Entscheidungsstichwort (Thema)

Kostenerstattung für Avalzinsen zur Abwendung der Zwangsvollstreckung. Vollstreckungsabwehrklage. Kostenfestsetzung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Zuständigkeit des Vollstreckungsgericht für die Festsetzung von Vollstreckungskosten nach § 788 Abs. 2 ZPO n.F. hängt nicht davon ab, ob die betreffende Vollstreckungsmaßnahme erst nach dem Inkraftreten der Neuregelung (1.1.1999) stattfand, sondern allein davon, ob der Festsetzungsantrag davor oder danach gestellt worden ist.

2. Zur Abwendung der Zwangsvollstreckung aufgewendete Bürgschaftskosten (Avalzinsen), welche dem Kläger einer Vollstreckungsgegenklage im Hinblick auf einen Einstellungsbeschluß nach § 769 ZPO bzw. dem vorläufig vollstreckbar verurteilten Beklagten entstanden sind, sind nicht als Kosten der Zwangsvollstreckung, sondern als Kosten der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung im Sinne des § 91 Abs. 1 ZPO zu erstatten.

 

Normenkette

ZPO § 91 Abs. 1, §§ 769, 788 Abs. 1-2

 

Verfahrensgang

LG Kempten (Beschluss vom 05.08.1999; Aktenzeichen 1 O 1061/97)

 

Tenor

I. Auf die sofortige Beschwerde wird der Kostenfestsetzungsbeschluß des Landgerichts Kempten vom 05.08.1999 dahin abgeändert, daß die von dem Beklagten an die Klägerin zu erstattenden Kosten auf

163.252,55 DM

nebst 4 % Zinsen seit 29.09.1998 aus 101.538,03 DM und aus 61.714,52 DM seit 26.07.1999 festgesetzt werden. Im übrigen wird die sofortige Beschwerde zurückgewiesen.

II. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Beklagte.

III. Der Beschwerde wert beträgt für die gerichtlichen Kosten des Verfahrens 61.714,52 DM, für die außergerichtlichen Kosten 63.618,89 DM.

 

Tatbestand

I.

Die Parteien streiten um die Erstattungsfähigkeit von Avalzinsen, welche die Klägerin aufgewendet hat, um die Zwangsvollstreckung aus der für vollstreckbar erklärten Notarurkunde abzuwenden, aus welcher der Beklagte die Vollstreckung gegen die Klägerin betrieb, welche deswegen die vorliegende Vollstreckungsabwehrklage gegen den Beklagten erhoben hatte. Insoweit hat das Landgericht zu Gunsten der in vollem Umfang erstattungsberechtigten Klägerin mit Kostenfestsetzungsbeschluß vom 05.08.1999 innerhalb eines Gesamterstattungsbetrages von 165.156,92 DM auch Avalzinsen von 63.618,89 DM festgesetzt.

Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Beklagten. Er verweist darauf, daß es sich hier nicht um Bürgschaftskosten handle, die aufgewendet worden seien, um eine Vollstreckung zu ermöglichen. Es sei vielmehr um die Abwendung der Zwangsvollstreckung aus der für vollstreckbar erklärten Notarurkunde im Rahmen des Vollstreckungsgegenklageverfahrens gegangen. Derartige Bürgschaftskosten könnten im Kostenfestsetzungsverfahren als Kosten des Vollstreckungsschuldners (hier der Klägerin) nicht festgesetzt werden. Überdies sei eine Festsetzung durch das Prozeßgericht auch im Hinblick auf die Neuregelung des § 788 ZPO im Hinblick auf die Zuständigkeit des Vollstreckungsgerichts fraglich.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde des Beklagten hat nur in geringem Umfang erfolg.

1) Obwohl die Klägerin ihren entsprechenden Festsetzungsantrag erst am 26.07.1999 gestellt hat, also zu einem Zeitpunkt als die Neuregelung des § 788 Abs. 2 ZPO bereits in Kraft war, hat die zuständige Rechtspflegerin des Prozeßgerichts zu Recht ihre Zuständigkeit zur Festsetzung der geltend gemachten Avalzinsen und deren Festsetzbarkeit bejaht.

a) Auf Grund der gesetzlichen Neufassung des § 788 Abs. 2 ZPO ist für die Festsetzung von Vollstreckungskosten, wenn der Festsetzungsantrag nach dem 01.01.1999 gestellt worden ist, nicht mehr das Prozeßgericht, sondern das Vollstreckungsgericht zuständig (Senatsbeschlüsse vom 25.08.1999 – 11 W 2308/99 – und 13.09.1999 – 11 W 2378/99 und – 11 W 2379/99 –). Dabei kommt es mangels einer Übergangsregelung nicht darauf an, ob die Vollstreckungshandlung, welche die festzusetzenden Vollstreckungskosten ausgelöst hat, noch vor Inkrafttreten der gesetzlichen Neuregelung durchgeführt worden war, sondern allein darauf, wann der entsprechende Festsetzungsantrag gestellt wird (Zöller-Stöber, ZPO, 21. Aufl., Rn. 19 zu § 788). Das Prozeßgericht bleibt jedoch – abgesehen von den in § 788 Abs. 2 ZPO ausdrücklich geregelten Fällen – auch dann zuständig, wenn es in Wahrheit nicht um die Festsetzung von Vollstreckungskosten, sondern von Kosten der Rechtsverfolgung nach § 91 Abs. 1 ZPO geht.

b) Der Senat hat schon früher ausgesprochen (Senatsbeschluß vom 04.10.1996 – 11 W 2763/96 –), daß Kosten der Zwangsvollstreckung im Sinne von § 788 Abs. 1 ZPO nur solche Aufwendungen sind, die unmittelbar und konkret zum Zweck der Vorbereitung und des Betriebs der Vollstreckung gemacht werden. Dazu gehören insbesondere Kosten, welche dem Gläubiger beim Betreiben von Pfändungsmaßnahmen erwachsen, nämlich die 3/10 Vollstreckungsgebühr des Rechtsanwalts nach § 57 Abs. 1 BRAGO sowie die Gerichtskosten und die Kosten des eingeschalteten Gerichtsvollziehers. Nach allgemeiner Meinung, der...

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