Leitsatz (amtlich)

Bei der Vorbem. 4 Abs. 3 Satz 2 RVG-VV handelt es sich um eine Ausnahmeregelung. Es wird daran festgehalten, dass für die Entstehung der Terminsgebühr das Erscheinen des Rechtsanwalts zum anberaumten Termin erforderlich ist, d.h. seine körperliche Anwesenheit als Verteidiger im Gerichtsgebäude mit dem Ziel der Teilnahme an der Hauptverhandlung. Das gilt auch, wenn der Rechtsanwalt zu mehreren nacheinander terminierten Hauptverhandlungsterminen angereist ist, von denen einer kurzfristig abgesetzt wird, wovon der Rechtsanwalt aber erst am Gerichtsort erfährt.

 

Tenor

  • I.

    Die Erinnerung wird als unbegründet verworfen.

  • II.

    Das Verfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

I.

1.

Der Senat hat Rechtsanwalt H. mit Beschluss vom 22.11.2012 der Angeklagten pp. als Pflichtverteidiger beigeordnet.

2.

Mit Schreiben vom 6.6.2014, bei dem Oberlandesgericht eingegangen am 27.6.2014, hat Rechtsanwalt H. beantragt, für die Teilnahme an der Hauptverhandlung in der Zeit vom 6.5.2014 bis zum 5.6.2014 (110. bis 119. Hauptverhandlungstag) gesetzliche Gebühren in Höhe von 7.843,29 € festzusetzen. Für den ausgefallenen eigentlichen 116. Hauptverhandlungstag am 27.5.2014 hat er dabei eine Terminsgebühr Nr. 4121 VV RVG in Höhe von 434,00 € in Ansatz gebracht.

3.

Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle hat die Rechtsanwalt H. aus der Staatskasse für den Abrechnungszeitraum zu zahlenden Gebühren mit Beschluss vom 27.6.2014, auf den Bezug genommen wird, auf 6.691,37 € festgesetzt.

Die für den abgesetzten Termin vom 27.5.2014 in Ansatz gebrachte Terminsgebühr hat sie nicht bewilligt, da die Abladung am 26.5.2014 rechtzeitig erfolgt sei. Für den Anfall der Gebühr genüge nicht die Anreise zum Termin, mit der Absicht, an diesem teilzunehmen.

4.

Mit Telefaxschreiben vom 27.6.2014, eigegangen am selben Tag, legte Rechtsanwalt H. gegen den Festsetzungsbeschluss vom 27.6.2014 Erinnerung ein; er ist der Ansicht, der Absatz der beantragten Terminsgebühr für den 27.5.2014 sei rechtsfehlerhaft. Die Benachrichtigung von der Aufhebung des Termins vom 27.5.2014 sei zwar am Vortag erfolgt, mit Blick auf die Terminierung sei dies jedoch nicht als rechtzeitig anzusehen, da er sich zum Zeitpunkt der Versendung der Mitteilung über die Terminsaufhebung auf Grund seiner Teilnahme an dem Hauptverhandlungstermin vom 26.5.2014 in München aufgehalten habe und zur Vermeidung deutlich höherer Reisekosten wegen des am 28.5.2014 folgenden Hauptverhandlungstages auch nicht abgereist sei. Da er keine Akten aus anderen Mandaten mitgeführt habe, habe er seine Arbeitszeit, ausgenommen einen Haftbesuch bei seiner Mandantin, nicht anderweitig nutzen können. Der vorliegende Fall sei mit demjenigen gleichzusetzen, in dem ein Rechtsanwalt die Anreise bereits begonnen hat und zu diesem Zeitpunkt über die Terminsaufhebung noch nicht in Kenntnis gesetzt worden war.

Ergänzend wird auf die Erinnerung vom 27.6.2014 Bezug genommen.

5.

Die Vertreterin der Staatskasse hat in ihrer Stellungnahme vom 2.7.2014, die dem Antragsteller zur Kenntnis gebracht wurde, dargelegt, dass nur das Erscheinen im Termin mit körperlicher Anwesenheit bzw. das Betreten des Gerichtsgebäudes mit dem Ziel der Verhandlung eine Terminsgebühr auslösen könne, vorausgesetzt der Rechtsanwalt sei nicht rechtzeitig von der Aufhebung des Termins in Kenntnis gesetzt worden. Der Verteidiger sei rechtzeitig am Vortag von der Terminsaufhebung informiert worden. Der Umstand, dass er auswärts ansässig sei und möglicherweise den ausgefallenen Terminstag nicht in der üblichen Weise habe nutzen können, rechtfertige keine andere Betrachtungsweise.

Auf die Stellungnahme wird ergänzend Bezug genommen.

6.

Mit Beschluss vom 3.7.2014 hat die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle der Erinnerung nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

II.

Die zulässige Erinnerung (§ 56 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 RVG) hat in der Sache keinen Erfolg. Der Senat entscheidet durch den Einzelrichter (§ 56 Abs. 2 Satz 1 RVG i.V.m. § 33 Abs. 8 Satz 1 RVG).

1.

Aus der Begründung der Erinnerung ergibt sich, dass sich Rechtsanwalt H. lediglich insoweit gegen den Festsetzungsbeschluss des Oberlandesgerichts vom 27.6.2014 wendet, als ihm für den abgesetzten Hauptverhandlungstermin vom 27.5.2014 keine Terminsgebühr nach Nr. 4121 VV RVG bewilligt wurde.

2.

Ein Rechtsanwalt verdient die Terminsgebühr nach Nr. 4121 VV RVG für die Teilnahme an der Hauptverhandlung (Vorb. 4 Abs. 3 Satz 1 VV RVG). Er erhält die Terminsgebühr auch dann, wenn er zu einem anberaumten Termin erscheint, dieser aber aus Gründen, die er nicht zu vertreten hat, nicht stattfindet (Vorb. 4 Abs. 3 Satz 2 VV RVG). Dies gilt nicht, wenn er rechtzeitig von der Aufhebung oder der Verlegung des Termins Kenntnis erlangt hat (Vorb. 4 Abs. 3 Satz 3 VV RVG).

Der klare und eindeutige Wortlaut der genannten Vorschriften macht damit das Entstehen der Terminsgebühr von der Teilnahme an bzw. dem Erscheinen zu einem anberaumten Termin abhängig. Zu einem Termin erscheint ei...

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