Entscheidungsstichwort (Thema)

Schadensrecht: Krankentagegeldversicherung und Arbeitsunfähigkeit bei psychischer Erkrankung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der vollen richterlichen Überzeugung davon, dass bei einer Krankentagegeldversicherung der Versicherte wegen einer psychischen Erkrankung (hier: Depression) seinen Beruf vorübergehend in keiner Weise mehr ausüben kann, steht nicht entgegen, dass der gerichtliche Sachverständige auch für deutlich zurückliegende Zeiträume sich im Wesentlichen auf die eigenen Schilderungen und Angaben des Versicherten über den Krankheitsverlauf gestützt hat.

2. Zur Frage völliger Arbeitsunfähigkeit bei psychischer Erkrankung eines Bankmanagers.

 

Normenkette

MBKT § 1; ZPO § 286

 

Verfahrensgang

LG Köln (Urteil vom 06.06.2007; Aktenzeichen 13 O 112/05)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 6.6.2007 verkündete Urteil der 23. Zivilkammer des LG Köln - 13 O 112/05 - unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 92.730,13 EUR nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 21.375 EUR seit dem 12.11.2004, aus weiteren 13.275 EUR seit dem 23.6.2005, aus weiteren 13.275 EUR seit dem 1.9.2005, aus weiteren 24.450 EUR seit dem 30.12.2005 und aus weiteren 16.455,13 EUR seit dem 5.7.2006 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die in erster Instanz entstandenen Kosten haben der Kläger zu 16 % und die Beklagte zu 84 % zu tragen. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Parteien wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der anderen Partei durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrags abzuwenden, wenn nicht die vollstreckende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Der am 2.6.1959 geborene Kläger, der seit dem Jahr 2001 als Vorstand bei der Bank K. Q. N. T. S. A. (im Folgenden auch: KQ N.) tätig war, unterhielt bei der Beklagten eine Krankentagegeldversicherung mit einem Tagessatz von 225 EUR ab dem 43. Tag der Arbeitsunfähigkeit, der die den MB/KT 94 entsprechenden Allgemeinen Versicherungsbedingungen der Beklagten (Anlage B 2, Bl. 61 ff. d.A.) zugrunde lagen.

Die Staatsanwaltschaft Darmstadt veranlasste im Mai 2003 in einem auch gegen den Kläger gerichteten Ermittlungsverfahren wegen Verdachts der Geldwäsche Durchsuchungen von Büroräumen und der Wohnung des Klägers. Hierüber wurde in der Presse berichtet. Am 15.5.2003 stellte KQ N. den Kläger von weiteren Arbeitstätigkeiten frei. Ab dem 26.5.2003 wurde der Kläger wegen einer depressiven Reaktion vom Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. L.-C. krankgeschrieben. Am 25.8.2003 kündigte KQ N. den Anstellungsvertrag. Die Beklagte holte psychiatrische Gutachten vom 19.12.2003 und 25.3.2004 von Dr. D. (Bl. 9 ff., 13 ff. d.A.), vom 18.4.2004 von Dr. M. (Bl. 17 ff. d.A.) und vom 30.9.2004 von Dr. X. (Bl. 26 ff. d.A.) ein und zahlte bis zum 26.12.2004 Krankentagegeld.

Der Kläger hat die Beklagte mit der Behauptung, er sei weiterhin arbeitsunfähig gewesen, zuletzt auf die Zahlung von Krankentagegeld i.H.v. 95.008,41 EUR nebst Zinsen für die Zeit vom 27.12.2004 bis 28.2.2006 in Anspruch genommen. Dabei hat er sich bis zum 30.4.2007 rückständige Beiträge von 1.991,59 EUR anrechnen lassen. Die Beklagte hat sich demgegenüber auf Berufsunfähigkeit des Klägers berufen und dessen Arbeitsunfähigkeit bestritten.

Das LG hat das psychiatrische Gutachten von Prof. Dr. O. vom 24.10.2006 (Bl. 192 ff. d.A.) nebst ergänzender Stellungnahme vom 2.3.2007 (Bl. 232 ff. d.A.) eingeholt.

Daraufhin hat es die Beklagte unter Abweisung der Klage im Übrigen zur Zahlung von 94.533,41 EUR nebst Zinsen verurteilt. Das dem Kläger für die Zeit vom 27.12.2004 bis 28.2.2006 zustehende Krankentagegeld berechne sich unter Berücksichtigung des Beitragsrückstands auf den vorgenannten Betrag. Der Kläger sei schon nach dem von der Beklagten eingeholten Gutachten von Dr. X. nicht berufsunfähig. Die vollständige Arbeitsunfähigkeit des Klägers sei vom Sachverständigen Prof. Dr. O., der eine Anpassungstörung mit längerer depressiver Reaktion diagnostiziert habe, überzeugend festgestellt worden. Einer Anhörung des Sachverständigen habe es nicht bedurft.

Hiergegen wendet sich die Beklagte mit der Berufung. Sie macht geltend, dass die Feststellungen des LG zur vollständigen Arbeitsunfähigkeit unzureichend seien. Der Sachverständige Prof. Dr. O. habe nicht nachvollziehbar begründen können, aus welchen medizinischen Gründen beim Kläger bedingungsgemäße Arbeitsunfähigkeit vorgelegen habe. Zumindest sei es prozessual erforderlich gewesen, den Sachverständigen - wie beantragt - zur mündlichen Erläuterung seines Gutachtens zu laden. Die Beklagte beruft sich ferner darauf, dass der Kläger nicht mehr versicherungsfähig i.S.v. § 15a) AVB in Verbindung mit Ziff. 3 Tarif TU gewesen sei, da er bereits am 15.5.2003 von KQ N. freigestellt wo...

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