuch voraus. Zusätzlich ist für die Löschung einer (Gesamt-)Hypothek nach § 1183 BGB die Zustimmung des (der) Eigentümer(s) erforderlich. Liegt hingegen der Bewilligung ein Verzicht auf die Hypothek (§ 1168 BGB) bzw. Gesamthypothek (§ 1175 BGB) oder -grundschuld (§ 1192 Abs. 1 BGB) zugrunde, so fällt diese dem (den) Eigentümer(n) gemeinsam zu (§§ 1168, 1175 Abs. 1 Satz 1 BGB). Es entsteht eine Gesamteigentümergrundschuld (§§ 1172, 1177 Abs. 1 BGB), die an Einzelgrundstücken nur aufgrund einer entsprechenden Erklärung des Gläubigers gelöscht werden kann, wenn die übrigen Eigentümer der mithaftenden Grundstücke zustimmen oder er von allen anderen Eigentümern der mithaftenden Grundstücke diese Zustimmung verlangen kann (BGH MDR 2010, 799). Erklärt der Gesamtgläubiger hingegen den Verzicht auf die Gesamtgrundschuld nur an einem der haftenden Grun...

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