Entscheidungsstichwort (Thema)

Zum Greifen einer in einem Langzeitlieferungsvertrag vereinbarten Gerichtsstandklausel für Streitigkeiten hinsichtlich daneben vereinbarter gesonderter Lieferungen

 

Normenkette

EuGVVO Art. 23

 

Verfahrensgang

LG Köln (Urteil vom 12.08.2011; Aktenzeichen 9 O 353/10)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 12.8.2011 verkündete Urteil der 9. Zivilkammer des LG Bonn - 9 O 353/10 -teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 4.904.698,80 EUR nebst Zinsen i.H.v. 12 % p.a.

aus 340.200 EUR seit dem 15.8.2009 bis zum 23.9.2009,

aus 680.400 EUR für die Zeit vom 24.9.2009 bis zum 19.3.2010, aus 180.400 EUR ab dem 20.3.2010,

sowie aus weiteren 378.000 EUR seit dem 1.9.2009,

aus weiteren 97.682 EUR seit dem 1.9.2009,

aus weiteren 378.000 EUR seit dem 9.10.2009,

aus weiteren 86.400 EUR seit dem 9.10.2009,

aus weiteren 86.400 EUR seit dem 16.10.2009,

aus weiteren 259.200 EUR seit dem 10.11.2009,

aus weiteren 719.510 EUR seit dem 24.11.2009,

aus weiteren 685.324,80 EUR seit dem 22.12.2009,

aus weiteren 680.400 seit dem 5.1.2010,

aus weiteren 661.500 EUR seit dem 12.1.2010

und aus weiteren 693.000 EUR seit dem 2.2.2010 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte zu 98 %, die Klägerin zu 2 %.

Das Urteil sowie das landgerichtliche Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Im November 2006 schlossen die Parteien einen Vertrag über die Lieferung von Wafern durch die Klägerin an die Beklagte (im Folgenden: Langzeitvertrag). Dieser Vertrag (auf Anlage K 1, Bl. 10 ff. GA) sah eine Lieferung von Wafern bis zum Jahr 2018 vor. Teil dieses Vertrages war eine nicht erstattbare Vorauszahlung i.H.v. 6.000.000 EUR, die die Beklagte auch leistete. Diese Vorauszahlung sollte nach einem von den Parteien genau bestimmten Schlüssel auf die in den folgenden Jahren zu erfolgenden Lieferungen angerechnet werden. In dem Vertrag vereinbarten die Parteien eine Preisanpassungsklausel zugunsten der Klägerin, allerdings keine zugunsten der Beklagten. Darüber hinaus vereinbarten sie in dem Vertrag die Anwendbarkeit deutschen Rechts und einen ausschließlichen Gerichtsstand in Bonn/Deutschland. In den Lieferbedingungen war hinsichtlich der Gefahr- und Kostentragung der Liefercode E, J, D (PD)/Italien, vereinbart. Der Vertrag sah des Weiteren eine Fälligkeit der Zahlung 30 Tage nach Rechnungsstellung sowie einen Monatszins von 1 % (12 % Jahreszins) vor.

Als in den Folgejahren der Marktpreis für Wafer um 55 % fiel, drängte die Beklagte auf eine Herabsetzung des im Langzeitvertrag vereinbarten Preises. Hierzu war die Klägerin nicht bereit. Allerdings vereinbarten die Parteien im Mai 2009 aufgrund von Verhandlungen, die teilweise in Freiberg/Sachsen und teilweise in Verona/Italien stattgefunden haben, die Lieferung von Wafern zu einem vom Langzeitvertrag abweichenden Preis sowie zu teilweise abweichenden Lieferbedingungen gemäß J (nachfolgend entsprechend der von den Parteien im Prozess genutzten Bezeichnung: Spotlieferungen, anstatt Stocklieferungen nach "stock", englisch für Lager/Vorrat). Bei den Verhandlungen über die Spotlieferungen wurde ausdrücklich über Preise und Liefermengen gesprochen. Die Parteien waren sich darüber einig, dass die Spotlieferungen nicht auf das Kontingent aus dem Langzeitvertrag angerechnet würden und dass diese die Abnahmeverpflichtung der Beklagten aus dem Langzeitvertrag unberührt lassen.

In der Folgezeit lieferte die Klägerin der Beklagten Wafer sowohl aus dem nach dem Langzeitvertrag vereinbarten Kontingent als auch Spotlieferungen. Allen Bestellungen lagen Auftragsbestätigungen zugrunde. In diesen wurde jeweils auf die allgemeinen Lieferbedingungen ("H") der Klägerin Bezug genommen, die allerdings den Auftragsbestätigungen nicht beigefügt waren.

In der Auftragsbestätigung V-AB8xxx vom 22.10.2008 (Anlage K3, Bl. 36 GA) hat sich die Klägerin des Weiteren ausdrücklich auf die Bedingungen aus dem Langzeitlieferungsvertrag bezogen ("All conditions according to the "supply Agreement" November 2006).

In der Auftragsbestätigung V-AB 9xxx vom 14.12.2009 (Bl. 43 GA), die der letzten streitgegenständlichen Spotlieferung zugrunde liegt, erwähnt die Klägerin ausdrücklich, dass die Menge eine "Stockmenge" sei, die zu Sonderkonditionen angeboten werde und nicht Teil des bestehenden Langzeitvertrages sei ("This quantitiy is a stock quantity which is offered under special conditions and is not a part of the existing long Long-Term-Agreement (signed in november 2006)"). In den früheren Auftragsbestätigungen betreffend Spotlieferungen findet sich ein solcher Hinweis nicht.

In der zweiten Hä...

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