Leitsatz (amtlich)

Im Verfahren der Vollstreckbarerklärung eines inländischen Schiedsspruchs (mit vereinbartem Wortlaut) sind ein geltend gemachtes Zurückbehaltungsrecht und der Einwand unzulässiger Rechtsausübung, die aus Sachverhalten nach Erlass des Schiedsspruchs hergeleitet werden, grundsätzlich beachtlich.

 

Normenkette

BGB §§ 242, 273; ZPO § 767 Abs. 2, § 1060 Abs. 1

 

Tenor

I. Das aus den Schiedsrichtern H., B. und S. bestehende Schiedsgericht erließ in dem zwischen dem Antragsteller als Schiedskläger und Schiedswiderbeklagtem sowie dem Antragsgegner als Schiedsbeklagtem und Schiedswiderkläger geführten Schiedsverfahren am 9.6.2015 in München folgenden

Schiedsspruch mit vereinbartem Inhalt

1. Der Beklagte verpflichtet sich, an den Kläger zur Abfindung aller diesem bis zum 31.8.2015 entstandenen und bis dahin noch entstehenden klagegegenständlichen Forderungen einen Betrag in Höhe von EUR 19.000.- zu zahlen.

2. Die Parteien sind sich darüber einig, dass der Pachtvertrag vom 11.7.2005 weiter gilt, jedoch mit folgender Maßgabe:

a) Der Pachtvertrag endet am 31.8.2020.

b) Der Kläger kann vorzeitig zum Schluss des Pachtjahres am 31.8. unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von 6 Monaten kündigen.

c) Der jährliche Pachtpreis beträgt ab dem 1.9.2015 für die Wohnung EUR 2.000.- und die übrige Pachtsache EUR 11.000.- sowie für alle Nebenkosten EUR 500.-.

d) Der Beklagte ist nicht mehr verpflichtet, dem Kläger Grünflächen zur Verfügung zu stellen.

e) Der Beklagte betreibt die Biogasanlage selbständig. Der Kläger hat weder Gülle zu liefern noch erhält er Gärsubstrat.

f) Dem Kläger ist gestattet, im bisherigen Umfang Rinder - aber ab 1.8.15 nicht mehr in der Bergehalle - zu halten und Holz zu lagern, ohne den Zugang zur Waage zu behindern.

g) Der Kläger verpflichtet sich, auf dem Pachtobjekt keine Untervermietung vorzunehmen. Holzhandel ist gestattet.

3. Mit Abschluss dieses Vergleichs sind alle streitgegenständlichen gegenseitigen Ansprüche abgegolten. Die Regelung der in diesem Verfahren angesprochenen angeblichen Schäden durch unzureichendes Düngen sowie an der Bergehalle und der Dachrinne bleibt bis zum Ende des Pachtvertrages vorbehalten.

4. Der Beklagte verpflichtet sich, an den Kläger EUR 15.000.- zu bezahlen, wenn dieser bis spätestens 31.8.2020 ausgezogen ist und den gesamten Viehbestand sowie das Wohnungsinventar entfernt hat.

5. Die gesamten Kosten des Rechtstreits werden gegeneinander aufgehoben.

II. Dieser Schiedsspruch wird als Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut in Ziffer 1. für den Antragsteller und in Ziffer 2. f) für den Antragsgegner für vollstreckbar erklärt.

III. Von den Kosten des Vollstreckbarerklärungsverfahrens tragen der Antragsteller 1/5 und der Antragsgegner 4/5.

IV. Der Beschluss ist vorläufig vollstreckbar.

V. Der Streitwert wird auf 23.000,00 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Parteien, Pächter und Verpächter eines landwirtschaftlichen Guts, begehren wechselseitig, den zwischen ihnen am 9.6.2015 ergangenen inländischen Schiedsspruch mit vereinbartem "Inhalt" in - unterschiedlichen - Teilen für vollstreckbar zu erklären.

Der zwischen dem Antragsteller als Pächter und dem Antragsgegner als Verpächter am 11.7.2005 geschlossene Hofpachtvertrag enthält unter § 18 folgende Schiedsklausel:

Bei Meinungsverschiedenheiten zwischen den Vertragspartnern im Zusammenhang mit diesem Pachtvertrag entscheidet unter Ausschluss des Rechtsweges ein Schiedsgericht nach Maßgabe des beiliegenden Schiedsvertrages ... Der Schiedsvertrag ist Bestandteil des Pachtvertrages.

Die unter demselben Datum getroffene Schiedsvereinbarung lautet auszugsweise wie folgt:

§ 1

Bei allen Meinungsverschiedenheiten, die im Zusammenhang mit diesem Pachtvertrag entstehen und nicht gütlich beigelegt werden können, entscheidet, unter Ausschluss des ordentlichen Rechtsweges ein Schiedsgericht.

§ 2

Das Schiedsgericht soll aus drei Personen bestehen ...

§ 3

...

In einem zwischen den Parteien wegen wechselseitig erhobener Forderungen aus dem Pachtverhältnis geführten Schiedsverfahren erging am 9.6.2015 in München ein Schiedsspruch mit vereinbartem "Inhalt", mit dem sich der Antragsgegner und Schiedsbeklagte verpflichtet hat, an den Kläger zur Abfindung aller diesem bis zum 31.8.2015 entstandenen und bis dahin noch entstehenden klagegegenständlichen Forderungen einen Betrag in Höhe von EUR 19.000.- zu zahlen (Ziff. 1 des Schiedsspruchs).

Außerdem wurde die Fortgeltung des Pachtvertrags nach Maßgabe diverser Regelungen ausgesprochen (Ziff. 2 des Schiedsspruchs). Danach soll es (unter anderem) dem Antragsteller und Schiedskläger gestattet sein, im bisherigen Umfang Rinder - aber ab 1.8.15 nicht mehr in der Bergehalle - zu halten und Holz zu lagern, ohne den Zugang zur Waage zu behindern (Ziff. 2 Buchst. f).

Unter Vorlage des Schiedsspruchs im Original begehrt der Antragsteller die Vollstreckbarerklärung hinsichtlich Ziff. 1. Der Antragsgegner habe die geschuldete Zahlung nicht geleistet.

Der Antragsgegner tritt dem Begehren entgegen. Er macht geltend, der Antragsteller h...

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