Leitsatz (amtlich)

Das Registergericht darf die Eintragung einer GmbH in das Handelsregister nicht deshalb ablehnen, weil eine Satzungsbestimmung (hier: Einziehung des Geschäftsanteils bei Erhebung der Auflösungsklage) Vorschriften verletzt, die unentziehbare Individual- oder Minderheitsrechte gewähren.

 

Normenkette

GmbHG § 9c Abs. 2 Nr. 2, §§ 61, 60 Abs. 1 Nr. 3

 

Verfahrensgang

AG München (Beschluss vom 28.04.2010; Aktenzeichen 13 AR 2943/10)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Beteiligten wird die Zwischenverfügung des AG München - Registergericht - vom 28.4.2010 in Ziff. 1 aufgehoben.

 

Gründe

I. Die beteiligte Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist zur Eintragung in das Handelsregister angemeldet.

§ 11 Abs. 2 lit. e der Satzung lautet:

"Die Einziehung des Geschäftsanteiles eines Gesellschafters ohne dessen Zustimmung ist zulässig, wenn ...

e) der Gesellschafter Auflösungsklage erhebt oder seinen Austritt aus der Gesellschaft erklärt."

Nach § 17 der Satzung soll die Gültigkeit der übrigen Bestimmungen nicht berührt werden, wenn einzelne Bestimmungen ganz oder teilweise unwirksam oder unanwendbar sein sollten.

Mit Zwischenverfügung vom 28.4.2010 wies das Registergericht u.a. darauf hin, dass § 11 Abs. 2e den gesetzlichen Auflösungsgrund des § 60 Abs. 1 Nr. 3 GmbHG in unzulässiger Weise einschränke; die Anmeldung könne deshalb nicht vollzogen werden. Mit der Beschwerde wandte die Beteiligte ein, die nach § 9c Abs. 2 GmbHG eingeschränkte Prüfungspflicht des Registergerichts erstrecke sich auf diese Satzungsbestimmung nicht. Das Registergericht half nicht ab mit der Begründung, der Begriff des öffentlichen Interesses sei wie bei § 241 Nr. 3 AktG weit auszulegen und umfasse vor allem auch Vorschriften über die Verbandsstruktur und die Mitgliedschaft.

II. Die zulässige Beschwerde (§ 382 Abs. 4 i.V.m.§ 58 FamFG) ist begründet. Die Unwirksamkeit von § 11 Abs. 2e der Satzung steht der Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister nicht entgegen.

1. Das Registergericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass § 11 Abs. 2e der Satzung unwirksam ist, weil die Regelung eine unzulässige Einschränkung des Klagerechts der Minderheit nach § 61 GmbHG beinhaltet.

§ 61 GmbHG gibt einer Minderheit von Gesellschaftern das Recht, unter besonderen Voraussetzungen durch gerichtliches Urteil Auflösung der Gesellschaft (§ 60 Abs. 1 Nr. 3 GmbHG) zu bewirken. Die Vorschrift hat keine Parallele im Aktienrecht, sondern ähnelt § 133 HGB und ist Ausgleich für die ggü. der Aktie erschwerte Veräußerlichkeit der Geschäftsanteile (vgl. Baumbach/Hueck/Haas, GmbHG, 19. Aufl. § 61 Rz. 1). Die Regelung dient dem Minderheitenschutz und ist insofern zwingend, als das Klagerecht durch Satzung oder Gesellschafterbeschluss weder eingeschränkt noch entzogen werden kann (h.M., BayObLGZ 1978, 227/230; Baumbach/Hueck/Haas, § 61 Rz. 2; Baumbach/Hueck/Fastrich, § 14 Rz. 14; Michalski, GmbHG, § 61 Rz. 5; GroßKomm.GmbHG/Casper, § 61 Rz. 3; Scholz/Schmidt/Bitter, GmbHG, 10. Aufl., § 61 Rz. 2; Rowedder/Schmidt-Leithoff/Rasner, GmbHG, 4. Aufl., § 61 Rz. 4 a.E.; Volhard GmbHR 1995, 617/619). Eine Satzungsbestimmung, die - wie hier - generell für den Fall der Erhebung der Auflösungsklage die Einziehung des Geschäftsanteils des klagenden Gesellschafters vorsieht, beseitigt praktisch das Klagerecht der Minderheit bzw. den gesetzlichen Auflösungsgrund des § 60 Abs. 1 Nr. 3 GmbHG und ist deshalb unzulässig (h.M., vgl. Baumbach/Hueck/Haas, § 61 Rz. 3; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 17. Aufl., § 34 Rz. 36, § 61 Rz. 2; Michalski, § 61 Rz. 7-9, einschränkend Michalski/Sosnitza, § 34 Rz. 35; Volhard, GmbHR 1995, 617/619; a.A. ohne Begründung und im Widerspruch zur jeweiligen Kommentierung zu § 61: Baumbach/Hueck/Fastrich, § 34 Rz. 10 a.E.; GroßKomm.GmbHG/Ulmer, § 34 Rz. 40; Rowedder/Schmidt-Leithoff/Bergmann, § 34 Rz. 31; Scholz/Westermann, § 34 Rz. 15).

2. Die Unwirksamkeit der Satzung in § 11 Abs. 2e steht jedoch der Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister nicht entgegen, weil keine der in § 9c Abs. 2 GmbHG genannten Voraussetzungen vorliegt.

Die durch das Handelsrechtsreformgesetz (HRefG) 1998 angefügte Vorschrift des § 9c Abs. 2 GmbHG begrenzt bei der Eintragung der Gesellschaft - nicht dagegen bei der Satzungsänderung (vgl. BayObLGZ 2001, 137/138; KG FGPrax 2006, 29/30) - die Kontrolle von Satzungsmängeln auf die dort abschließend aufgezählten Gründe. Die Eintragung der Gesellschaft darf wegen Satzungsmängeln nur abgelehnt werden, wenn die in § 9c Abs. 2 Nr. 1-3 GmbHG genannten Voraussetzungen vorliegen.

In Betracht kommt hier nur § 9c Abs. 2 Nr. 2 GmbHG, wonach die Eintragung abzulehnen ist, wenn die nichtige Bestimmung des Gesellschaftsvertrages Vorschriften verletzt, die ausschließlich oder überwiegend zum Schutze der Gläubiger der Gesellschaft oder sonst im öffentlichen Interesse gegeben sind. Der Begriff des öffentlichen Interesses ist, wie das Registergericht zutreffend ausgeführt hat, nach herrschender Meinung weit auszulegen und umfasst insb. die Eignungsvoraussetzunge...

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