Entscheidungsstichwort (Thema)

"Rotes Sparbuch für Gewinner": Alternative Klagebegründung

 

Leitsatz (amtlich)

1. a) Der Anspruch wegen Ausnutzung und Beeinträchtigung der Unterscheidungskraft und Wertschätzung einer Marke (§ 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG) und der auf § 4 Nr. 9b UWG gestützte Anspruch wegen Rufausbeutung stellen unterschiedliche Streitgegenstände dar.

b) Der Klageantrag kann alternativ auf diese Streitgegenstände gestützt werden. Hat das erstinstanzliche Gericht der Klage aus einem der beiden Anspruchsgrundlagen stattgegeben, ohne den anderen Anspruch zu behandeln, so kann das Rechtsmittelgericht die Begründetheit der Klage aus der anderen Anspruchsgrundlage herleiten.

2. Die Werbung für die Beteiligung an einer an Glücksspielen teilnehmenden Gesellschaft mit einem in roter Farbe gehaltenen "Sparbuch für Gewinner" stellt eine unterlautere Ausbeutung der Wertschätzung der bekannten Farbmarke "rot" der Sparkasse dar.

 

Normenkette

MarkenG § 8 Abs. 3, § 14 Abs. 2 Nr. 3; UWG § 4 Nr. 9

 

Verfahrensgang

LG Köln (Urteil vom 19.03.2009; Aktenzeichen 31 O 577/08)

 

Tenor

Das Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist in der Hauptsache seit dem 25.5.2009 erledigt.

Die Antragsgegnerinnen haben auch die weiteren Kosten des Verfahrens zu tragen.

 

Gründe

I. Die Antragsgegnerin zu 1.) und die Antragsgegnerin zu 2.) - ihre deutsche Bevollmächtige und Betreiberin der Internetpräsenz "M.. de" - warben für die Beteiligung an sog. "Winfonds", einer an Glücksspielen teilnehmenden Publikumsgesellschaft, mit einem an Verbraucher verteilten und im Internet abgebildeten "Sparbuch für Gewinner" in roter Farbe. Der antragstellende Dachverband der deutschen Sparkassen und Inhaber der Farbmarke "rot (HKS 13)" nimmt sie und die Antragsgegnerin zu 3.) - Inhaberin der Domain "M.. de" - auf Unterlassung in Anspruch, weil er darin eine Verletzung seiner Kennzeichenrechte und eine unlautere Ausbeutung des Rufs des bekannten "Sparkassenbuch-Rot" sieht. Das LG hat eine auf § 4 Nr. 9 UWG gestützte einstweilige Verfügung erlassen und nach Widerspruch - modifiziert - durch Urteil bestätigt. Dagegen richtet sich die Berufung der Antragsgegnerinnen, die sich gleichwohl mit am 25.5.2009 zugegangenen Erklärungen strafbewehrt zur Unterlassung verpflichtet haben. Der Antragsteller erklärt nunmehr den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt; dem widersprechen die Antragsgegnerinnen.

II. Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Vielmehr war gemäß dem Berufungsantrag des Antragstellers die Erledigung der Hauptsache festzustellen. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung war nämlich zulässig und der damit geltend gemachte Unterlassungsanspruch jedenfalls aus § 14 Abs. 2 Nr. 3 und Abs. 5 MarkenG gerechtfertigt, bis mit dem Zugang der strafbewehrten Unterlassungserklärungen der Antragsgegnerinnen die Wiederholungsgefahr entfiel.

1. Angesichts der unterschiedlichen tatsächlichen Grundlagen des markenrechtlichen Anspruchs wegen Ausnutzung und Beeinträchtigung der Unterscheidungskraft und Wertschätzung einer bekannten Marke handelt es sich dabei um einen anderen Streitgegenstand als bei dem wettbewerbsrechtlichen Anspruch aus §§ 3, 4 Nr. 9, 8 UWG, den das LG geprüft und bejaht hat (vgl. BGH GRUR 2009, 678 [682 f.] - POST/Regio Post). Einer markenrechtlichen Prüfung durch den Senat steht das aber nicht entgegen. Denn der Antragsteller hat sein Begehren von Anfang an - alternativ - auch auf diesen Anspruchsgrund gestützt und es ersichtlich dem Gericht überlassen, ob es das im Eilverfahren erstrebte Verbot einer konkreten Verletzungsform auf marken- oder wettbewerbsrechtlicher Grundlage hergeben wolle.

Die Formulierungen in der Antragsschrift (vgl. S. 13 ff.) lassen keinen Zweifel, dass die Benennung verschiedener Anspruchsgrundlagen - entgegen den von den Antragsgegnerinnen in der Berufungsverhandlung geäußerte Ansicht - nicht auf eine entsprechende kumulative Verurteilung abzielte.

Im Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes entspricht diese Art der "alternativen Klagehäufung" einer seit langem auch höchstrichterlich gebilligten, zumindest unbeanstandeten Übung (vgl. nur BGH, GRUR 2001, 756 [757] = WRP 2001, 804 - Telefonkarte, wo die Prüfung verlangt wird, ob der Kläger "kumulativ oder alternativ" einen weiteren Lebenssachverhalt vorgetragen hat, auf den die Klage gestützt werde), die auch der Senat für zulässig hält. Berneke (WRP 2007, 579 [585 f.]), hält zwischen mehreren Streitgegenständen nur das Verhältnis der Kumulation oder der Eventualität für möglich, so dass der Kläger, wenn das Gericht einen prozessualen Anspruch bejaht, ohne sich abschließend zu den anderen Klagegründen zu äußern, diese im zweiten Rechtszug nur noch mit der (Anschluss-) Berufung weiter verfolgen könne. Dem Gedanken der Prozessökonomie und dem vorrangigen Interesse des Antragstellers an einem wie auch immer begründeten kurzfristigen Verbot des angegriffenen Verhaltens wird indessen - solange keine anderen Anhaltspunkte vorliegen - die Annahme eines Rech...

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