Nachgehend

BGH (Urteil vom 20.07.2020; Aktenzeichen NotZ(Brfg) 1/19)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.

Das Urteil ist hinsichtlich der getroffenen Kostenentscheidung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages vorläufig vollstreckbar.

Die Berufung wird nicht zugelassen.

Der Verfahrenswert wird auf 3.000,00 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten über die Befreiung eines Notars von seiner beruflichen Schweigepflicht.

Der Kläger ist ein Sohn aus der ersten Ehe des am 9.5.1927 geborenen und am 7.1.2016 verstorbenen Herrn A B (nachfolgend: Erblasser). Dieser setzte in einem von dem Notar C in D beurkundeten Ehegattentestament vom 21.8.2012 gemeinsam mit seiner im Jahre 2015 verstorbenen zweiten Ehefrau E B die Kinder aus der zweiten Ehe zu Erben des Letztversterbenden ein. Wegen der Einzelheiten der letztwilligen Verfügung wird auf Bl. 13 ff. des Verwaltungsvorgangs 2045 E - 42.75 (VV) verwiesen.

Aufgrund der Testamentseröffnung am 4.2.2016 (37 IV 584/12 Amtsgericht Bocholt) erfuhr der Kläger von seiner Enterbung. Mit Schreiben vom 1.8.2017 (Bl. 1 ff. VV) beantragte er bei dem Beklagten, den Notar gemäß § 18 Abs. 2 BNotO von seiner Schweigepflicht zu entbinden, nachdem dieser eine Einsichtnahme in seine Urkundensammlung verweigert hatte und auch die Westfälische Notarkammer mitgeteilt hatte, dass der Notar dazu nicht berechtigt sei. Zur Begründung führte der Kläger aus, dass es für seine Enterbung keinen nachvollziehbaren Grund gebe, angesichts des äußeren Erscheinungsbildes des Testaments, nämlich der Verbindung der Urkunde, der Beschaffenheit des Papiers und des Textbildes, Zweifel an einem dahingehenden Willen des Erblassers bestünden und zu deren Verifizierung ein Vergleich zwischen dem beim Nachlassgericht eingereichten Original und der im Notariat verbliebenen Kopie des Testaments ermöglicht werden müsse. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf das Schreiben des Klägers vom 1.8.2017 verwiesen. Diesen Antrag lehnte der Beklagte durch Bescheid vom 9.8.2017 (Bl. 37 f. VV) mit der Begründung ab, dass die beantragte Befreiung nicht im mutmaßlichen oder ausdrücklich geäußerten Interesse des Verstorbenen liege sowie die vom Kläger aufgezeigten "Indizien" einer möglichen Manipulation nicht aussagekräftig seien und eine Verfälschung nicht belegen könnten. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf den genannten Bescheid verwiesen. Dagegen erhob der Kläger mit Anwaltsschreiben vom 25.9.2017 (Bl. 39 ff. VV) und eigenem Schreiben vom 26.9.2017 (Bl. 43 ff. VV) Einwände, indem die Ausführungen zu den aus seiner Sicht bestehenden Verdachtsmomenten wiederholt, vertieft und ergänzt wurden. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die genannten Schreiben Bezug genommen. Diese Einwände wies der Beklagte im Nichtabhilfebescheid vom 5.10.2017 (Bl. 51 ff. VV), auf den ebenfalls verwiesen wird, zurück und berichtete mit Schreiben vom selben Tag an den Präsidenten des Oberlandesgerichts Hamm. Auf dessen Aufforderung und nach weiteren Einwänden des Klägers mit Schreiben vom 2.11.2017 (Bl. 61 f. VV) teilte der Beklagte mit Schreiben vom 14.11.2017 (Bl. 63 ff. VV) die Rechtsmittelmöglichkeiten mit, nämlich eine Klage zum Notarsenat gegen den Bescheid vom 9.8.2017 - mangels Rechtsbehelfsbelehrung - binnen Jahresfrist gemäß § 58 VwGO.

Diese Klage hat der Kläger mit Schriftsatz vom 22.5.2018 erhoben, mit der er seine bereits im Verwaltungsverfahren vorgebrachte Argumentation wiederholt, vertieft und ergänzt. Der Kläger bekräftigt seine Behauptung, dass es aus Sicht der Kinder aus erster Ehe des Erblassers unvorstellbar sei, dass diese lediglich den Pflichtteil erhalten sollten, zumal insbesondere zu der Tochter F G ein enges und vertrauensvolles Verhältnis bestanden habe. Zur Überprüfung des deshalb bestehenden Verdachts von Unregelmäßigkeiten bedürfe es der beantragten Einsicht in die Unterlagen des Notars.

Der Kläger beantragt,

1. den Ablehnungsbescheid des Beklagten vom 9.8.2017 aufzuheben,

2. den Beklagten zu verpflichten, den Notar C mit dem Amtssitz in D von seiner notariellen Schweigepflicht zu befreien zwecks Einsichtnahme in das notarielle Testament des Vaters des Klägers vom 21.8.2012, UR-Nr. 1xx/2012.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte ist der Auffassung, dass die Klage bereits unzulässig sei, weil ihr das notwendige Rechtsschutzbedürfnis fehle. Selbst bei Erteilung einer Schweigepflichtentbindungserklärung nach § 18 Abs. 2 BNotO obliege die Entscheidung, die gewünschten Auskünfte zu erteilen, dem Notar, der dazu indes nicht bereit sei. Jedenfalls sei die Klage unbegründet, weil kein Anspruch des Klägers auf Erteilung der Befreiung bestehe. Im Rahmen der nach pflichtgemäßem Ermessen zu treffenden Entscheidung sei zu prüfen, ob der verstorbene Beteiligte, würde er noch leben, bei verständiger Würdigung der Sachlage die Befreiung erteilen würde. Hiervon sei vorliegend nicht auszugehen, da die E...

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