Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundpreisangabe für Gratisware

 

Leitsatz (amtlich)

Wird Letztverbrauchern Ware in Fertigverpackungen dergestalt angeboten, dass zusätzlich zu der Anzahl der beworbenen Einheiten (hier: ein Kasten Erfrischungsgetränke mit 12 1-l-Flaschen) weitere Einheiten (hier zwei Flaschen) gratis abgegeben werden, so ist der Grundpreis unter Einbeziehung dieser zusätzlichen Einheiten zu berechnen.

 

Normenkette

UWG § 5; UWG Anhang zu § 3 Nr. 21; PAngV § 2

 

Verfahrensgang

LG Köln (Urteil vom 20.07.2011; Aktenzeichen 84 O 91/11)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 31.10.2013; Aktenzeichen I ZR 139/12)

 

Tenor

1.) Auf die Berufung der Beklagten wird das am 20.7.2011 verkündete Urteil der 4. Kammer für Handelssachen des LG Köln - 84 O 91/11 - abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Klage wird abgewiesen.

2.) Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen hat der Kläger zu tragen.

3.) Dieses Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann jedoch die Vollstreckung des Kostenerstattungsanspruches durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4.) Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

A Der Kläger ist die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg e.V., die Beklagte ist eine bekannte Lebensmittel-Handelskette. Die Beklagte bewarb im Frühjahr 2011 in zwei Zeitungsbeilagen Erfrischungsgetränke, und zwar jeweils Kästen mit 12 1-Liter-Flaschen verschiedener, vom Kunden auf Wunsch zusammenzustellender Marken (Coca-Cola, Fanta, Sprite usw.). In der Werbung befand sich der Zusatz:

"Beim Kauf eines Kastens erhalten Sie zusätzlich 2 Flaschen GRATIS"

bzw.:

"2 Flaschen GRATIS beim Kauf eines Kastens".

In beiden Fällen war der Liter-Preis mit "0,57" angegeben.

Die Einzelheiten der beiden Werbeanzeigen ergeben sich aus den nachfolgend in schwarz/weiß Kopie wiedergegebenen, als Anlagen K 2 und K 3 im Original zur Klageschrift vorgelegten Ablichtungen:

Anlage K 2:

((Abbildung entfernt))

Anlage K 3:

((Abbildung entfernt))

Der Angabe des Liter-Preises von 0,57 EUR lagen alle 14 Flaschen zugrunde, die beiden "gratis-Flaschen" waren also mitgerechnet worden. Der Kläger hält dies für einen Verstoß gegen § 2 PAngV, gegen das Irreführungsverbot sowie gegen Nr. 21 des Anhanges zu § 3 UWG.

Das LG hat die Beklagte antragsgemäß unter Androhung von Ordnungsmitteln verurteilt, es zu unterlassen,

"im geschäftlichen Verkehr gegenüber Verbrauchern für den Verkauf einer Kiste Limonade unter Angabe eines Preises und einer Grundpreisangabe mit dem Zusatz '2 Flaschen GRATIS beim Kauf eines Kastens' und/oder 'Beim Kauf eines Kastens erhalten Sie zusätzlich 2 Flaschen GRATIS' zu werben und hierbei einen Grundpreis anzugeben, der sich aus der Gesamtmenge einschließlich der beigefügten Gratis-Flaschen errechnet."

Die Beklagte erstrebt im Berufungsverfahren weiter die Abweisung der Klage. Sie sieht - wie schon in erster Instanz - den Klageantrag als nicht hinreichend bestimmt an und meint, durch die beanstandeten Werbungen sei den Anforderungen der Preisangabenverordnung genüge getan. Die Gefahr von Irreführungen bestehe nicht, wie auch ein Verstoß gegen Nr. 21 des Anhangs zu § 3 UWG nicht vorliege.

Der Kläger verteidigt die angefochtene Entscheidung mit der Maßgabe, dass das Verbot nur (noch) in den konkreten Verletzungsformen der Anlagen K 2 und K 3 zur Klageschrift erstrebt wird, wie sie aus den beiden vorstehenden Ablichtungen ersichtlich sind. Er hat weiter vorsorglich klargestellt, dass der Klageantrag in erster Linie auf einen Verstoß gegen die Preisangabenverordnung und hilfsweise auf § 5 UWG sowie weiter hilfsweise auf einen Verstoß gegen Nr. 21 des Anhangs zu § 3 UWG zu gestützt werde.

B Die Berufung ist zulässig und begründet. Der streitgegenständliche Unterlassungsantrag ist zwar spätestens seit der vorstehenden Klarstellung hinreichend bestimmt und damit zulässig, er lässt sich aber - auch in seiner nunmehr auf die beiden konkreten Verletzungsformen reduzierten Fassung - aus keiner der genannten Bestimmungen herleiten.

I. Der Antrag kann nicht auf §§ 3, 4 Nr. 11, 8 Abs. 1 Abs. 3 Nr. 3 UWG i.V.m. § 2 Abs. 1, Abs. 3 PAngV gestützt werden, weil die genannte preisangabenrechtliche Bestimmung nicht verletzt ist.

Gemäß § 2 Abs. 1 PAngV hat, wer Letztverbrauchern gewerbsmäßig Waren in Fertigpackungen anbietet, neben dem Endpreis auch den Preis je Mengeneinheit, den sog. "Grundpreis", anzugeben. Bei Getränken stellt jeweils ein Liter die Mengeneinheit für den Grundpreis dar (§ 2 Abs. 3 PAngV).

Den danach bestehenden Anforderungen wird die Werbung gerecht. In beiden Ausgestaltungen enthält sie den Zusatz: "(1 Liter = 0,57)". Damit ist zum Ausdruck gebracht, dass der Grundpreis für einen Liter der angebotenen Erfrischungsgetränke 0,57 EUR betrage. Dass die Angabe nicht mit "Euro" oder " EUR" einen ausdrücklichen Hinweis darauf enthält, dass es sich bei "0,57" um eine Preisangabe ha...

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