Entscheidungsstichwort (Thema)

Operationseinwilligung

 

Leitsatz (amtlich)

Wenn der voroperierende Arzt dem Patienten auf entsprechende Frage nach erneuter stationärer Aufnahme erklärt, er werde, sofern möglich, auch die Nachoperation selbst durchführen, darf der Patient darauf vertrauen, dass dieser Arzt ihn auch tatsächlich operiert, falls ihm nichts Gegenteiliges mitgeteilt wird.

Die Klinik hat durch geeignete organisatorische Maßnahmen (Vermerk in den Behandlungsunterlagen o.Ä.) sicherzustellen, dass eine solche Absprache bei der Aufstellung des Operationsplans (Einteilung der Operateure) berücksichtigt wird.

30.000; EUR Schmerzensgeld für Schädigung des Peronaeusnervs mit dauerhafter Beeinträchtigung der Geh- und Stehfähigkeit sowie eingeschränkter schmerzhafter Beweglichkeit des linken Kniegelenks. 52 Jahre alte Frau.

 

Normenkette

BGB §§ 280, 823

 

Verfahrensgang

LG Aachen (Urteil vom 09.01.2008; Aktenzeichen 11 O 524/05)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 11.05.2010; Aktenzeichen VI ZR 252/08)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 9.1.2008 verkündete Urteil der 11. Zivilkammer - 11 O 524/05 - des LG Aachen abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Schmerzensgeldbetrag von 30.000 EUR nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.11.2004 zu zahlen.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin weitere 26.994 EUR nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.11.2004 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin zu 18 % und die Beklagte zu 82 % zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Parteien wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der jeweils anderen Partei durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrags abzuwenden, wenn nicht die vollstreckende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die am 9.11.1951 geborene Klägerin, die als Köchin beschäftigt war, litt unter Beschwerden im linken Kniegelenk, wegen derer sie zunächst im N-Hospital in B. behandelt und am 10.8.2000 operiert wurde. Am 31.1.2001 führte der leitende Oberarzt F. im Klinikum der Beklagten eine Tibiakopfosteotomie mit Fibulakopfosteotomie linksseitig durch. Am 10.5.2001 entfernte Dr. F. die gelockerte Osteosyntheseklammer. Am 3.7.2001 nahm Dr. F. eine Reosteotomie und Plattenosteosynthese vor. Nach einem Vorgespräch zwischen der Klägerin und Dr. F., dessen Zeitpunkt und Inhalt streitig sind, und der Unterzeichnung eines Aufklärungsbogens durch die Klägerin am 18.10.2001 entfernte der in der Facharztausbildung befindliche Arzt Dr. M. am 19.10.2001 unter Aufsicht des Oberarztes Dr. I. das Osteosynthesematerial. Intraoperativ kam es zu einer Blutung, was zur Übernahme der Operation durch Dr. I. führte. Am 20.10.2001 wurde in einem neurologischen Konsil eine Läsion des Nervus peronaeus festgestellt.

Am 25.10.2002 und 13.2.2003 erfolgten im Klinikum der Beklagten Eingriffe am rechten Knie der Klägerin, während am 4.6.2003 wegen persistierender Schmerzen erneut eine Operation am linken Knie vorgenommen wurde.

Die Klägerin leidet weiterhin unter erheblichen Schmerzen im linken Knie und einer eingeschränkten Beweglichkeit des Kniegelenks. Normales Stehen und Gehen sind ihr seit der Verletzung des Nerven nicht mehr möglich. Ausweislich der vorgelegten Abrechnung (Bl. 12, 11 d.A.) bezog sie von ihrem Arbeitgeber zuletzt ein monatliches Einkommen von 2.500 DM (1.278,23 EUR) netto. An Lohnersatzleistungen der Krankenkasse, des Arbeitsamtes und ab 1.9.2003 des Rentenversicherungsträgers erhielt sie im Jahr 2001 10.575 EUR, im Jahr 2002 7.606 EUR, im Jahr 2003 4.539,82 EUR und von Januar bis Oktober 2004 4.320 EUR.

Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Schmerzensgeld und Ersatz des Verdienstausfalls bis Ende Oktober 2004, den sie mit 39.259,18 EUR beziffert, in Anspruch. Sie hat behauptet, dass die Verletzung des Nervus peronaeus auf einem Behandlungsfehler beruhe, zumal der Arzt Dr. M. nicht ausreichend qualifiziert gewesen sei. Die Risikoaufklärung sei unzureichend gewesen. Außerdem habe ihr Dr. F. zugesagt, die anstehende Materialentfernung selbst vorzunehmen.

Die Klägerin hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an sie 39.259,18 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 11.11.2004 zu zahlen,

2. ihr ein angemessenes Schmerzensgeld nach dem Ermessen des Gerichts, mindestens jedoch 30.000 EUR nebst fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz seit dem 11.11.2004 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie ist den Vorwürfen eines Behandlungsfehlers und mangelhafter Aufklärung entgegen getreten. Zwischen der Klägerin und Dr. F. sei lediglich besprochen worden, dass Dr. F. die Operation - sofern möglich - selbst durchführen werde.

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