Entscheidungsstichwort (Thema)

Erstattung der Kosten des bei Abmahnung in Kennzeichenstreitsachen mitwirkenden Patentanwalts

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Wertschätzung eines Kennzeichens wird i.S.d. § 6 Abs. 2 Nr. 4 UWG unlauter beeinträchtigt, wenn die Marken des Mitbewerbers in abfälliger Weise ("Ich hätte Angst, dass meine Kunden mir so einen Unsinn übel nehmen") angeprangert werden, um die eigene Werbung davon positiv abzugrenzen.

2. a) Der Begriff der Kennzeichenstreitsache i.S.v. § 140 Abs. 1 MarkenG ist weit auszulegen. Es genügt, dass das Rechtsverhältnis, aus dem der geltend gemachte Anspruch abgeleitet wird, den Bestimmungen des Markengesetzes unterliegt (i.A. an BGH v. 4.3.2004 - I ZR 50/03, GRUR 2004, 622).

b) Die allgemein befürwortete analoge Anwendung des § 140 Abs. 3 MarkenG auf vorprozessuale Abmahnkosten in Kennzeichenstreitsachen führt daher zu einem Anspruch auf Erstattung der Kosten des mitwirkenden Patentanwalts, ohne dass es darauf ankommt ob die in der Abmahnung genannte markenrechtliche Anspruchsgrundlage tatsächlich besteht. Es genügt vielmehr, dass der Abgemahnte zur Erstattung der Abmahnkosten überhaupt materiell-rechtlich verpflichtet ist (hier: aus § 12 Abs. 1 S. 2 UWG) und die Abmahnung eine ernsthafte - nicht ersichtlich abwegige - Berühmung markenrechtlicher Ansprüche enthält.

 

Normenkette

MarkenG § 14 Abs. 2 Nr. 3, § 140 Abs. 1, 3; UWG § 6 Abs. 2 Nr. 4, § 12 Abs. 1 S. 2

 

Verfahrensgang

LG Köln (Urteil vom 27.10.2005; Aktenzeichen 31 O 601/05)

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers wird das am 27.10.2005 verkündete Urteil der 31. Zivilkammer des LG Köln - 31 O 601/05 - abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 682,66 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28.2.2004 zu zahlen.

2. Die Kosten des Verfahrens erster Instanz tragen der Kläger zu 15 % und die Beklagte zu 85 %. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger, ein Rechtsanwalt, begehrt aus abgetretenem Recht seiner in Gesellschaft bürgerlichen Rechts verbundenen Patent- und Rechtsanwaltssozietät bzw. deren Mandantin, der N.-T.-I. GmbH (nachfolgend nur: Zedentin), Erstattung von Patentanwaltskosten. Er stützt sich insoweit auf eine ggü. der Beklagten ausgesprochene Abmahnung der Anwalts-GbR vom 21.1.2004, welcher marken- sowie wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche der Zedentin zugrunde gelegt worden waren. Anlass dieser, im Namen eines Rechtsanwalts sowie eines Patentanwalt der Sozietät verfassten und von beiden unterzeichneten Abmahnung war ein Werbeschreiben der Beklagten vom 30.12.2003, in welchem diese Bezug genommen hatte auf die zugunsten der Zedentin eingetragenen Wortmarken "H.J.I." (Reg. Nr. DE ...) und "J.C.E.O.D." (Reg. Nr. EU ...). Hinsichtlich der Einzelheiten der Werbung wird auf die nachstehende Wiedergabe verwiesen:

Auf die Abmahnung hin hat die Beklagte am 23.1.2004 eine strafbewehrte Unterlassungsverpflichtungserklärung abgegeben, welche auch Vereinbarungen über die Kostenübernahme enthält.

Das LG hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, dass auf die fragliche Kostenklausel gestützte vertragliche Ansprüche an einem Dissens der Parteien scheiterten und Zahlungsansprüche auf gesetzlicher Grundlage deshalb nicht in Betracht kämen, weil mangels eines markenmäßigen Gebrauchs der geschützten Kennzeichen kein zu einer Erstattungspflicht von Patentanwaltskosten i.S.d. § 140 Abs. 3 MarkenG führender markenrechtlicher Verletzungstatbestand verwirklicht worden sei. Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, mit welcher er die - nach einer erstinstanzlichen Teilklagerücknahme verbliebene - Klageforderung weiterverfolgt.

II. Die Berufung ist zulässig und in der Sache begründet.

Der Senat lässt offen, ob sich das Begehren des Klägers nicht schon aus der Kostenübernahmevereinbarung der von der Beklagten übernommenen Unterlassungsverpflichtungserklärung rechtfertigt. Dem Kläger steht nämlich aus abgetretenem Recht der Zedentin bzw. seiner Sozietät entgegen der Auffassung des LG jedenfalls ein aus § 14 Abs. 2 Nr. 3 und Abs. 5, § 140 Abs. 3 MarkenG i.V.m. §§ 3, 6 Abs. 2 Nr. 4 UWG resultierender Anspruch auf Erstattung von Patentanwaltskosten i.H.v. 682,66 EUR nebst Verzugszinsen in gesetzlicher Höhe zu.

1. Die Beklagte stellt ohne Erfolg in Abrede, dass es von vorneherein an der Mitwirkung eines Patentanwalts gefehlt habe, weshalb ein auf Kostenerstattung gerichteter Anspruch schon im Ansatz fehl gehe.

Das als Anlage K 1 vorgelegte anwaltliche Abmahnschreiben vom 21.1.2004 ist unter Angabe ihrer vollen Namen und vollständigen und korrekten Berufsbezeichnungen sowohl von einem Rechtsanwalt als auch einem Patentanwalt der Anwaltsgesellschaft unterzeichnet und ausdrücklich in beider Namen verfasst worden ("hiermit zeigen wir an,..."). Der Kläger hat überdies durch Vorlage der internen Mandantenkorrespondenz, nämlich eines Schreibens des fraglichen Patentanwalts vom 13.1...

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