Entscheidungsstichwort (Thema)

Einspruchsfrist bei einem im schriftlichen Vorverfahren erlassenen Versäumnisurteil, kaufvertragliche Gewährleistungsrechte des Leasingnehmers

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Frist des § 339 Abs. 1 ZPO bei einem Einspruch gegen ein im schriftlichen Vorverfahren gem. § 331 Abs. 3 Satz 1 ZPO erlassenes Versäumnisurteil beginnt erst mit der Zustellung an beide Parteien.

2. Die in Leasingverträgen typische "Abtretung" von Gewährleistungsrechten des Leasinggebers ggü. dem Lieferanten an den Leasingnehmer ist bezüglich Rechten aus Rückgewährschuldverhältnis als Ermächtigung zur Prozessführung im eigenen Namen auszulegen.

3. Das Vorbringen des Leasingnehmers (oder Käufers) zu Reparaturterminen in Vertragswerkstätten der DaimlerChrysler AG, den Anlässen für diese und den entfalteten Arbeiten ist der Entscheidung als unstreitig zugrunde zu legen, wenn sich der beklagte Markenauto-Hersteller auf ein Bestreiten mit Nichtwissen beschränkt.

4. Bei erstmals nach 12 Tagen ab Übergabe des Pkw auftretenden und sich zeitnah trotz jeweiliger Vornahme von Gewährsarbeiten immer wieder zeigenden Elektronikmängeln kann bei einem Markenfabrikat auch ohne Geltung der Vermutung des § 476 BGB davon ausgegangen werden, dass der Mangel bereits bei Übergabe vorlag.

5. Auf die Beurteilung der Frage, ob die in der Lieferung einer mangelhaften Sache zu sehende Pflichtverletzung des Schuldners unerheblich i.S.v. § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB ist, und bei der insofern gebotenen Abwägung der Interessen des Gläubigers an einer Rückabwicklung des Vertrages und der des Schuldners am Bestand des Vertrages unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles sind die zu § 459 Abs. 1 Satz 2 BGB a.F. entwickelten Grundsätze anzuwenden.

a) Dementsprechend sind nur geringfügige Mängel geeignet, das Rücktrittsrecht ausschließen, insbesondere solche Mängel, die sich in Kürze von selbst erledigen werden oder mit ganz unerheblichem Aufwand schnell beseitigt werden können.

b) Es widerspricht dem Gebot umfassender Abwägung, wenn die Erheblichkeitsschwelle mit festen Prozentsätzen bestimmt würde.

c) Ein Mängelbeseitigungsaufwand von 3.900 EUR = 7,3 % des Kaufpreises unterschreitet unter Berücksichtigung der weiteren konkreten Umstände die Erheblichkeitsschwelle jedenfalls nicht (vgl. auch: OLG Köln, 3. ZS, Urt. v. 19.12.2006 - 3 U 70/06, NJW 2007, 1694, 1696, bei Mängelbeseitigungsaufwand von 5 % und absolut 2.000 EUR).

6. Gibt der Leasingnehmer den Pkw u.a. wegen der den Rücktritt rechtfertigenden Mängel erneut in Reparatur, kann darin nicht ohne weiteres ein Verzicht auf die Rechte aus dem zuvor erklärten Rücktritt gesehen werden.

7. Verfügt der Leasingnehmer/Käufer über einen Zweitwagen oder stellt ihm der Lieferant/Verkäufer ein Ersatzfahrzeug, kann er für die Zeit der Durchführung von Gewährleistungsarbeiten grundsätzlich keine Nutzungsausfallsentschädigung verlangen.

8. Dem Anspruch des Gewährleistungsberechtigten auf Ersatz vergeblicher Aufwendungen kann der Verpflichtete anspruchsmindernd Gegenforderungen auf Herausgabe des Aufwendungssurrogats und auf Wertersatz für gezogene Nutzungen hieraus entgegenhalten.

 

Normenkette

ZPO § 310 Abs. 3 S. 1, § 339 Abs. 1; BGB § 323 Abs. 1, 5 S. 2, § 346 Abs. 1, § 437 Nr. 2, § 440 S. 2, § 440 Hs. 1, § 476

 

Verfahrensgang

LG Köln (Urteil vom 21.08.2007; Aktenzeichen 22 O 469/05)

 

Tenor

Unter Zurückweisung seines weitergehenden Rechtsmittels wird das am 21.8.2007 verkündete Urteil des Einzelrichters der 22. Zivilkammer des LG Köln - 22 O 469/05 - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die E Services Leasing GmbH 46.731,01 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 20.7.2005 Zug um Zug gegen Herausgabe des Pkw Mercedes-Benz Typ SLK 350 Roadster, Fahrzeug-Identitätsnummer XXX1, zu zahlen.

2. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des unter Ziff. 1. näher bezeichneten Pkw seit dem 20.7.2005 in Annahmeverzug befindet.

3. Die Beklagte wird ferner verurteilt, an den Kläger über den in dem Versäumnisurteil des LG Köln vom 2.1.2006 zugesprochenen und insoweit in dem angefochtenen Urteil aufrecht erhaltenen Betrag nebst Zinsen hinaus 967,98 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 %-Punkten über den jeweiligen Basiszinssatz seit dem 20.7.2005 zu zahlen, davon jedoch 924,57 EUR nur Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung der Kompletträder bestehend aus 7,5 J 17 Actic ET 35 5/112 S I Typ A/A757355072118 und 225/45 R 17 91 H Winter G und der Handy-Halterung.

4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzenzüge mit Ausnahme der durch die Säumnis der Beklagten verursachten Mehrkosten, die sie allein trägt, werden dem Kläger zu 17 % und der Beklagten zu 83 % auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Parteien wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch die jeweils andere Partei durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des jeweils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die vollstreck...

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