Leitsatz (amtlich)

Hat der Pflichtteilsberechtigte selbst ein Geschenk vom Erblasser erhalten, welches gem. § 2327 BGB dem Nachlass hinzuzurechnen und ihm auf den Ergänzungs-anspruch anzurechnen ist, kommt ein Auskunftsanspruch des Erben gegen den Pflichtteilsberechtigten in Betracht. Eine solche Auskunft schuldet der Pflichtteils-berechtigte aber nicht schon zu dem Zweck, dem Erben die Erstellung eines Nachlassverzeichnisses zu ermöglichen, sondern erst dann, wenn er Pflichtteils-ergänzungsansprüche geltend macht.

 

Verfahrensgang

LG Köln (Urteil vom 20.02.2014; Aktenzeichen 37 O 190/13)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 20.2.2014 verkündete Teilurteil der 37. Zivilkammer des LG Köln - 37 O 190/13 - wird zurückgewiesen.

Die Widerklage wird abgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Von der Darstellung der tatsächlichen Feststellungen wird gem. § 540 Abs. 2 ZPO i.V.m. § 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO abgesehen.

II. Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg. Die von ihr in zweiter Instanz erhobene Widerklage ist unbegründet.

Das LG hat der Klägerin zu Recht Auskunftsansprüche zuerkannt.

Wie der Senat bereits im Beschluss vom 17.9.2013 (20 W 63/13) im Einzelnen ausgeführt hat, steht der Klägerin als Pflichtteilsberechtigter grundsätzlich ein Anspruch auf Auskunft über den Bestand des Nachlasses des verstorbenen I zu. Zur Erfüllung der Auskunftspflicht hat der Erbe ein Bestands- und Vermögensverzeichnis (§ 260 Abs. 1 BGB) vorzulegen; dieses muss grundsätzlich ein vollständiges und einheitliches Verzeichnis mit allen Aktiv- und Passivwerten sein und hat den Stand des hinterlassenen Vermögens zum Todeszeitpunkt zu dokumentieren. Ein derartiges Verzeichnis hat die Beklagte nicht erstellt; die Angaben im Anwaltsschreiben vom 6.2.2013 genügen den Anforderungen an ein Bestands- und Vermögensverzeichnis nicht. Die Beklagte kann sich nicht darauf berufen, dass der Erblasser ca. ½ Jahr vor seinem Tod ein (im Übrigen wenig aussagekräftiges) Vermögensverzeichnis erstellt hat. Maßgebend ist das Vermögen zum Zeitpunkt des Todes des Erblassers am 22.11.2012. Kurz zuvor war dessen Mutter verstorben, die von diesem beerbt worden ist. Die Vermögensverhältnisse haben sich alleine dadurch verändert. Vor diesem Hintergrund ist das Verlangen nach einem auf den Zeitpunkt des Todes bezogenen Vermögensverzeichnisses auch nicht rechtsmissbräuchlich.

Die Klägerin kann auch verlangen, dass das Verzeichnis der Nachlassgegenstände durch einen Notar aufgenommen wird (§ 2314 Abs. 1 Satz 3 BGB).

Die Dürftigkeitseinrede kann die Beklagte nicht erheben. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob diese auch dann greifen kann, wenn Aktivvermögen vorhanden ist, der Nachlass aber letztlich überschuldet ist. Dafür, dass eine Überschuldung vorliegt, ist der Erbe darlegungs- und beweispflichtig (vgl. nur Palandt/Weidlich, BGB, 73. Aufl., § 1990 Rz. 2). Die Beklagte behauptet eine Überschuldung, weil sie dem Erblasser ein Darlehen in einer Gesamthöhe von 930.000 EUR gewährt habe, das von diesem nicht zurückgezahlt worden sei. Hierzu hat der Beklagte erstinstanzlich zwar den Darlehensvertrag vorgelegt (GA 112). Dieser belegt indes nicht, dass die Darlehenssumme auch tatsächlich ausgezahlt und vor dem Erbfall nicht zurückerstattet worden ist. Die Klägerin hat schon erstinstanzlich die Darlehensgewährung bestritten. Beweis für die Richtigkeit seines Sachvortrags hat die Beklagte nicht angetreten; die Vorlage des Darlehensvertrags alleine reicht - wie ausgeführt - als Urkundsbeweis nicht aus.

Die Beklagte hat - jedenfalls derzeit - keinen Anspruch auf Auskunft über Zahlungen, die der Erblasser über Unterhaltszahlungen hinaus an die Klägerin geleistet haben soll. Ihr steht insoweit weder ein Zurückbehaltungsrecht zu noch hat die hierzu in zweiter Instanz hilfsweise erhobene Widerklage Erfolg.

Zur Erstellung des mit der Auskunftsklage von der Klägerin verlangten notariellen Nachlassverzeichnisses benötigt die Beklagte diese Auskünfte nicht. Diese Auskunft soll lediglich die Grundlage für die Berechnung der von der Klägerin verfolgten Pflichtteilsansprüche sein. Soweit auch Auskunft über den fiktiven Nachlass zu erteilen ist, beschränkt sich die Auskunftspflicht des Erben auf solche Zuwendungen, die anderen Personen als dem die Auskunft verlangenden Pflichtteilsberechtigten gemacht worden sind, denn Zuwendungen, die dieser selbst erhalten hat, sind ihm nicht unbekannt.

Demgemäß bezieht sich auch der zuerkannte Auskunftsanspruch zu c) nur auf alle lebzeitigen Zuwendungen des Erblassers an die Beklagte sowie alle lebzeitigen Zuwendungen an Dritte während der letzten 10 Jahre vor dessen Tod sowie alle lebzeitigen Zuwendungen des Erblassers, bei denen er sich ein Nutzungsrecht vorbehalten hat (§ 2325 BGB). Hintergrund dieses Auskunftsbegehrens ist ein etwaiger Pflichtteilsergänzungsanspruch nach § 2325 BGB,...

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