nicht rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Bankrecht. Verspätete Umsetzung der EG-Richtlinie über Wertpapierdienstleistungen

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die teilweise verspätete Umsetzung der EG-Richtlinie vom 10.5.1993 über Wertpapierdienstleistungen (WPD-Richtlinie) durch das Gesetz vom 22.10.1997 (BGBl. I, 2518) rechtfertigt keinen gemeinschaftsrechtlichen Entschädigungsanspruch einzelner Kunden von Wertpapierdienstleistungsunternehmen gegen die Bundesrepublik Deutschland.

2. Zur Abgrenzung der Portfolioverwaltung im Sinne des § 2 Abs.3 Nr. 3 WpHG bzw. der Finanzportfolioverwaltung im Sinne des § 1 Abs.1 a Satz 2 Nr. 3 KWG vom Investmentgeschäft im Sinne des § 1 Abs.1 KAGG.

3. Wird ein gemeinschaftsrechtlicher Entschädigungsanspruch deshalb verneint, weil es an dem erforderlichen Kausalzusammenhang zwischen der Verletzung des Gemeinschaftsrechts und dem eingetretenen Schaden fehlt, kommt eine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof gemäß Art. 234 EGV nicht in Betracht.

 

Normenkette

KWG § 1; WpHG §§ 2-3; EGVtr Art. 234

 

Verfahrensgang

LG Bonn (Aktenzeichen 1 O 236/98)

 

Tenor

Die Berufungen der Kläger gegen die am 6. September 1999 verkündeten Urteile der 1. Zivilkammer des Landgerichts Bonn – 1 O 222-240/98 – werden zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Kläger zu folgenden Anteilen:

  • zu 1) 3,5%;
  • zu 2) 2,1%;
  • zu 3) 2%;
  • zu 4) 1,8%;
  • zu 5) 1,8;
  • zu 6) 3,1%;
  • zu 7) 2,1%;
  • zu 8) 2,6%;
  • zu 9) 1,8%;
  • zu 10) 3,5%;
  • zu 11) 1,9%;
  • zu 12) 1,9%;
  • zu 13) 1,8%;
  • zu 14) 7,1%;
  • zu 15) 28,3%;
  • zu 16) 3,5%;
  • zu 17) 2,3%;
  • zu 18) 3,5%;
  • zu 19) 8,8%;
  • zu 20) 3%;
  • zu 21) 1,8%;
  • zu 22) 2%;
  • zu 23) 4,4%;
  • zu 24) 5,4%.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Kläger können die Zwangsvollstreckung durch Hinterlegung oder Sicherheitsleistung abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. Die Sicherheit bemisst sich nach der vorstehend für den jeweiligen Kläger ausgeurteilten Kostenquote, bezogen auf einen Gesamtbetrag von 70.000,00 DM. Sie kann beiderseits auch durch selbstschuldnerische Bürgschaft einer deutschen Großbank, Genossenschaftsbank oder öffentlichen Sparkasse erbracht werden.

 

Tatbestand

Die Kläger haben Geld verloren, das sie in den Jahren 1995 und 1996 dem in der Republik I. ansässigen Unternehmen E. E. L. anvertraut haben. Sie verlangen von der Beklagten Schadensersatz wegen verspäteter Umsetzung der EG-Richtlinie vom 10.05.1993 über Wertpapierdienstleistungen (WPD-Richtlinie).

Die von den Klägern bei der E. angelegten Einzelbeträge schwanken zwischen 10.000,00 DM und 120.000,00 DM. Es wurde jeweils ein schriftlicher Vertrag („Kapitalanlage-Auftrag” oder „Kapitalanlage-Vermittlungsauftrag”) geschlossen, in dem die E. eine bestimmte, regelmäßig über 7% liegende jährliche Rendite garantierte. Der angelegte Geldbetrag wurde durch ein „Beteiligungs-Zertifikat” verbrieft.

Vertriebsbeauftragte der E. in Deutschland war die Firma U. in V.. als sog. Treuhänder, der die angelegten Gelder entgegen nahm und an die E. weiterleitete, fungierte 1995 der Rechtsanwalt R. H.. Gegen die U. und H. leitete das Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen 1995 Verfahren wegen unerlaubter Bankgeschäfte ein. Mit Bescheiden vom 4. August 1995 (U) und 18.09.1995 (H) ordnete es die Einstellung und Abwicklung der Geschäfte gemäß § 37 KWG an. Neuer Treuhänder wurde daraufhin im Januar 1996 die in der Schweiz ansässige Firma F. Treuhand, die in der Folgezeit jedenfalls noch bis zum Juli 1996 Einzahlungen für die E. entgegennahm.

Die zur Durchführung der WPD-Richtlinie (RL) erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften hatten die Mitgliedstaaten bis zum 01.07.1995 zu erlassen und spätestens am 31.12.1995 in Kraft zu setzen (Art. 31 RL). Die Umsetzung durch den deutschen Gesetzgeber erfolgte in zwei Schritten. Das Kernstück bildete das Gesetz über den Wertpapierhandel (WertpapierhandelsgesetzWpHG), das fristgerecht durch Art. 1 des Zweiten Finanzmarktförderungsgesetzes vom 26.07.1994 (BGBl I, 1749) erlassen wurde. Den zweiten, verspäteten Schritt bildete das Gesetz zur Umsetzung von EG-Richtlinien zur Harmonisierung bank- und wertpapieraufsichtsrechtlicher Vorschriften vom 22.10.1997 (BGBl I, 2518), durch das u. a. das Wertpapierhandelsgesetz novelliert wurde.

Die Kläger haben geltend gemacht, durch die teilweise verspätete Umsetzung der Richtlinie hätten es die gesetzgebende Organe der Beklagten zu verantworten, dass ihre Anlagen bei der E. verloren gegangen seien. Bei rechtzeitiger Umsetzung bis Ende 1995 hätten die erst 1996 begangenen Untreuehandlungen bei der R. H. und der E. noch durch Maßnahmen des Bundesaufsichtsamts für das Kreditwesen verhindert werden können.

Mit ihren Klageanträgen hat die Mehrheit der Kläger beantragt, die Beklagte zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe des jeweils verlorenen Anlagebetrags zu verurteilen. Ein Teil der Kläger hat die Beklagte darüber hinaus auf Ersatz von Rechtsverfolgungskosten in Anspruch genommen.

In den in erster Instanz noch getrennten Verfahren hat das Landgericht durch Urteil...

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